Bildungsallianz: Kompromiss in greifbarer Nähe?
Stuttgart . In einer Analyse zumindest stimmen alle Beteiligten überein: Damit das künftige neunjährige Gymnasium nicht überläuft, müssen alle anderen Schularten ab der fünften Klasse attraktiv bleiben oder noch sogar attraktiver werden. Keine Einigung besteht bisher über den Weg, auf dem dieses Ziel erreicht werden kann und soll.
Die CDU ist interessiert am Erhalt der Werkrealschulen, Fraktions- und Landeschef Manuel Hagel hat außerdem allen Realschulen und indirekt auch den Hauptschulen, die es noch gibt, ihre Fortexistenz garantiert, weil man die beiden Schularten nicht schlechtreden dürfe, aus denen „auch tolle Bildungskarrieren hervorgehen“. Die Grünen wiederum wollen die Gemeinschaftsschulen stärken und mehr Oberstufen und damit neben den Beruflichen und den neuen allgemeinbildenden Gymnasien eine dritte Schulart zum neunjährigen Abitur anbieten. Die CDU, heißt es aus der Landtagsfraktion und am Rande des Landesparteitags am Samstag in Ludwigsburg, sei „zur Bewegung bereit“.
Von den grünen Verhandlern ist bekannt, dass sie nach Verbindlichkeit bei den geplanten Kooperationen zwischen den Schulen der sogenannten zweiten Säule, also von Haupt-, Werkreal- und Realschulen verlangen. Und „den realistischen Blick auf die Zahlen“, wie einer der Fachpolitiker sagt.
Die Statistik weist aus, dass es zum Schuljahr 2022/2023 exakt 400 öffentliche Real-, 329 Haupt- und Werkreal- und 315 Gemeinschaftsschulen im Land gab, denen 376 Gymnasien gegenüberstehen. Vor allem viele kleine Haupt- und Werkrealschulen stehen indessen unter beträchtlichem Druck, vorrangig die jener mit anhaltend geringer Nachfrage. Vor allem in der CDU-Fraktion wird über den Erhalt von Standorten, auch bei geringer Schülerzahl, in jenen Regionen „mit schwach ausgeprägter Schulstruktur“ diskutiert.
„Bildungspolitische Deutschlandkoalition“? Grüne, SPD und FDP im Gespräch
Teil des strittigen Gesamtpakets ist auch der Umgang mit einer zusätzlichen Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung. Die SPD-Fraktion hat hier ihre Bereitschaft zu Veränderungen signalisiert. Überhaupt zeigen sich sowohl Sozialdemokraten als auch Liberale kompromissbereit. Die Idee einer ohne die seit 13 Jahren regierenden Grünen auskommenden „bildungspolitischen Deutschlandkoalition“ – entsprechend der Farbkonstellation schwarz, rot und gold /gelb – aus CDU, SPD und FDP macht die Runde in der Szene.
Ein kostenfreies Kindergartenjahr als Kompromiss?
Ein Kompromiss zwischen CDU und SPD wäre offenbar schnell und sogar abseits vom Gesamtpaket in trockenen Tüchern. Denn beide sprechen sich nicht nur für ein verbindliches, sondern auch für ein kostenfreies letztes Kindergartenjahr aus.
Vom Tisch allerdings ist die Idee, dass die CDU-Vertreter diese Forderung offensiv am 2. Mai in die Gespräche nach Bebenhausen tragen. Entsprechende Anträge wurden abgeschwächt oder abgelehnt.
Kultusstaatssekretär Volker Schebsta (CDU) plädiert vehement dafür, erst einmal das neue beschlossene Sprachförderkonzept verlässlich umzusetzen und an der Qualität der Kitas zu arbeiten. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) wiederholt ebenfalls regelmäßig, dass nicht nur Wünschenswertes, sondern auch Notwendiges finanziert sein müsse. Selbst den Umbau des G8 zum G9 stellt Kretschmann unter einen Finanzierungsvorbehalt.
CDU und Grüne ringen um Schulreform: „Entscheidende Kurve“ für Bildungsallianz
Weiter verhandelt wird am Montag unter den Fachpolitikern von Grünen und CDU, Videoschalten inklusive. Am Dienstag ist eine weitere Runde der Koalitionsspitze geplant. Am Donnerstag findet das zweite Treffen auch mit SPD und FDP statt.
Ungeklärt ist, ob es das letzte sein wird oder weiterverhandelt werden muss. „Wir sind in einer entscheidenden Kurve“, sagt ein CDU-Abgeordneter, jetzt sei Kompromissfähigkeit auf allen Seiten gefragt.
Lesen Sie auch: Das sind die Akteure beim Bildungsgipfel in Bebenhausen.