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Kommentar zur FDP-Forderung

Ist eine radikale Reform der Verwaltung nötig?

Die FDP will Regierungspräsidien und Landkreise abschaffen, CDU-Chef Manuel Hagel "zwei Verwaltungsebenen". Muss die Kettensäge her? Der Teufel liegt im Detail. Eine Analyse von Rafael Binkowski.
Taschenrechner mit "VERWALTUNG", Stempel "Reformstau", Euro-Geldscheine.

Eine Verwaltungsreform in Baden-Württemberg fordert die FDP. Doch einfach zwei Ebenen abzuschaffen, ist nicht so einfach - und birgt Tücken im Detail.

dpa/Wolfgang Filser)

Stuttgart. Im Vorwahlkampf überbieten sich manche Akteure in Sachen Radikalität, was eine Verwaltungsreform angeht. Am weitesten geht die FDP, die Regierungspräsidien und Landkreise abschaffen und an ihre Stelle „Großkreise“ mit dem Zuschnitt der heutigen Regionalverbände möchte. Der CDU-Spitzenkandidat Manuel Hagel erklärte vor einem Jahr, zwei Verwaltungsebenen abschaffen zu wollen. Er hat dies inzwischen aber in eine Aufgabenkritik umgewandelt.

Schauen wir also hin: Kann man einfach mit einer Machete den Verwaltungsdschungel lichten? Nun, ganz so einfach ist es nicht. In Niedersachsen etwa wurde 2005 eine zweistufige Verwaltung eingeführt und die vier Bezirksregierungen aufgelöst. Von den rund 400 Aufgaben fielen 171 weg, 45 wurden privatisiert, 20 wurden auf Kammern oder Verbände übertragen, 73 kommunalisiert und 89 „beim Land optimiert“, man sparte 1600 Stellen ein.

In Niedersachsen wurden neue Behörden geschaffen

Allerdings entstanden in dem großen Flächenland vier neue „Regierungsvertretungen“ vor Ort, um regionale Themen wie Verkehrsprojekte und Raumplanung zu regeln. Oder um Querschnittsaufgaben wie Stiftungswesen zu koordinieren.

Einen Essay zur Staatsmodernisierung lesen Sie hier.

Zudem wurden neue Landesämter geschaffen, etwa für Schulen, Agrar, Forst oder Umwelt. Auch für die wichtige Kommunalaufsicht ist eine neue Behörde entstanden. Die gegenläufige Entwicklung zur baden-württembergischen Verwaltungsreform 2005 von Erwin Teufel, in der die Sonderbehörden in die bestehenden Strukturen eingegliedert wurden.

Mittelbehörden zur Bündelung sind nötig

Ein Gutachten der Ruhr-Universität Bochum kam damals zu dem Schluss, dass regionale Bündelungsfunktionen einer Mittelbehörde zwischen Landesregierung und Kommunen nötig sind. Zudem droht ein Wildwuchs an Sonderbehörden, die nicht regional gegliedert sind, sondern ein Eigenleben führen.

Riesige Regionalkreise wiederum hätten wenig regionalen Bezug. Dennoch sollte man die Ideen der FDP, die schon in den 70er-Jahren bei der letzten großen Kommunalreform oder in den 90er-Jahren in der Opposition diskutiert werden, nicht einfach verbannen. Richtig ist, dass es eine grundlegende Aufgabenkritik geben muss.

Es geht um weniger Doppelzuständigkeiten

Nicht die Zahl der Ebenen ist entscheidend, sondern das reibungslose Zusammenspiel. Doppelstrukturen und das Dickicht an Vorschriften sind das Problem.

Daher wäre es Zeit, alle staatlichen Aufgaben aufzulisten, neu zu ordnen und neu und digital aufzubauen . Das ist mühsam und langwieriger als eine Ebene abzuschaffen, aber am Ende effektiver. Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Es ist schon einiges passiert, das neue Regelungs-Befreiungsgesetz oder die andesbauordnung mit der „Genehmigungsfiktion“ nach drei Monaten können „Game Changer“ sein. Dieses Prinzip sollte Grundlage des gesamten Verwaltungsaufbaus sein.

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