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Ein Baukastensystem für den schnellen Hallenbad-Bau

Auf dem Betonfundament werden die Holzmodule für die Technik zusammengesetzt. Im Stockwerk darüber wird anschließend das Schwimmbecken und Umkleideräume und Duschen installiert.
Jürgen Schmidt)Stuttgart/Heidenheim. Es ist ein weitverbreitetes Problem in Städten und Gemeinden: Viele Hallenbäder, die für den Schul- und Vereinssport genutzt werden, sind in die Jahre gekommen. Doch während sie saniert oder durch einen Neubau ersetzt werden, fallen sie lange für den Schwimmunterricht aus, im Stuttgarter Stadtteil Feuerbach waren es drei Jahre. Um bei den nächsten anstehenden Badsanierungen gegen solche Ausfälle gewappnet zu sein, setzt die Landeshauptstadt nun auf eine besondere Interimslösung: ein modulares Hallenbad, das abgebaut und an weiteren Standorten wieder aufgebaut werden kann.
Im Wohnungsbau ist es nicht mehr ungewöhnlich, Wohnanlagen aus Modulen , die in der Fabrik vorgefertigt werden, zusammenzusetzen. Bei Hallenbädern gab es das bislang noch nicht. Das will das 2018 gegründete Unternehmen Pool out of the Box ändern. Mit dem Stuttgarter Bad setzt die in Heidenheim auf der Ostalb ansässige Neugründung nun ihr erstes Pilotprojekt um.
Technik wird schon in der Fabrik in die Module eingebaut
Pool out of the Box tritt dabei als Generalübernehmer auf, die Realisierung übernehmen aber vor allem Partner aus der Schwimmbad- und Modulbaubranche. Die Raummodule kommen beispielsweise aus dem hessischen Werk des schweizerischen Holzbau-Spezialisten Blumer-Lehmann, das Edelstahlbecken von Zeller Bäderbau. Das Heidenheimer Familienunternehmen gehört zusammen mit dem Geschäftsführer Joachim Maier zu den Initiatoren der Firmengründung und des modularen Konzepts.
Die Planer des Zuffenhausener Ersatzbades stellte das Bauen mit vorgefertigten Raummodulen vor einige Herausforderungen. Denn auch die Verteilung der Badtechnik habe so vorgeplant werden müssen, dass sie in die dreieinhalb Meter breiten Container passt, erläuterte Ernst Ulrich Tillmanns von 4 a Architekten , einem Stuttgarter Büro, das auf Bäder spezialisiert ist. Ein großer Teil der Technik wird bereits in der Fabrik installiert und auf der Baustelle nur noch verbunden. Selbst die Ecken des Edelstahlschwimmbeckens werden im Werk verschweißt, damit die Montage vor Ort schneller geht.
Bauzeit um 70 Prozent verkürzt
Von der Anlieferung der ersten Module bis zum Aufsetzen des Dachs sind laut Tillmanns nur drei Wochen angesetzt. Im Vergleich zur konventionellen Bauweise rechnet Pool out of the Box mit einer um 70 Prozent kürzeren Bauzeit. Ab Frühjahr oder Frühsommer kommenden Jahres soll das Hallenbad in Betrieb gehen.
Während sich die Bauzeit signifikant verkürzen lässt, bewegen sich die Kosten für das Pilotprojekt laut Maier in etwa auf dem Niveau eines konventionellen Hallenbads. 19,1 Millionen Euro hat der Stuttgarter Gemeinderat für das Projekt freigegeben. Und bislang könne man davon ausgehen, dass der Kostenrahmen im Wesentlichen eingehalten werde, erklärte der stellvertretende Geschäftsführer der Stuttgarter Bäder, Detlef Szlamma. Auch für die Kosten für den ersten Umzug des Gebäudes nach Stuttgart-Möhringen gibt es eine erste Schätzung. Die beläuft sich laut Szlamma auf rund 4,5 Millionen Euro.
Kleine Lehrschwimmbecken sollen in Serie gehen
Der zweite Einsatz des Pop-up-Bades während des Neubaus des Hallenbades Sonnenberg ist nicht der letzte. Wenn es dort nicht mehr gebraucht wird, soll das Modulbad an seinen letzten Standort auf dem Parkplatz des Insel-Freibades in Stuttgart-Untertürkheim umziehen. Die Lebensdauer soll insgesamt der eines traditionell gebauten Bades nicht nachstehen. „Wir gehen von mindestens 30 Jahren aus“, betonte Maier.
Wenn das Musterbad in Zuffenhausen steht, will sich der Pool-out-of-the-Box-Chef vor auf allem kleinere Lehrschwimmbecken für Kommunen konzentrieren. Die Gebäude mit einem 16-Meter-Becken ließen sich weitgehend standardisieren, was zu weiterer Zeitersparnis und Kostenvorteilen führen werde. Für diesen Typ Mini-Hallenbad hofft Maier dann auf eine Typengenehmigung und damit auf eine weitere Beschleunigung.
Projekt im IBA-Netzwerk
Im März dieses Jahres wurde das modulare Hallenbad in das Netzwerk der Internationalen Bauausstellung IBA 27 aufgenommen. Dass es in der Übersichtskarte der IBA die Nummer 198 trägt, zeigt welchen Umfang das Netzwerk als Ergänzung zu den IBA-Projekten im engeren Sinn inzwischen angenommen hat. In das Netzwerk aufgenommen werden Bauvorhaben, „die sich ehrgeizig mit der Zukunft des Bauens, Wohnens und Arbeitens auseinandersetzen“, wie es auf der IBA-Webseite heißt.