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Das Förderwesen gehört grundlegend überarbeitet

Für Kommunen, Unternehmen, Vereine und Bürger ist das Labyrinth der Förderprogramme kaum zu durchdringen.
IMAGO/ingimage)Stuttgart. 414 Förderprogramme hat der Normenkontrollrat mithilfe von KI in Baden-Württemberg identifiziert. Im Abgeordneteninformationssystem, auf das der Expertenrat keinen Zugriff hat, werden laut einer Landtagsanfrage für 2023 insgesamt 292 Förderprogramme ausgewiesen. Wie viele es tatsächlich gibt, scheint unklar, wie auch aus einer Landtagsdebatte Ende Juli vor der Sommerpause hervorging.
Der Normenkontrollrat spricht von fehlender Transparenz über Förderprogramme, Förderziele und Fördervolumina. Fest steht, der Förderdschungel ist für viele Kommunen, Unternehmen, Vereine und Bürger undurchdringlich geworden. Dabei stehen, je nach Programm, durchaus einige Fördermittel zur Verfügung. Im Jahr 2023 standen im Landeshaushalt mehr als acht Milliarden Euro bereit. Hinzu kommen weitere Fördermittel von EU und Bund, die teilweise vom Land ergänzt werden. Es vergeht kaum eine Woche, in der nicht ein Ministerium meldet, dass es ein neues Förderprogramm gibt oder ein bereits bestehendes verlängert wird.
Allein in den vergangenen Tagen reichten die Meldungen für Förderprogramme für Sirenen, für Lkw-Ladepunkte bis hin zur Games-Förderung. Doch in der Regel ist es unklar, wo Antragsteller diese Förderprogramme finden können. Teilweise gibt es Übersichten zu einzelnen Bereichen auf Seiten von Ministerien, teilweise gibt es zusätzliche Plattformen. Programme, die über die Regierungspräsidien laufen, sind dort in einer Übersicht zusammengefasst, andere Programme werden von der L-Bank betreut. Das Ministerium für den ländlichen Raum bietet fachspezifische Förderportale an. In Einzelfällen werden von Ministerien auch Dienstleister für die Abwicklung von Förderprogrammen beauftragt.
Wer eine Förderung für sein Projekt möchte, muss erstmal feststellen, ob es da überhaupt etwas Entsprechendes gibt und sich dann Förderbedingungen, Zielgruppen und Fristen mühsam zusammensuchen. Manche Kommunen und Verbände beschäftigen dafür bereits Fachleute.
Als erster Schritt wäre eine einheitliche Plattform notwendig, auf der sich alle Förderprogramme des Landes finden lassen, im Idealfall als Service sogar noch mit Verweisen auf Bundes- und EU-Programme. Zugleich gilt es auch Förderprogramme auf den Prüfstand zu stellen. Was bringen sie? Wie stark werden sie nachgefragt? Müssen sie in eine Dauerfinanzierung übergehen? Oder sollte man sie streichen? Letzteres gilt insbesondere für Programme, die wenig nachgefragt werden oder Programme, bei denen so geringe Summen nur ausbezahlt werden, dass der Verwaltungsaufwand und die Verwaltungskosten häufig höher sind als der ausbezahlte Betrag. Dies war auch ein Kritikpunkt im Landtag. Auch Experten kritisieren, dass Förderprogramme wirkungslos verpuffen, etwa bei erfolgreichen Pilotprojekten, die nie in die Fläche gelangen.
In jedem Fall haben das Land und die Landesregierung in Sachen Förderwesen noch viele Hausaufgaben zu machen. Förderverfahren gehören vereinfacht und digitalisiert. Und zu letzterem gehört weit mehr als die Möglichkeit, einen Antrag digital einzureichen. Der Nachhaltigkeitsbeirat hat Empfehlungen gegeben, wie das Förderwesen vereinfacht und reformiert werden kann.
Dies in Angriff zu nehmen, ist Aufgabe der Landesregierung, noch vor der Landtagswahl. Eine neue Landesregierung muss dies weiter vorantreiben. Dabei muss das Rad nicht neu erfunden werden. Ein Blick in andere Bundesländer, die ebenfalls dabei sind, ihr Förderwesen umzustellen, kann Hilfestellung bieten. Dazu gehören Programme wie der Förderfinder in Bayern.
Wichtig ist, dass Programme standardisiert werden, Anträge verständlich aufgebaut sind. Eine einheitliche Förderplattform sollte so konzipiert sein, dass sie einfach und intuitiv zu bedienen ist. Quick-Checks helfen den Antragstellenden, sich zu orientieren, ob ihr Projekt grundsätzlich förderfähig ist und mit was für einer Zuwendung sie rechnen könnten.
Ein Vorteil einer einheitlichen standardisierten Plattform ist, dass auf Knopfdruck geprüft werden könnte, was noch an Fördermitteln zur Verfügung steht. Auch eine Voraussetzung, um zu entscheiden, ob Förderprogramme beibehalten werden.
Es ist nicht der erste Vorstoß des Normenkontrollrats gegen den Förderdschungel anzukommen. Doch er sollte ernst genommen werden. Denn die derzeitige Vorgehensweise ist auch ein Hindernis für eine wirksame Förderpolitik.