Bahnprojekt

Endet die lange Odyssee um Stuttgart 21 erst 2027?

Am Freitag ist der große Tag der Verkündigung: Kann die Bahn den Eröffnungstermin von Stuttgart 21 im Dezember 2026 halten? Das Milliardenprojekt beschäftigt Land und Stadt seit fast 30 Jahren. Nun könnte endlich ein Endpunkt gesetzt sein. Der Weg dorthin war beschwerlich.

Stuttgart. Wenn sich an diesem Freitag (18.7.) der Lenkungskreis zu Stuttgart 21 trifft, werden Nägeln mit Köpfen gemacht. Drei Szenarien stehen in der Diskussion: Eine Verschiebung der geplanten Eröffnung im Dezember 2026, eine Teileröffnung, oder eine vollständige Eröffnung. Die erste Variante, das ist klar, wollen alle Beteiligten um jeden Preis vermeiden.

Dass aber alle Züge zum Fahrplanwechsel Ende 2026 im Tiefbahnhof ein- und ausfahren, wäre aber schon ein gewaltiger Kraftakt, sowohl für die Projektgesellschaft wie auch für die Pendler der Landeshauptstadt. Zuletzt gab es einen Bahngipfel mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Verkehrsminister Winfried Hermann (beide Grüne), um die Auswirkungen für die Fahrgäste wenigstens zu minimieren. Kritiker befürchten ein Dauerchaos.

Alles zu Stuttgart 21 hier.

Eine Teileröffnung Ende 2026 ist wahrscheinlich

Am wahrscheinlichsten ist also eine Zwischenlösung. Klar ist: Das Mammutprojekt, das inzwischen bei Kosten von 11,5 Milliarden Euro liegt, kommt in seine Zielgerade. Die Einweihung des kuppelartigen Südeingangs (siehe Seite 13) lässt erahnen, wie der Tiefbahnhof künftig aussieht. Noch sind allerdings viele Fragen offen, und teils vor Gericht anhängig.

Die Deutsche Umwelthilfe unter ihrem umtriebigen Geschäftsführer Jürgen Resch wollte per Klage eine längere Unterbrechung der Gäubahn verhindern, also der Zugverbindung von der Schweiz bis nach Stuttgart, ist mit ihrem Eilantrag also gescheitert.

Die Projektgegner geben nicht auf

In Stuttgart selbst versuchen die Projektgegner, ein Bürgerbegehren gegen die Wohnbebauung auf dem frei werdenden Gleisvorfeld anzustrengen.

Einweihung des Südtores von Stuttgart 21

All dies wird den Baufortschritt nicht aufhalten. Doch Stuttgart 21 war immer mehr als nur ein Städtebau- und Bahnprojekt, es war auch eine politische Projektionsfläche. Kaum einer derjenigen, die in den 90er-Jahren die Idee hatte, ist noch im Amt. Kurioserweise sind Kretschmann und Hermann noch als Elder Statesmen und Zeitzeugen der polarisierenden Debatten dabei, die sogar die CDU im Land unter Kurzzeitregent Stefan Mappus die Macht gekostet hat.

Zwei grüne Urgesteine sind als Zeitzeugen noch im Amt

Dass ausgerechnet die beiden grünen Urgesteine, die zeitlebens Gegner des Projekts waren, dieses nun abschließend begleiten und, wie sie betonen, damit auch verbessern, ist eine erstaunliche Wendung. Zwar ist der Tonfall moderater geworden, doch streiten sich Land, Stadt und Projektträger mit der Bahn weiterhin um die Frage, wer die Mehrkosten tragen soll.

Eines ist klar: Es wird noch einmal stressig und vielleicht auch chaotisch in der letzten Bauphase mit Sperrungen, Schienenersatzverkehr und komplexe Umbauarbeiten, etwa am Bahnhof in Bad Cannstatt.

Das Rosensteinviertel dauert noch viele Jahre

Die Stadt Stuttgart wartet indes sehnsüchtig darauf, dass das geplante Rosensteinviertel errichtet werden kann. Ein neues Quartier auf der Fläche der Gleise, die künftig unterirdisch verlaufen sollen. Hier sollen 7500 neue Wohnungen in Talkessellage entstehen. Doch bis die Gleise abgebaut, der Untergrund untersucht und die letzte Eidechse vergrämt ist, dauert es Jahre.

Aber bei Stuttgart 21 hat man inzwischen gelernt, in langen Zeiträumen zu denken.

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