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Wenn die Blutprobe aus der Luft ins Labor kommt

Eine Mitarbeiterin des Zollernalb-Klinikums, bereitet die Beladung der Drohne mit Blutproben vor.
dpa/Silas Stein)Albsta dt. Sie ist mit einem Meter Länge und 60 Zentimeter Höhe so groß, wie ein mittelgroßer Hund, wiegt aber deutlich weniger und kann, anders als ein Hund, fliegen: die Drohne Labfly des Berliner Start-ups DI-AV-EN. Seit wenigen Tagen wird das Fluggerät mit seinen acht Rotoren zwischen Albstadt und Balingen eingesetzt, um Blutproben zu transportieren, etwa um die Blutgruppe zu bestimmen, wenn ein Patient Blutkonserven benötigt. Auftraggeber ist das Zollernalb-Klinikum, dessen alleiniger Gesellschafter der Zollernalbkreis ist.
Weil es nur in Balingen ein Labor gibt, mussten Blutproben bisher per Auto die rund 20 Kilometer lange Strecke von Albstadt dorthin transportiert werden. Das habe jedes Jahr Kosten zwischen 180 000 und 200 000 Euro verursacht, erklärte der Vorsitzende Geschäftsführer des Klinikums, Gerhard Hinger, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Für die Drohnen rechnet der Krankenhaus-Chef mit 75 000 Euro pro Jahr. Zugrunde gelegt sind dabei täglich sieben Transporte, und das an sieben Tagen pro Woche. Denn eigenes Fahrpersonal und Fahrzeuge muss das Klinikum für die Transporter zum Labor künftig nicht mehr vorhalten.
Ungetestete Blutproben gelten als gefährliches Transportgut
Die Drohnen werden von dem Logistik-Dienstleister Di-Av-En betrieben. Nach Angaben des Zollernalb-Klinikums haben die Ingenieure aus Berlin als erstes deutsches Unternehmen vom Luftfahrt-Bundesamt die Genehmigung erhalten, mit automatisch fliegenden Drohnen außerhalb der Sichtweite des Fernpiloten über besiedeltem Gebiet Ladung zu transportieren. Denn der Pilot, der den Flug am Bildschirm überwacht, sitzt in Berlin.
Der Transport der Laborproben von Albstadt nach Balingen fällt dabei luftfahrtrechtlich in eine besonders hohe Risikoklasse. Das liegt nicht nur daran, dass die Drohnen über bewohntem Gebiet unterwegs sind, sondern auch an der Ladung. Denn ungetestete Proben gelten rechtlich als gefährliches Gut. So musste im Genehmigungsverfahren nachgewiesen werden, dass die Fracht auch eine Notlandung ohne Beschädigung übersteht.
Fracht ist in zwölf Minuten am Zielort
Getestet wurden die bis zu 60 Kilometer schnellen Fluggeräte seit Oktober vergangenen Jahres. Sie können Ladungen mit einem Gewicht von bis zu einem halben Kilo transportieren. Der Laderaum ist isoliert, um die Proben vor Hitze und Regen zu schützen. Für die Strecke benötigen sie mit rund zwölf Minuten halb so lange wie ein Transport per Auto. Und die Akkus lassen sich binnen einer halben Stunde wieder aufladen.
In der Erprobungsphase mussten nicht nur die Drohnen unter verschiedenen Wetterbedingungen getestet und die Ladeinfrastruktur installiert werden, sondern auch das Krankenhauspersonal geschult werden. Denn die Mitarbeiter sind für die Prüfung des Fluggeräts vor dem nächsten Einsatz verantwortlich.
Für das kommunale Klinikum ist der Drohneneinsatz nicht nur ein Beitrag zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen, sondern auch zum Klimaschutz. Durch die Umstellung vom Straßentransport mit Verbrennermotoren hin zur Luftfracht mit Elektroantrieb werden nach Angaben des Klinikchefs künftig statt 55.000 Kilometer auf der Straße nur noch 30.000 Flugkilometer pro Jahr zurückgelegt.
Erste Projekte schon vor zwei Jahren genehmigt
Das Projekt im Zollernalbkreis ist nicht der erste Versuch im Südwesten, Drohnen im Gesundheitswesen einzusetzen. Schon 2021 hatte der regionale Krankenhausverbund RKH Gesundheit gemeinsam mit dem Helios-Konzern und dem Drohnenhersteller German Copters mit den Vorbereitungen für einen Drohnebetrieb begonnen.
Vor zwei Jahren hatten die Klinken vom Regierungspräsidium Stuttgart, das landesweit für Luftverkehr und Luftsicherheit zuständig ist, die Genehmigung für zwei Strecken bekommen. Helios wollte zwischen Breisach und Müllheim fliegen lassen, RKH Gesundheit zwischen den Standorten Ludwigsburg, Markgröningen und Mühlacker. Doch abgehoben haben die Drohnen nie. In Ludwigsburg hat man angesichts der wirtschaftlichen Lage der Krankenhäuser andere Prioritäten gesetzt und die Flugpläne im vergangenen Jahr auf Eis gelegt. Und auch bei Helios wird das Projekt vorerst nicht weiterverfolgt, wie eine Sprecherin erklärt.
Bund oder Land zuständig für Genehmigungen
Je nach Risikoklasse der Flüge und der Ladung sind für die Genehmigung von Drohnenflügen entweder der Bund oder das Land zuständig. Ab der Klasse Sail III muss das Luftfahrtbundesamt die Anträge prüfen. Für weniger gefährliche Einsatzbereiche erteilt das Regierungspräsidium Stuttgart die Betriebsgenehmigung für die Transportdrohnen. Es ist landesweit für alle Fragen der Luftfahrt und der Luftsicherheit verantwortlich.