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Soll die Wohnraumoffensive beerdigt werden?

Das Land hat 2020 den Grundstückfonds ins Leben gerufen – bis dahin einmalig in Deutschland. Nun gibt es Kritik an dem Programm.
Imago/Werner Dieterich)Stuttgart. Die Kritik des Landesrechnungshofs hat es in sich: Die Wohnraumoffensive des Landes zeige bisher wenig Wirkung – die Programme zur Förderung von bezahlbarem Wohnraum seien weitgehend unwirksam, teuer und von schwacher Nachfrage geprägt. Teilweise überstiegen die Verwaltungskosten die tatsächlich bewilligten und ausgezahlten Fördermittel deutlich.
Die Wohnraumoffensive ist ein ambitioniertes Programm: Sie soll Kommunen bei der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum unterstützen. Mit dem Grundstücksfonds erwirbt die Landsiedlung-GmbH seit 2020 Grundstücke. Die Kommune kauft die Flächen spätestens nach fünf Jahren. Dafür sind 100 Millionen Euro vorgesehen. Bislang haben nach Angaben des Rechnungshofs nur neun Kommunen Flächen im Gesamtwert von knapp zehn Millionen Euro erworben. Bisher wurde so kein bezahlbarer Wohnraum geschaffen.
Das Kompetenzzentrum Wohnen soll die Gemeinden zudem bei der Aufgabe beraten. Auch setzt das Land auf Anreize wie die Wiedervermietungsprämie, die Beratungsprämie und den Wohnflächenbonus.
Ritter: weder „sachlich zutreffend noch geeignet“
„Wir sehen, dass man hier auf einem Pferd reitet, das vielleicht nicht so schnell galoppiert, als man sich das vorgestellt hat“, sagte die Präsidentin des Rechnungshofs, Cornelia Ruppert, am Montag. Die Prüfer empfehlen der Landesregierung, die Programme einzustellen und die „Mittel aus der Rücklage der allgemeinen Wohnraumförderung zuzuführen“. Der Mieterbund spricht von einem Scheitern der Wohnraumoffensive.
Das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen weist die Kritik zurück. Der Grundstücksfonds entwickle sich positiv. Neben den neun gekauften Grundstücken seien für vier weitere Verträge abgeschlossen worden. Zwei weitere Kommunen hätten eine schriftliche Zusage erhalten. Zudem hätten fünf Kommunen angefragt. Und durch die Wiedervermietungsprämie seien 603 leerstehende Wohnungen auf den Markt gekommen. Das Ministerium erklärt die geringe Nachfrage nach Beratung durch das „Kompetenzzentrum Wohnen“ auch mit dem Personalmangel in den Kommunen. Zudem fehle es an Sensibilität in den Kommunen und an Handlungsmöglichkeiten.
Städtetag plädierte schon 2024 für Nachbesserungen
Sebastian Ritter vom Städtetag kann diese Aussagen nicht bestätigen, sie seien weder „sachlich zutreffend noch geeignet, um die Förderprogramme im politischen Raum unverändert halten zu können“.
Der Städtetag plädierte Anfang 2024 für Nachbesserungen. Die Idee hinter der Wohnraumoffensive sei nach wie vor richtig, erklärt Dezernent Ritter. Der Grundstücksfonds habe 2020 gut funktioniert, allerdings hätten sich nun die Rahmenbedingungen verändert. Angesichts knapper Kassen sei es für Kommunen oft unklar, ob sie eine Fläche in fünf Jahren tatsächlich noch kaufen oder bebauen können.
Eine Umverteilung der 130 Millionen Euro aus der Wohnraumoffensive hält Ritter aber nicht für zielführend. Der Städtetag schlägt deshalb vor, die Programme zu verändern. Laut Ritter könnten die Kommunen Prämien für jede fertiggestellte Wohnung erhalten. Damit hätten sie einen Anreiz, nicht nur Flächen zu kaufen, sondern diese auch zu bebauen.
Auch bei der Beratung fordert der Städtetag mehr Flexibilität: Externe Dienstleister sollten stärker einbezogen werden können. Zudem seien die Verwaltungskosten der Programme zu hoch.
Gemeindetag will Programme weiterentwickeln
Der Gemeindetag äußert sich zurückhaltender. Der Grundstücksfonds sei „eher auf mittel- bis langfristige Erfolge ausgerichtet“, gibt Sprecher Christopher Heck zu bedenken. Ein Grund für die aktuell zurückhaltende Nachfrage sieht der Verband in den derzeit schlechten Bedingungen für den Wohnungsbau. Trotzdem könne der Bericht des Rechnungshofs ein Anlass sein, die Programme zu überprüfen und weiterzuentwickeln.