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Statistik

Trau keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast?

Dieses angebliche Churchill-Zitat führen Statistik-Verächter und Skeptiker gern im Mund. Dabei stammt es gar nicht von dem britischen Staatsmann. Und oft ist es zudem eher nötig, eine Meldung gründlich zu lesen. Weil nicht die Daten falsch sind, sondern die daraus vorschnell gezogenen Schlüsse.

Lügen haben kurze Beine, aber bei Pinocchio zumindest eine lange Nase.

dpa/COLLECTION CHRISTOPHEL/WALT DISNEY)

„Die Stuttgarter arbeiten im Durchschnitt besonders lange“, lautet der Titel einer Mitteilung des Evangelischen Pressedienstes, und weiter: „Im Stadtkreis Stuttgart hat ein Erwerbstätiger im Jahr 2023 im Durchschnitt 1373 Stunden gearbeitet. Das sei der landesweit höchste Wert, teilte das Statistische Landesamt am Donnerstag in Stuttgart mit.“

Was wird der flüchtige Leser mit der Nachricht anfangen? Vielleicht schon an dieser Stelle abbrechen und sich durch die Statistik(er) bestätigt fühlen in seinem (Vor-)Urteil. „Wusste ich es doch“: Die Schwaben sind einfach die Fleißigsten.

Ein berühmtes Churchill-Zitat über Statistik stammt gar nicht von ihm

Andere werden das in Zweifel ziehen wollen und berufen sich dann gerne auf Churchill, wie sie meinen, als Gewährsmann: „Ich traue nur den Statistiken, die ich selbst gefälscht habe.“ Dabei hat der britische Staatsmann diesen Spruch nie von sich gegeben. Er wurde ihm untergeschoben, fälschlich zugeschrieben, vermutlich mit böser Absicht. Vielleicht sogar, so die Vermutung, vom NS-Chefpropagandisten Joseph Goebbels höchstpersönlich. Das hat allerdings kein Historiker herausgefunden, sondern vor Jahrzehnten schon – ein Statistiker des Landesamts Baden-Württemberg.

Genaues Hinschauen und Lesen ist erforderlich

Tatsache ist: Churchill wusste Statistiken und ihre Aussagekraft zu schätzen. Mit Statistiken ist es eben wie mit Zitaten. Man muss genau hinschauen und oft kommen erstklassige Einsichten und Ergebnisse erst auf den zweiten Blick zustande.

Der gedankliche Kurzschluss ist die Gefahr. Und ihn begeht in der Regel der Nutzer der Statistik oder der Leser, oft aus Ungeduld. Die Meldung des Evangelischen Pressedienste geht nämlich weiter: „Die Unterschiede (ergänze: gegenüber den anderen Stadt- und Landkreisen) liegen aber keineswegs am unterschiedlichen Fleiß. Die Ursachen sind vielmehr im Ausmaß von Kurzarbeit und Teilzeitbeschäftigung, in der Anzahl der Minijobs“ usw. zu finden. Hoffentlich haben Sie diesen Text bis zum Ende gelesen …

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