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Forscher schlagen Alarm

Wirtschaft verliert fast 200.000 Unternehmen

Immer mehr Unternehmen in Deutschland geben auf. Das geht aus einer Untersuchung von Creditreform und dem ZEW Mannheim hervor. Die Forscher verstehen das als "Alarmsignal an die Wirtschaftspolitik".

Abriss auf breiter Front: Die Unternehmensschließungen betreffen mittlerweile alle Wirtschaftsbereiche.

dpa/Maximilian Schönherr)

Mannheim . Die Zahl der Unternehmensschließungen ist im Jahr 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 16 Prozent gestiegen. Insgesamt haben bundesweit 196.100 Unternehmen ihre Geschäftstätigkeit eingestellt, wie eine Untersuchung von Creditreform und dem ZEW Mannheim zeigt. Dies sei der höchste Wert seit 2011, als viele Betriebe infolge der Finanzkrise aufgeben mussten, so die Forscher.

Industriebetriebe leiden unter den hohen Energiekosten

Die Zahlen betreffen laut Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung alle Wirtschaftsbereiche und seien alarmierend. „Seit 14 Jahren haben wir keine höheren Werte mehr gesehen“, sagt er. „Vor allem die Industriebetriebe leiden unter den hohen Energiekosten in der Produktion, während der Wettbewerbsdruck durch ausländische Anbieter steigt“, erklärt Hantzsch. Allein in energieintensiven Bereichen wurden über tausend Betriebsschließungen registriert – ein Anstieg um 26 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. In der Chemie- und Pharmaindustrie gaben 360 Unternehmen auf – der höchste Stand seit über 20 Jahren.

Auch im Bereich der technologieintensiven Dienstleistungen stieg die Zahl der Schließungen überdurchschnittlich stark um 24 Prozent. Dazu zählen unter anderem IT, Produktentwicklung, Umwelttechnik und Diagnostik. Im Jahr 2024 schlossen rund 13.800 Unternehmen dieser Branche. „Tatsächlich müsste dieser Sektor als Zukunftsbranche wachsen“, sagt Sandra Gottschalk, Senior Researcher am ZEW Mannheim. Doch es herrscht ein gravierender Fachkräftemangel. „Die daraus resultierenden Engpässe zwingen Unternehmen dazu, um knappe Ressourcen zu konkurrieren“, erläutert die ZEW-Forscherin. Das führe dazu, dass nicht genug Aufträge angenommen werden können, um wirtschaftlich zu arbeiten.

Negativtrend setzt sich in der Wohnungswirtschaft fort

Auch in der Wohnungswirtschaft setzte sich der Negativtrend fort: Die Zahl der Schließungen stieg hier um 20 Prozent. Allein 2024 verließen rund 9.700 Unternehmen den Markt. „Die Kapazitäten im Wohnungsmarkt schrumpfen – auch wegen fehlendem Fachkräftenachwuchs. Das sind schlechte Nachrichten für die neue Bundesregierung, die im Koalitionsvertrag eigentlich einen ‘Wohnungsbau-Turbo‘ angekündigt hat“, so Hantzsch.

Auffällig ist der starke Anstieg an Schließungen größerer, wirtschaftlich aktiver Unternehmen – ein Trend, der sich nun im dritten Jahr in Folge fortsetzt. 2024 wurden gut 4.050 solcher Unternehmen abgemeldet – fast doppelt so viele wie in einem durchschnittlichen Jahr. „Das ist ein klares Alarmsignal an die Wirtschaftspolitik. Viele Unternehmen verlagern ihre Produktion ins Ausland, schließen Standorte oder investieren gar nicht mehr in Deutschland“, warnt Hantzsch. Die deutsche Wirtschaft verliere dadurch zunehmend an Substanz und Know-how.

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