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Florian Zejewski über den Herbst der Reformen

Florian Zejewski schreibt in seiner Kolumne über den Herbst der Reformen.
IMAGO / Bihlmayerfotografie/privat // Montage: ant)Blätter fallen, Akten auch. Draußen verfärbt sich das Laub, drinnen die Vorlagen. In den Gängen der Behörden wird es kühler, nicht nur wegen der Energiesparverordnung, sondern auch, weil so manche Reform den Luftzug der Veränderung oder „soziale Kälte“ als Grundlage des Zusammenlebens mit sich bringt.
Linnemann und Merz fordern massive Änderungen beim Bürgergeld, was Frau Bas für „Bullshit“ hält. Die hitzige Diskussion klingt ab und verfällt. Blätter fallen. Alles halb so schlimm oder wieder nichts erreicht?
Der Sommer, Zeit der großen Ankündigungen, warmen Worte und kühlen Getränke. Man sprach von Aufbruch und malte bunte Bilder einer effizienteren Verwaltung. Alles ein bisschen wie ein Festival: viel Programm, viele Bühnen, doch am Ende blieb das Gefühl, dass die Headliner noch nicht aufgetreten sind – aber die Gespräche waren gut, nächstes Jahr gehen wir wieder hin. Vielleicht wieder eine Grillwurst oder Söder beim Wurstessen zusehen?
Dann der Winter. Es ist Zeit drinnen zu bleiben und sich winterfest zu machen. Knappe Mittel, eingefrorene Stellen, erstarrte Prozesse. Reformideen werden in dieser Jahreszeit gern konserviert – tiefgefroren, bis das Tauwetter sie wieder hervorholt. Warten auf den nächsten Frühling und die neuen Einfälle von Politikern, Führungskräften und Unternehmensberatungen, die mit einem tollen Pilotprojekt um die Ecke kommen oder sich selbst schon mal fürs nächste Jahr in Stellung bringen?
Doch jetzt erstmal: Herbst. Die Zeit, in der aus Versprechungen Papier wird. Es raschelt nicht nur im Park, sondern auch in den Amtsstuben. Der Herbst ist die Stunde der Sachbearbeiter und Referatsleiter, die mühsam die Blätter ordnen, die andere so leichtfertig vom Baum geschüttelt haben.
Der Frühling ist die Hoffnung, dass aus den Papieren auch mal grüne Triebe wachsen: eine digitale Akte, die funktioniert, ein Antrag, der wirklich online geht, ein Dienstweg, der kürzer wird. Frühling heißt, dass man wieder an Aufbruch glauben darf. Bis dahin bleibt’s beim Herbst der Reformen. Der Verwaltungspunk zieht die Jacke enger und schaut, was von den bunten Blättern am Ende bleibt: fruchtbarer Humus oder nur noch Kompost fürs nächste Jahr?
Zur Person
Florian Zejewski residiert in Hamburg und nennt sich selbst „Verwaltungspunk“ und will unkonventionelle Ideen in den öffentlichen Dienst einbringen. Er hat in Mannheim, Tübingen und Bielefeld studiert und berät Kommunen, Behörden oder Hochschulen für bessere Prozesse.