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Stefan Krebs: „Alle Ministerien arbeiten jetzt mit der E-Akte“

Der Beauftragte der Landesregierung für Informationstechnologie entwickelt und steuert als „Chief Information Officer“ (CIO) die IT-Strategie der gesamten Landesverwaltung. Er hat die Aufsicht über die BITBW, den zentralen IT-Dienstleister des Landes und vertritt Baden-Württemberg im Bund-Länder-übergreifenden IT-Planungsrat. Gleichzeitig ist dem Beauftragten der Landesregierung für Informationstechnologie als „Chief Digital Officer“ (CDO) die Abteilung für Digitalisierung zugeordnet, die für die Konzeptionierung und Umsetzung einer ressortübergreifenden Digitalisierungsstrategie des Landes zuständig ist.
Achim Zweygarth)Staatsanzeiger: Herr Krebs, was sind aus Ihrer Sicht Ihre drei größten Erfolge?
Stefan Krebs: Es ist schwierig, Erfolge zu beziffern. Aber ich nenne Ihnen drei Projekte, die mir persönlich wichtig sind. Zum einen ist es mir gelungen, die BITBW als zentralen Dienstleister des Landes Baden-Württemberg zu etablieren und zu einem leistungsfähigen Dienstleister auszubauen. Das sind sozusagen die Basics, um arbeiten zu können.
Und der zweite digitale Erfolg?
Das zweite Projekt ist der flächendeckende Einsatz der E-Akte – ein Projekt, das „in time“ und „in budget“ durchgeführt wurde. Die komplette Ministerialverwaltung arbeitet heute damit – das sind mehr als 24 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in 213 Behörden des Landes. Das war ein großer Schritt weg vom Aktenwagen hin zur digitalen Akte und hat das Land erheblich weitergebracht. Als die Corona-Pandemie ausbrach, waren große Teile der Landesverwaltung bereits mit der E-Akte ausgestattet, so dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom Homeoffice aus arbeiten konnten.
Und was ist aus Ihrer Sicht der dritte Erfolg der bisherigen Amtszeit?
Dass es mir gelungen ist, das Thema IT- und Cybersicherheit im Land zu etablieren. Ich wollte eine Sicherheitsorganisation für die Landesverwaltung aufbauen, mit einer Stelle für IT-Sicherheit in jeder Behörde. Daraus entwickelte sich die Gründung der Cybersicherheitsagentur, die dem Land und den Kommunen heute rund um die Uhr, an sieben Tagen in der Woche bei Cyberangriffen zur Seite steht. Das schützt uns nicht vor jedem Angriff, aber wir haben das Risiko eines erfolgreichen Cyberangriffs deutlich verringert.
Wie weit ist die Landesverwaltung beim digitalen Arbeiten? Was fehlt noch?
Das lässt sich schwer definieren, weil die Landesverwaltung ein amorphes Gebilde ist. Die Digitalisierung in den Ministerien, insbesondere im Innenministerium, ist sehr weit fortgeschritten. Aber es gibt den Grundsatz: „A fool with a tool is still a fool.“ Damit möchte ich sagen, dass es essenziell ist, dass die zur Verfügung stehenden digitalen Anwendungen zu den Arbeitsabläufen und Prozessen passen, damit sie sinnvoll genutzt werden können. Das ist uns beispielsweise bei der E-Akte durch eine enge Begleitung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rahmen der Einführung sensationell gelungen.
Ein PDF alleine ist keine Digitalisierung. Wie geht es besser?
Wenn ich nur analoge Vorgänge digital abbildete, habe ich möglicherweise einen unmittelbaren Nutzen, aber keine Prozessoptimierung. Die Kernverwaltung ist digital sehr gut aufgestellt, aber wir könnten den Output noch steigern. Kulturell hat sich in den letzten zehn Jahren viel verändert. Früher wurden absichtlich Desktops gekauft, um jungen Kolleginnen und Kollegen die Illusion zu nehmen, mobil arbeiten zu dürfen. Das macht heute niemand mehr.
Lesen Sie hier: Kommunen sind kreativ bei der Digitalisierung
Gab es Widerstände, und was waren die größten Hindernisse?
Es gibt immer Vorbehalte gegenüber Veränderungen – das ist nichts Außergewöhnliches. Am Anfang wurde die Leistungsfähigkeit der BITBW bezweifelt – das war zum damaligen Zeitpunkt in Teilen auch berechtigt. Aber eine Organisation benötigt Zeit, Geld und die Chance zur Entwicklung. Eine neue Behörde funktioniert nicht vom ersten Tag an reibungslos, ebenso wenig wie ein Start-up. Jede Veränderung erzeugt neue Eindrücke und Skepsis. Trotz aller Planung braucht man auch das Glück des Tüchtigen. Die ministerielle Denkweise „Wer schreibt, der bleibt“ oder „Wer den größten Aktenschrank hat, ist wichtig“ – wurde mit der E-Akte ad absurdum geführt.
Bei den digitalen Dienstleistungen für Bürger wir nicht so weit wie andere.
Das muss man differenziert betrachten. Wir haben schon viele Onlineangebote, über 600, um mal eine Zahl zu nennen, aber eben keine durchgängige Digitalisierung in der Fläche. Die Erkenntnis, dass das erforderlich ist, kam auf kommunaler Seite nicht überall schnell genug und erfordert heute erhebliche Ressourcen.
Thema KI: Es gibt die landeseigene KI F13. An der gibt es aber viel Kritik …
F13 ist ein sehr leistungsfähiges Tool. Man muss aber immer überlegen: Wofür wurde F13 überhaupt entwickelt? Wir wollten eine KI für die Verwaltung, mit souveräner Datenhaltung. Die Daten sollten auf unseren Servern liegen und verarbeitet werden. Dieses Ziel haben wir mit F 13 erreicht. Wir sind mit dem Produkt voll souverän und haben die Hoheit über Daten und Prozesse, was nur Wenige von sich sagen können. Viele behaupten, sie hätten Datensouveränität, aber beherrschen sie auch die dahinterliegenden technischen Prozesse? Da können wir bei F13 sagen: Ja!.
Aber F13 könnte noch leistungsfähiger sein, wie man es von ChatGPT kennt?
Alles kann leistungsfähiger sein, aber wir müssen mit der Funktionalität mithalten, die relevant ist, nicht mit Orchideenfunktionen. Wir wollen mit der KI keine Bilder kreieren oder Musikstücke komponieren lassen, sondern Verwaltungstätigkeiten vereinfachen und automatisierbar machen. F13 ist vor allem für Textbearbeitung und Analyse gedacht: Kabinettsvorlagen, Reden, Zusammenfassungen. Dafür ist F13 sehr gut nutzbar.
Zur Person
Stefan Krebs, geboren 1960 in Neckarsulm, ist Ministerialdirektor im Innenministerium seit dem 1. Juli 2015 „Beauftragter der Landesregierung für Informationstechnologie“ – also CIO (Chief Information Officer) und zugleich CDO (Chief Digital Officer) des Landes. Er entwickelt und steuert die IT-Strategie sowie E-Government und Digitalisierung über alle Ressorts, beaufsichtigt die Gesellschaft BIT BW und vertritt das Land im IT-Planungsrat.