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Vermögen und Bau: Milliardenbetrieb zwischen Klimazielen und Bürokratieabbau

Mit geschicktem Personalmanagement versucht Andreas Hölting den Fachkräftemangel bei Planern im Landesbetrieb Vermögen und Bau aufzufangen.
VB-BW)Staatsanzeiger: Herr Hölting, Sie sind seit rund drei Jahren an der Spitze des Landesbetriebs Vermögen und Bau. Was hat sich seither verändert?
Andreas Hölting: Einiges. Das Energie- und Klimaschutzkonzept für Landesliegenschaften, das die Landesregierung Mitte 2023 verabschiedet hat, führte zu einer Neujustierung der Prioritäten. Wir haben organisatorisch reagiert und an allen 13 Standorten Stabstellen für Klimaschutz eingerichtet, damit die Klimaschutzbelange im täglichen Geschäft die entsprechende Priorität bekommen. In der Betriebsleitung steuern wir alle klimaschutzrelevanten Themen aus einer Fachabteilung heraus. So wie die Dinge aktuell laufen spricht alles dafür, dass das richtig war.
Es gilt rund 8000 landeseigene Gebäude bis 2030 klimaneutral zu machen. Ist das zu schaffen?
Der treibhausgasneutrale Betrieb der Gebäude ist eine Mammutaufgabe. Wir sind in verschiedenen Handlungsfeldern unterwegs. Ein Beispiel ist die Photovoltaik. Dafür haben wir ein PV-Kompetenzzentrum eingerichtet, das den Ausbau landesweit steuert. So haben wir den Zuwachs zuletzt auf 43 000 Quadratmeter pro Jahr steigern können. 2022 lagen wir noch unter 10 000 Quadratmetern.
Wie sieht es in der Wärmeversorgung aus?
Hier liegt der größte Hebel, um CO2 einzusparen. Rund ein Drittel unserer Gebäude ist denkmalgeschützt, die kann man nicht beliebig dämmen. Eine Wärmeversorgung mit erneuerbaren Energien anstelle fossiler Brennstoffe ist die Lösung.
Wie arbeiten Sie hier mit den Kommunen zusammen?
Etwa 40 Prozent des Wärmeverbrauchs der landeseigenen Gebäude werden über Fernwärme gedeckt. Dort, wo konkrete Fortschritte zeitnah umgesetzt werden, arbeiten wir mit den Kommunen zusammen und bleiben angeschlossen. So unterstützen wir die Kommunen bei der Umstellung auf klimaneutrale Fernwärme. Weitere 45 Prozent des Wärmeverbrauchs werden durch etwa 60 große landeseigene Heizwerke mit einer Leistung von über einem Megawatt gedeckt. Der Rest entfällt auf 1000 kleinere Heizanlagen, die sukzessive umgerüstet werden. Die Großanlagen auf eine klimaneutrale Wärmeerzeugung umzustellen, ist technisch sehr aufwendig und finanziell herausfordernd. An großen Universitätsstandorten kann dies in den dreistelligen Millionenbereich gehen.
Wird es bis 2030 gelingen, die Gebäude klimaneutral zu betreiben?
Die CO2-Emissionen sind nicht über Nacht entstanden und sie lassen sich auch nicht über Nacht abstellen. Entscheidend ist, dass die Maßnahmen zügig finanziert und umgesetzt werden können. Wir werden alles daransetzen, dem Ziel so nahe wie möglich zu kommen.
Erhoffen Sie sich Rückenwind von den 500 Milliarden Euro schweren Konjunkturpaketen des Bunds?
Im landeseigenen Gebäudebestand gibt es weiterhin einen sehr großen Modernisierungsbedarf, trotz des Rekordvolumens an Baumaßnahmen, das wir aktuell planen und umsetzen. Vor allem an den Universitäten und den Unikliniken. Viele Sanierungen sind konturiert aber mangels Finanzierungsperspektive noch nicht konkret in Planung. Zusätzliches Geld aus dem Sondervermögen kann helfen, diese Vorhaben umzusetzen.
Sie haben das Personalmanagement zur Chefsache gemacht, mit welchem Ergebnis?
Aktuell haben wir keine dauerhaft freien Stellen. Alle 2250 Stellen bei Vermögen und Bau konnten wir zeitnah wiederbesetzen, weil wir uns an dem ausgerichtet haben, was der Markt bietet.
Wie macht man so etwas?
Durch ein agiles Personalmanagement in den Ämtern. In Zeiten, wo wir keine Elektro- und Versorgungstechnikingenieure bekommen haben, haben wir unseren Workflow angepasst und dort, wo es verantwortbar ist, Architekten eingestellt und mit der bauherrenseitigen Steuerung der Ingenieurtechnik betraut. Aktuell bietet der Arbeitsmarkt wieder vermehrt qualifizierte Ingenieure, sodass wir das Verhältnis zwischen Bau und Technik wieder ein Stück weit nachjustieren können. Man muss einfach flexibel agieren.
Auch über die Bezahlung?
Ja, wir nutzen die vorhandenen Spielräume des Tarifvertrags aus, um unseren Beschäftigten eine attraktive Vergütung zu bieten. Das zeigt Wirkung. Im Haushalt 2023/2024 hatten wir zur Umsetzung des Energie- und Klimaschutzkonzepts neue Stellen bekommen, die wir zeitnah und gut besetzen konnten. Zudem haben wir die Zahl der Referendare im höheren bautechnischen Dienst um 60 Prozent erhöht um über eine breitere Auswahl an gut ausgebildeten Führungskräften zu verfügen.
Der Umsatz des Landesbetriebs lag 2023 bei über 1,7 Milliarden Euro. Dennoch sind die Ressourcen knapp. Wie optimieren Sie Ihren Betrieb?
Wir haben eine vergleichsweise junge und dynamische Leitungsebene, in der wir uns permanent selbst die Frage stellen, wo wir optimieren können, wo wir etwas weglassen können, ohne dass die Qualität leidet. Zum Beispiel wurde auf unsere Initiative die Wertgrenze für die Erstellung von Haushaltsunterlagen bei Baumaßnahmen von 150 000 auf 300 000 Euro erhöht und die Wertgrenze, ab der Baumaßnahmen einzeln im Staatshaushaltsplan veranschlagt werden, von zwei auf sechs Millionen Euro angehoben. Das bedeutet in der Praxis eine erhebliche Arbeitserleichterung und spart Zeit. Außerdem haben wir den Umfang von Bauunterlagen reduziert. Der Abbau unnötiger Bürokratie und die Beschleunigung der Verfahren sind Ziele, an denen wir gemeinsam mit dem Finanzministerium arbeiten werden.
Eine große Herausforderung ist die Digitalisierung. Wie gehen Sie da vor?
Wir entwickeln einerseits passgenaue Programme weiter, die speziell auf unsere Bedürfnisse als technische Verwaltung zugeschnitten werden, zum Beispiel für die Projektsteuerung oder im Bereich Facilitymanagement. Andererseits sind uns als Teil der Landesverwaltung übergeordnete und standardisierte Haushaltsmanagementsysteme vorgegeben, an die wir uns organisatorisch anpassen müssen, zum Beispiel durch Zentralisierung.
Sie wollen IT-Kompetenzen bündeln?
Ja, die Anforderungen an die Bedienung hoch spezialisierter Programme sind gestiegen, sodass bestimmte Eingabe- und Buchungsvorgänge besser auf wenige Anwender konzentriert werden sollten. Dies betrifft zum Beispiel das Immobilien- und Gebäudemanagement. Vorbild sind die Fiskalerbschaftsfälle, die wir gebündelt von drei Standorten aus abwickeln.
Ihre Gebäude stehen über das gesamte Land verteilt. Da braucht es einen guten Draht in die Kommunen, oder?
Ja, unbedingt. Landesgebäude sind häufig identitätsstiftend und stadtbildprägend. Denken Sie nur an Museen, Theater oder Gerichtsgebäude. Da ist das Interesse an unseren Bauvorhaben groß. An den Hochschulstandorten haben wir große zusammenhängende Flächenliegenschaften, deren Bauvorhaben Teil der städtebaulichen Entwicklung einer Stadt sind. Diese Vorhaben kann man nur gemeinsam voranbringen. Wir pflegen daher sehr gute und enge Kontakte mit unseren Kolleginnen und Kollegen in den Kommunen. Die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes erwarten, dass die öffentlichen Hände gut und eng zusammenarbeiten, weil letztlich alle davon profitieren.
Das Gespräch führten Rafael Binkowski und Wolfgang Leja
Zur Person
Andreas Hölting ist seit Mai 2022 Direktor des Landesbetriebs Vermögen und Bau Baden-Württemberg. Er studierte an der Technischen Universität Braunschweig sowie Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen Architektur. Hölting war beim Ministerium für Finanzen stellvertretender Referatsleiter. 2016 übernahm er die Leitung des Amtes Ludwigsburg von Vermögen und Bau, ab April 2018 leitete er für die Behörde das Amt Tübingen.