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Der Neckar: Mit Romantik, Natur und Wein auf Touristenfang

Schloss, Alte Brücke und Neckar - viel mehr Romantik geht nicht. Das wissen auch hiesige Touristiker.
IMAGO/Val Thoermer)Heidelberg. Wenn die Sonne hinter dem Heiligenberg untergeht und der Sandstein der Schlossruine mit der Alten Brücke um die Wette leuchten, dann wird der Neckar zur Hauptschlagader der Romantik. Das ist der Südwesten, hier verliert man sein Herz, so lieben es die Touristiker.
„Der Neckar ist für den Tourismus enorm wichtig“, sagt Sannah Mattes von der Tourismus-Marketing GmbH: Der Neckar sei der Baden-Württemberg-Fluss, kein anderes bedeutsames Gewässer fließt fast ausschließlich durch das Land. Donau, Rhein, ja selbst das schwäbische Meer müsse man sich mit Nachbarn teilen.
Und: Der Neckar sei vielfältig. Vom Oberlauf im Schwarzwald, mit viel Natur und Städten wie Rottweil oder Horb, über Tübingen, wo man mit einem Stocherkahn über das Gewässer gleiten kann, bis hin zum windungsreichen Tal unterhalb Stuttgarts, wo Rebstöcke an den Steilhängen wachsen und zur Schifffahrtsstraße in Mannheim oder in Stuttgart. Selbst diese nimmt Mattes gerne an, denn wo sonst könnten Ausflugsdampfer verkehren, wenn nicht auf einer Schifffahrtsstraße ?
Weinlagen bilden die Basis für eine Werbestrategie
Doch mehr im Mittelpunkt steht die Landschaft, deren Geschichte und deren Erzeugnisse. Lagen wie Cannstatter Zuckerle, Besigheimer Felsengarten oder Mundelsheimer Käsberg stehen für das bedeutendste Produkt, den Wein. Dieser ist ein wichtiger Indikator für den Genuss, und so wirbt zum Beispiel der Verband Neckar-Zaber Tourismus gezielt mit den edlen Tropfen vom Neckar, sagt Sabine Hübel, Geschäftsstellenleiterin des Verbands mit Sitz in Brackenheim (Kreis Heilbronn). Schon auf der Webseite des Verbands begrüßt der Superlativ „Deutschlands größte Rotweinlandschaft“ die Interessierten. Fotos von Reben in warmem Licht unterstreichen das südliche Flair – Toskana am Rheinnebenfluss.
„Hauptreiseziel sind wir nicht“, sagt Hübl. Dem Verband geht es eher um Gäste, die zwischendurch für ein paar Tage am Neckar ausspannen möchten, am Fluss wandern und die Gastronomie genießen wollen. 3,7 Tage machten sie das 2024 im Durchschnitt, rund 60 800 Ankünfte verzeichnet die Statistik. Zahlen für den ganzen Neckar sind schwer zu bekommen, Heidelberg spricht von 13,9 Millionen Tagesbesuchern jährlich, nicht alle aber sind Touristen.
Berühmtheiten als Werbeikonen
Auch die historischen Persönlichkeiten, die mit dem Fluss verbunden sind, dienen zur touristischen Werbung. Götz von Berlichingen schaute 45 Jahre von der Burg Hornberg auf Neckarzimmern herunter, weshalb die Gemeinde im Neckar-Odenwald-Kreis seit 2023 den amtlichen Beinamen „Sitz Götz von Berlichingens“ trägt. Lauffen (Kreis Heilbronn) und Tübingen werben als Geburts- und Sterbeort mit Friedrich Hölderlin. Die Universitätsstadt hat im gelben Hölderlinturm, einer ikonischen Ansicht am Neckar, ein Museum für den Dichter eingerichtet.
Diese Ansicht kann man am besten von Eberhardsbrücke aus genießen, über die der Neckartal-Radweg führt, einem der vielen festgelegten Neckarwege abseits des Autoverkehrs. Auf 370 Kilometern vom Quell- bis ins Mündungsgebiet führt der Radweg am Neckar entlang.
„Kontrastreichster Flussradweg Deutschlands“
Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club verantwortet die Route und spricht von einem der „kontrastreichsten Flussradwege Deutschlands“. Diesen werbewirksamen Superlativ macht der Verband an der Vielgestalt der Flusslandschaft aus, von den Hafenanlagen in Stuttgart oder Heilbronn bis zum naturbelassenen Quellgebiet im Schwenninger Moos. In der Saison 2019/2020 hatte der Verband 872 000 Radfahrer an den Zählstellen erfasst, darunter waren 200 000 Tagestouristen unterwegs.
Weder Tagestourist noch Radfahrer war Marc Twain, der 1879 bei seinem rund dreimonatigen Aufenthalt von Heilbronn nach Heidelberg auf dem Floß flussabwärts fuhr, oder gefahren haben will, denn wahrscheinlich – so meinen Literaturwissenschaftler – ist die Geschichte mit spektakulärem Schiffbruch nur gut erfunden.
Ein Satz, der jeden Touristiker zum Schmelzen bringt
Wichtig aber ist in seinem Buch „Bummel durch Europa“ dieser Satz über seine Deutschlanderfahrung: „Deutschland im Sommer ist die Vollendung des Schönen, aber niemand, der nicht auf einem Floß den Neckar hinuntergefahren ist, hat die äußersten Möglichkeiten dieser sanften und friedlichen Schönheit wirklich begriffen und ausgekostet.“ Bei so einem werbewirksamen Lob, schmelzen Touristiker einfach hin.