Themen des Artikels
Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen
Betrieben fällt die Suche nach Azubis immer schwerer

In der Stuttgarter Innenstadt können junge Menschen bis Ende Juli in der Pop-up-Berufsberatung der IHK Berufe auch per Virtual Reality kennenlernen.
Jürgen Schmidt)Stuttgart. Eine gute Nachricht vom Ausbildungsstellenmarkt in Baden-Württemberg hatte Andrea Bosch, die Leiterin der Abteilung Fachkräfte und berufliche Bildung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart, bei der Vorstellung der Ergebnisse der Umfrage mitgebracht. Ende Juni waren mehr als zehn Prozent weniger offene Stellen bei den Arbeitsagenturen registriert als vor einem Jahr . Und gleichzeitig sei die Zahl der Bewerber um über neun Prozent höher.
Doch von einem ausgeglichenen Lehrstellenmarkt ist der Südwesten weit entfernt. Aktuell kommen auf 31.600 nicht besetzte Ausbildungsplätze nur 20.400 registrierte Bewerber. „Der Bewerbermangel bleibt das Hauptproblem für die Betriebe“, sagte die Hauptgeschäftsführerin der IHK Region Stuttgart, Susanne Herre.
Unternehmen beklagen fehlende Belastbarkeit und Disziplin
Doch nicht nur wegen des Missverhältnisses bei den Zahlen wird auch 2025 ein Teil der Stellen unbesetzt bleiben. Denn ein Teil der Bewerber bringt aus Sicht der Unternehmen nicht die Grundvoraussetzungen für eine Ausbildung mit. „Entscheidend ist am Ende die Passung“, erklärt Bosch. Doch die wurde in vielen Fällen nicht erreicht wie die Umfrage unter rund 3000 Unternehmen in Baden-Württemberg belegt. Drei von vier der befragten Ausbildungsbetriebe gaben an, keine geeigneten Kandidaten zu finden.
Aus Sicht der Unternehmen mangelt es jungen Menschen heute vor allem an sozialen Kompetenzen, weniger an den schulischen Leistungen. 93 Prozent nannten ein „solides Arbeits- und Sozialverhalten“ als sehr relevant oder relevant, bei schulischen Kenntnissen waren es nur 67 Prozent. „Noten sind das eine – aber ohne Motivation, Teamgeist und Zuverlässigkeit fehlt die Grundlage für jede Ausbildung“, meinte IHK-Chefin Herre.
Zahl der Betriebe, die Ausbildungsverträge vorzeitig auflösen, steigt
Doch mit dem, was die Schulabgänger mitbringen, sind die Ausbildungsbetriebe häufig nicht zufrieden. 87 Prozent stellen generell Mängel fest. Defizite sehen 64 Prozent der Ausbilder und Chefs vor allem bei der Belastbarkeit. Auch bei der Disziplin hapert es, sagen 61 Prozent. Und an der richtigen Motivation fehlt es laut jedem zweiten Ausbildungsbetrieb. Aber auch „mentale Leistungsfähigkeit“ (54 Prozent) und sprachliche Grundkompetenzen (52 Prozent) werden vermisst. „Wir brauchen dringend stärkere Impulse für mehr Ausbildungsreife – etwa durch praxisnähere Schulbildung, verpflichtende Praktika und gezielte Unterstützungsangebote“, forderte Herre.
Der Umfrage zufolge ist der Anteil der Firmen, die nicht mehr ausbilden, gestiegen. 91 Prozent wollen aber weiter Ausbildungsplätze anbieten.
Zunehmend werden Ausbildungen von den Unternehmen selbst vorzeitig beendet. Gaben im vergangenen Jahr noch zehn Prozent der Firmen an, diesen Schritt gegangenen zu sein, sind es nun bereits 13 Prozent. Die genauen Gründe dafür müssen aber laut IHK noch ermittelt werden.
Ein Fünftel der Schulabgänger will keine Ausbildung
Unter den Jugendlichen scheint zudem die Neigung zu wachsen, lieber zu arbeiten, statt eine Ausbildung zu absolvieren. Jeder fünfte Schulabgänger in Deutschland geht inzwischen diesen Weg, hat eine Studie der Bertelsmann-Stiftung ermittelt. Wenn dies dazu diene, erste Berufserfahrung zu sammeln, sei dies akzeptabel, meint IHK-Bildungsexpertin Bosch. Als Alternative zur Ausbildung sei dieser Weg aber bedenklich. Denn Ungelernte seien viel häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen als Menschen mit Ausbildung.