Jeder fünfte Wohnungsbaubetrieb berichtet von Stornierungen

Die Bauunternehmen leiden unter Stornierungen und Auftragsmangel, melden Forscher des Münchner Ifo-Instituts. Die Bauwirtschaft im Land ist in Dauer-Alarmstimmung und drängt die Politik zu Gegenmaßnahmen.

Viele Jahre boomte der Wohnungsbau, jetzt müssen die viele Betriebe eine herbe Durststrecke durchstehen.

Leja)

München /Stuttgart. Die Stornierungen von Aufträgen im Wohnungsbau nehmen zu. Knapp jedes fünfte Unternehmen (19,6 Prozent) berichtet, davon betroffen zu sein. Im Februar waren es noch 17,7 Prozent. Das meldet das Ifo-Institut in München. „Die Lage im Wohnungsbau bleibt angespannt“, sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo Umfragen. „Zu den Stornierungen kommen zu wenig neue Aufträge hinzu.“

Im März meldete mehr als jeder zweite der Betriebe (56,2 Prozent) einen Auftragsmangel. Das Geschäftsklima im Wohnungsbau stieg zwar leicht an, bleibt aber weiterhin deutlich negativ. Die Erwartungen für die kommenden Monate seien stark von Pessimismus geprägt, melden die Forscher.

Im Tiefbau sind Stornierungen derzeit kein so großes Problem. Gegenwärtig berichten darüber nur 6,5 Prozent der Unternehmen. Rund jedem vierten Betrieb mangelt es jedoch an Aufträgen.

„Regierenden haben vor allem geredet, wenig bewegt“

Die Bauwirtschaft im Land ist in Alarmstimmung und pocht auf Gegenmaßnahmen. „Wir haben in den vergangenen Monaten zahlreiche Vorschläge zur Lösung der Wohnungsbaukrise gemacht. Doch die Regierenden haben bisher vor allem geredet, wenig bewegt“, sagt Thomas Möller, Geschäftsführer der Landesvereinigung Bauwirtschaft Baden-Württemberg. Die Situation spitze sich zu bei vielen Bauunternehmen. Es drohten vermehrt Insolvenzen und Arbeitslosigkeit am Bau. Die Branche fordert eine Senkung der Grunderwerbsteuer sowie eine deutliche Erhöhung der sozialen Wohnraumförderung.

Die Folgen der Flaute machen sich auch in der Umsatzrendite und Eigenkapitalquote im Bauhauptgewerbe bemerkbar. Denn die seit 2021 stark gestiegenen Baumaterial- und Energiepreise sowie Zinskosten hatten einen deutlichen Anstieg der Baupreise zur Folge. Auch das belastet die Nachfrage am Bau.

Umsatzrendite und Eigenkapitalquote im Bauhauptgewerbe sinken

So ist die Umsatzrendite im Bauhauptgewerbe von 2020 mit 10,1 Prozent auf 6,6 Prozent 2022 gesunken. Bei Unternehmen mit 50 und mehr Millionen Euro Umsatz ist die Rendite sogar von 6,2 Prozent auf 3,9 Prozent zurückgegangen. Gleichzeitig sank die Eigenkapitalquote von 23,6 Prozent auf 19,6 Prozent, bei großen Bauunternehmen von 17,4 Prozent auf 13,0 Prozent. Dies ergab die Auswertung von jeweils mehr als 10.000 Bilanzen (2022 vorläufig 5.500 Bilanzen) durch den Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) vom März dieses Jahres. Neuere Werte für 2023 liegen für das Bauhauptgewerbe noch nicht vor.

Der Wohnungsbau gilt als tragende Säule der deutschen Wirtschaft. Die Branche steht für jeden siebten Euro der gesamten Bruttowertschöpfung in Deutschland haben, so das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung. Außerdem sei jeder siebte Arbeitsplatz mit dem Wohnungsbau verbunden. Die Steuereinnahmen lägen bei 141 Milliarden Euro, rund 17 Prozent der gesamten Steuereinnahmen in Deutschland.

Wolfgang Leja

Redakteur Wirtschaft und Vergabe

0711 66601-131

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