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Vergabe von Dienstleistungen

Der Weg zum digitalen Postausgang

Die öffentliche Verwaltung steht unter Druck: Prozesse müssen effizienter und digitaler werden. Besonders im Fokus steht der Postausgang, der zunehmend durch digitale Lösungen ersetzt wird. Doch die Vergabe von Postdienstleistungen wirft mit Blick auf das Vergaberecht, den Datenschutz und das novellierte Postgesetz rechtliche Fragen auf. Von Florian Krumenaker

Bei der Vergabe digitaler Postausgangslösungen ist das Gebot der Losaufteilung zu beachten.

Martin Schutt)

Stuttgart . Die Ausschreibung von Postdienstleistungen ist zunächst ein klassischer vergabepflichtiger Vorgang. Die Leistungen werden als Dienstleistungsauftrag nach den Bestimmungen der Vergabeverordnung (VgV) beziehungsweise der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) vergeben – maßgebend für das anzuwendende Regelwerk ist, ob der geschätzte Auftragswert den EU-Schwellenwert überschreitet oder nicht. Der Schritt vom physischen zum digitalen Postausgang ändert hieran zunächst nichts.

Vergaberechtliche Aspekte bei digitalen Postausgangslösungen

Bei der Einführung digitaler Postausgangslösungen sind gleichwohl zwei vergaberechtliche Aspekte besonders hervorzuheben: Da ist zum einen das Gebot der Losaufteilung. Danach sind Leistungen aufgeteilt nach der Menge (Teillose) und nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Eine gesamthafte Vergabe ist zulässig, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Die digitale Postausgangslösung stellt regelmäßig ein eigenständiges Fachlos dar, das getrennt von klassischen Postdienstleistungen ausgeschrieben werden muss. In der Folge ist davon auszugehen, dass bei der Vergabe von Postdienstleistungen zukünftig mindestens drei Fachlose zu bilden sind: Der physische Postausgang (Los 1), die physische Zustellung von Postzustellungsaufträgen (Los 2) sowie der digitale Postausgang (Los 3).

Zum Autor: Florian Krumenaker ist Fachanwalt für Vergaberecht, Partner und Rechtsanwalt bei Menold Bezler Stuttgart Foto: Niels Schubert
Niels Schubert)

Zum anderen greifen digitale Postausgangslösungen tief in die IT-Infrastruktur des Auftraggebers ein. Damit ist deren technische Funktionsfähigkeit sicherzustellen. Insofern sind Teststellungen – gleich ob wertender oder verifizierender Natur – sinnvoll, weil sie die technische Funktionsfähigkeit der Lösung im konkreten Einsatzumfeld des Auftraggebers nachweisen. Sie minimieren das Risiko von Fehlfunktionen und ermöglichen eine objektive Bewertung der Leistungsfähigkeit vor Zuschlagserteilung. Die Einbettung von Teststellungen in Vergabeverfahren ist jedoch herausfordernd und bedarf einer sorgfältigen Konzeption.

Neben den vergaberechtlichen Herausforderungen ist bei der Einführung digitaler Postausgangslösungen auch das Datenschutzrecht zu beachten. Insbesondere beim digitalen Versand sensibler Daten – etwa Gesundheits- oder Sozialdaten – gelten besonders hohe Anforderungen an Vertraulichkeit, Integrität und Nachvollziehbarkeit. Öffentliche Auftraggeber müssen daher sicherstellen, dass eingesetzte Systeme über Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, Protokollierung und wirksame Zugriffskontrollen verfügen. Diese Anforderungen sind im Vergabeverfahren durch verbindliche technische Mindeststandards, Nachweise zur DSGVO-Konformität und – optional – durch die Abfrage eines Datenschutzkonzepts abzusichern, das in die Zuschlagswertung einfließen kann.

Schließlich wurde das Postgesetz novelliert, das seit dem 1. Januar 2025 wesentliche Änderungen mit sich bringt: Die Brieflaufzeiten werden verlängert, sodass künftig 95 Prozent der Sendungen am dritten (E+3) und 99 Prozent am vierten Werktag (E+4) zugestellt werden müssen – mit dem Ziel, mehr Flexibilität und ökologische Nachhaltigkeit zu ermöglichen. Zugleich entfällt die bisherige Lizenzpflicht; stattdessen müssen sich alle postzustellenden Anbieter in ein neues digitales Anbieterverzeichnis der Bundesnetzagentur eintragen, das Zuverlässigkeit, Leistungsfähigkeit und Fachkunde prüft. Ergänzend werden arbeits- und sozialrechtliche Standards verpflichtend.

Schnelligkeit über die Zuschlagskriterien abfragen

Vergaberechtlich müssen auch diese neuen Vorgaben in künftige Ausschreibungen eingebettet werden. Während Brieflaufzeiten mindestens vertraglich fixiert werden sollten, kann die Schnelligkeit auch über die Zuschlagskriterien abgefragt und gewertet werden. Denkbar ist auch, die vom Gesetzgeber aufgestellten arbeits- und sozialrechtlichen Standards insbesondere zum Schutz der postzustellenden Mitarbeiter über Konzepte abzufragen, um sicherzustellen, dass die Vorgaben beachtet oder bestenfalls übertroffen werden.

Webinar für Beschaffer

Am 26. November 2025 von 14 bis 15 Uhr bietet Florian Krumenaker im Webinar der Staatsanzeiger Akademie einen Einstieg in die EU-weite und nationale Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen. Das Webinar richtet sich an Mitarbeiter von Vergabestellen. Anhand praktischer Beispiele und aktueller Rechtsfälle erläutert Krumenaker den Ablauf eines Vergabeverfahrens aus Auftraggebersicht – von der Bekanntmachung bis zur Zuschlagserteilung – und gibt Tipps, um typische Fehlerquellen zu vermeiden. Mehr dazu: https://kurzlinks.de/fqig

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