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Tarifbindung

Widerstand gegen Bundestariftreuegesetz

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) plant ein Bundestariftreuegesetz. Doch IW-Forscher warnen: Gerade kleinere, nicht-tarifgebundene Unternehmen dürften sich weniger an Ausschreibungen beteiligen. Auch Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut lehnt die Pläne ab.

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) plant ein Bundestariftreuegesetz.

IMAGO/dts Nachrichtenagentur)

Stuttgart . „Wer künftig öffentliche Aufträge und Konzessionen des Bundes ausführen will, muss den dafür eingesetzten Beschäftigten bestimmte branchenspezifische, tarifliche Arbeitsbedingungen gewähren – und sicherstellen, dass dies auch mögliche Subunternehmen tun“, teilte Bas mit.

Auftragnehmer müssen schriftlich zusichern, ihren Beschäftigten mindestens die in einer Rechtsverordnung des Arbeitsministeriums festgelegten tariflichen Arbeitsbedingungen zu gewähren. Auch Subunternehmer und Verleiher müssen sich danach richten.

Vorgaben gelten ab einem Schwellenwert von 50.000 Euro

Laut Ministerium soll dies für Aufträge des Bundes ab einem Schwellenwert von 50.000 Euro gelten. Ziel der Bundesarbeitsministerin ist es, die Tarifbindung zu stärken, da die Zahl tarifgebundener Betriebe und Beschäftigter deutlich gesunken ist. Bas will mit dem Gesetz mehr Unternehmen dazu bringen, in die Tarifgemeinschaft einzutreten. Zudem soll damit der „faire Wettbewerb“ gefördert werden: „Unternehmen, die nach Tarif bezahlen, dürfen keinen Nachteil haben. Wer im Auftrag des Bundes arbeitet, soll ordentlich bezahlt werden“, so Bas.

Wer dagegen verstößt, dem drohen Vertragsstrafen von bis zu zehn Prozent des Auftragswerts. Dabei soll der Hauptauftragnehmer auch für Lohnverstöße der Nachunternehmen haften. Für Sünder ist ein fakultativer Ausschluss vom Vergabeverfahren von bis zu drei Jahren möglich.

Bislang machen allein die Tariftreue- und Vergabegesetze der Länder verbindliche Vorgaben. Erfahrungen mit Landestariftreuegesetzen zeigen laut IW-Forscher Hagen Lesch jedoch „keine nachweisbare Stärkung“ der Tarifbindung.

„In Nordrhein-Westfalen, das seit vielen Jahren Tariftreueregelungen hat, ist die Tarifbindung der Betriebe seit 2014 von 36,6 auf 25 Prozent gesunken“, so der Forscher. In NRW hätten zudem viele Vergabestellen von Umsetzungsproblemen mit den Regelungen berichtet. So würden von Bietern Erklärungen abgegeben, die zeigen, dass diese den Inhalt nicht wirklich verstanden haben.

In Berlin, wo das Gesetz teils als kompliziert und zeitaufwendig galt, seien weniger Angebote eingegangen, zum Teil mit höheren Angebotspreisen, die Verfahrensdauer verlängerte sich, berichtet der Forscher.

„Gerade bei kleineren, nicht-tarifgebundenen Unternehmen ist zu befürchten, dass sie sich weniger an öffentlichen Ausschreibungen beteiligen“, sagt Lesch. „Zum einen fällt es ihnen häufig schwerer, Tariflöhne wirtschaftlich abzubilden, zum anderen sind sie eher mit dem bürokratischen Aufwand überfordert.“

Auch in Baden-Württemberg warnt man vor zusätzlichen Belastungen der Vergabestellen und Unternehmen. „Das Bundestariftreuegesetz hätte zwar Wirkung nur für die vom Bund vergebenen öffentlichen Aufträge, würde aber einen Zuwachs an Bürokratie sowie einen erhöhten Ressourceneinsatz für Unternehmen aus Baden-Württemberg bedeuten, die sich um öffentliche Aufträge des Bundes bewerben oder öffentliche Aufträge des Bundes durchführen“, warnt Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU).

Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, die oft nicht tarifgebunden seien, würden durch zusätzliche Nachweispflichten und Anforderungen stärker belastet. In der aktuellen Phase einer schwachen wirtschaftlichen Entwicklung sei das „kontraproduktiv“, so die Ministerin.

Baden-Württemberg verzichtete 2024 bewusst auf eine Weiterentwicklung des Landestariftreue- und Mindestlohngesetzes (LTMG), um Unternehmen zu entlasten. „Viele KMU und Start-ups werden sich nicht auf komplexe Nachweise und unterschiedliche Lohnbedingungen einlassen. Das führt zu geringerer Beteiligung an Ausschreibungen und höheren Kosten für staatliche Auftraggeber“, warnt Hoffmeister-Kraut.

Bundestariftreuegesetz soll noch in diesem Jahr verabschiedet werden

Das Bundestariftreuegesetz soll im Gleichklang mit dem Vergabebeschleunigungsgesetz im August 2025 im Kabinett und im Laufe des Jahres im Bundestag verabschiedet werden. Das Gesetz bedarf der Zustimmung des Bundesrats.

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