Debatten im Landtag vom 8., 9. und 10. Februar 2017

Oppositon kritisiert Verkehrsetat, Grün-Schwarz verteilt Lob

Stuttgart. Winfried Hermann (Grüne) hat Spaß am Straßenbau gefunden. Das machte der Verkehrsminister, der seit 2011 im Amt ist, am Donnerstag bei der Einbringung des Verkehrsetats deutlich. Insbesondere, seit der Bund vor zwei Jahren seine Praxis geändert habe: Statt an Fördergeldern zu sparen, trete Berlin nun aufs Gas. Und das Land sei Dank einem starken […]

Stuttgart. Winfried Hermann (Grüne) hat Spaß am Straßenbau gefunden. Das machte der Verkehrsminister, der seit 2011 im Amt ist, am Donnerstag bei der Einbringung des Verkehrsetats deutlich. Insbesondere, seit der Bund vor zwei Jahren seine Praxis geändert habe: Statt an Fördergeldern zu sparen, trete Berlin nun aufs Gas. Und das Land sei Dank einem starken Ausbau der Straßenbauverwaltung nun auch in der Lage, die Bundesmittel zu verbauen.
Hermann bedankte sich für die kritischen Anmerkungen der Opposition: Dies gebe ihm Gelegenheit, Fragen zu beantworten. Zur Wahrheit gehöre, dass die Förderbescheide auf Berlin oft erst kurzfristig einträfen. Und dass die Straßenbauverwaltung über lange Zeit ausgedünnt worden sei und dass es dem Ministerium schwergefallen sei, geeignetes Personal zu finden, nachdem Grün-Rot beschlossen hatte, die Zahl der Mitarbeiter zu erhöhen. Außerdem monierte er, dass die Bahn als größten Schienenverkehrsunternehmen im Land seine Hausaufgaben nicht mache, weshalb er jede Woche mit Bahnvertretern über Probleme wie inkompatible Zugteile oder versäumte Gesundheitsuntersuchungen spreche – als einziger Verkehrsminister in der Republik.
Die Kritik an Hermann kam aber nur von der Opposition. Der Koalitionspartner, die CDU, hielt sich zurück – anders in der vergangenen Legislaturperiode, als die damalige CDU-Verkehrssprecherin Nicole Razavi kaum eine Gelegenheit ausließ, Hermann zu kritisieren. Die Rollen haben sich geändert. Nach Ansicht des neuen CDU-Verkehrssprechers Felix Schreiner kann sich der Verkehrsetat „wirklich sehen lassen“. Auch er hob das Engagement des Bunds hervor: „Die Signale, die wir aus Berlin bekommen, sind eindeutig. Und sie sind eindeutig gut.“ Und zwar nicht nur, was die Straße, sondern auch, was die Schiene angehe: 550 Millionen Euro stünden beispielsweise für die Gäubahn in Aussicht. „Im Grunde sind wir zum Erfolg verdammt“, sagte Schreiner. „Es darf nicht sein, dass Mittel liegen gelassen werden.“ Eben dies hatte Razavi in der Vergangenheit stets an Hermann kritisiert.
Auch Hermann Katzenstein (Grüne) machte in seiner Jungfernrede im Landtag klar, dass der Verkehrsminister auf ihn zählen kann. Gut findet er, dass das Land Bürgerbusse ebenso fördert wie Lärmschutz. Besonders liegen dem radpolitischen Sprecher seiner Fraktion jedoch die Investitionen in den Radverkehr am Herzen, etwa die Schaffung von Radschnellwegen.
Diesem Lob mochte sich der ehemalige Koalitionspartner, die SPD, nicht anschließen. Die Mittel für den Radverkehr seien unter Grün-Schwarz von 13 auf 4 Millionen Euro gesenkt worden, sagte SPD-Verkehrsexperte Martin Rivoir. Statt das sinnvolle Lückenschlussprogramm fortzusetzen, würden Radschnellwege geschaffen, „deren Sinn und Zweck sich nicht erschließt“. Auch, was andere Bereiche angeht, vermisse eine Investitionsoffensive. Etwa bei der Ausbildung für die Straßenbauverwaltung. Eine Nachfolgeregelung für das Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz lasse auf sich warten. Die Gelder, die für Straßenbahnen vorgesehen sind, könnten vielerorts nicht in Anspruch genommen werden, weil die Förderbedingungen zu anspruchsvoll seien.

Jochen Haußmann (FDP) missfiel vor allem die Konzentration auf Fahrrad- und Fußverkehr. „Das ist nicht gut für unseren Wirtschaftsstandort.“ Insbesondere der Umgang mit dem Thema Feinstaub sei schädlich. Statt Feinstaubalarm um Feinstaubalarm auszurufen, möge Hermann doch, wie von der FDP vorgeschlagen, nach innovativen Lösungen zu suchen – beispielsweise das Absaugen von Feinstaub. Oder das Auffangen im Moos. (Nach Angaben von Hermann will die Stadt Stuttgart dies demnächst testen.)

Anton Baron (AfD) machte seine Kritik an zahlreichen Zahlen fest. So entfielen 4,55 Prozent des Landeshaushalts auf den Sozial- und Integrationsetat, dagegen nur 2,15 Prozent auf den Verkehrsetat. „Hier wird schlicht unsere Zukunft ausverkauft“, resümierte er. Zudem sei ihm völlig unbegreiflich, wie ein Verkehrsminister Bundesmittel verfallen lassen kann. Indirekt riet Baron Hermann deshalb zum Rücktritt.

Quelle/Autor: Michael Schwarz

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