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Die Gewalt gegen Mitarbeiter nimmt immer mehr zu

Nicht nur Polizisten werden immer häufiger bedroht. Auch Rettungskräfte, Müllarbeiter und Mitarbeiter in kommunalen Einrichtungen sind davon betroffen.
dpa/imageBROKER/Udo Herrmann)Stuttgart. Jens arbeitet in einem Schwimmbad. Als er eine Gruppe darauf hinweist, dass sie mit ihrer Lautstärke andere Badegäste stören, wird er von fünf Männern bedroht und durchs Bad gejagt. Janine wird als Mitarbeiterin im Ordnungsamt häufig bedroht und angegriffen. So auch die Busfahrerin Doro: Sie wurde im Bus von zwei Personen angegriffen und schwer verletzt. Als sie um Hilfe ruft, schreitet keiner der anderen Fahrgäste ein.
84 Prozent der Bundesbürger sagen, dass der Umgang der Menschen untereinander brutaler wird. Das geht aus der Bürgerbefragung des Deutschen Beamtenbunds hervor, die vor kurzem veröffentlicht wurde.
Auch die Gewaltbereitschaft gegenüber Beschäftigten im öffentlichen Dienst nimmt zu. Jeder zweite Beschäftigte im öffentlichen Dienst sagte, während der Arbeit bereits selbst Gewalt erfahren zu haben. Beamte (59 %) gaben dabei häufiger als Tarifbeschäftigte (48 %) an, übergriffige Taten erlebt zu haben.
Die Formen der erlebten Gewalt können vielfältig sein und von Beleidigungen bis hin zu physischen Angriffen reichen. Besonders alarmierend ist, dass nahezu jeder dritte Betroffene körperlich bedrängt (32 %) und sogar 18 % bereits geschlagen wurde. Besonders betroffen sind Berufsgruppen der Polizei und Rettungskräfte.
Vermehrt müssen jedoch auch Bus- oder Straßenbahnfahrer Gewalterfahrungen im Dienst machen. Aber auch Mitarbeitende des Ordnungsamtes, Feuerwehrleute und Lehrkräfte sind häufig betroffen. Rund jeder fünfte Beschäftigte des öffentlichen Dienstes fühlt sich unsicher (21 %).
Ausstellung wird zum ersten Mal in Baden-Württemberg gezeigt
Die Wanderausstellung „Vergiss nie, hier arbeitet ein Mensch“ des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) macht die zunehmende Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst sichtbar. Sie wird in dieser Form erstmals in Baden-Württemberg gezeigt.
„Gerade die Menschen, die sich täglich für unser Gemeinwesen einsetzen, die ihre Arbeitskraft in den Dienst an der Gesellschaft stellen, müssen viel zu oft Aggression, Hass und Gewalt ertragen. Ein Angriff gegen die Beschäftigten im öffentlichen Dienst ist immer ein Angriff gegen einen Menschen“, sagt Innenminister Thomas Strobl (CDU). Gleichzeitig sei es ein Angriff „gegen unsere Gesellschaft, unseren Rechtsstaat und unsere Demokratie. Das sind nicht nur Angriffe auf Einzelne – das sind Angriffe auf uns alle und auf unser Zusammenleben“.
„Als DGB wollen wir Licht ins Dunkel bringen und den Betroffenen ein Gesicht und eine Stimme geben“, sagt Maren Diebel-Ebers, stellvertretende Vorsitzende des DGB Baden-Württemberg anlässlich der Wanderausstellung, die auf vielen kleinen Plakaten die Kurzgeschichten wie von Jens, Janine und Doro dokumentiert. „Besserer Schutz darf kein Zufall sein, dafür braucht es die Anstrengung von Arbeitgebern und uns allen. Unser gemeinsames Ziel ist Respekt für Beschäftigte und Nulltoleranz gegenüber Gewalt“, betont Diebel-Ebers.
Anhand von 32 Motiven und Personen, die ohne Nachnamen genannt und auf Fotos gezeigt werden, zeigt die Ausstellung Erfahrungsberichte von Beschäftigten im öffentlichen Dienst und macht sichtbar, wie sie Opfer von Übergriffen wurden. Ergänzt wird dies durch Daten, Fakten und Hinweise auf Handlungsfelder.
Die Problematik ist akut: Allein im Jahr 2024 gab es in Baden-Württemberg mehr als 14 000 Angriffe auf Polizeibeamte, rund 300 Angriffe auf Feuerwehr- und Rettungskräfte sowie mehr als 1600 Gewalttaten gegen weitere Beschäftigte des öffentlichen Dienstes – etwa Lehrkräfte, Krankenhauspersonal, Mitarbeiter von Jobcentern, Bürgerämtern und Führerscheinstellen sowie kommunale Mandatsträgerinnen und -träger.
Müllmann: Die Aggressionen der Menschen sind gestiegen
Auch Müllmann Manfred erlebt, dass die Menschen immer aggressiver werden, wenn sie hinter einem Müllfahrzeug warten müssen. Als Personalrat will er aber eigentlich für gute Arbeitsbedingungen sorgen. „Das wird aber immer schwieriger, weil die Aggressionen der Menschen gestiegen sind“, wird er auf einem der Plakate zitiert.
Wanderausstellung wechselt vom Ministerium zum DGB
Die Wanderausstellung des Deutschen Gewerkschaftsbundes unter dem Titel „Vergiss nie, hier arbeitet ein Mensch“ ist noch bis zum 23. Oktober 2025 im Atrium beim Innenministerium zu sehen. Danach wird sie im Haus des DGB in Stuttgart bis zum 17. November gezeigt, weitere Orte danach sind bislang noch nicht bekannt. Anhand von 32 Motiven zeigt die Ausstellung Erfahrungsberichte von Beschäftigten im öffentlichen Dienst zu Gewaltangriffen.