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Aus für drittes Biosphärengebiet: Prüfprozess gestoppt

Im Oktober hatte der Gemeinderat von Bad Wurzach sich mit großer Mehrheit aus dem Vorhaben verabschiedet.
Manfred Bail)Fleischwangen. Ein drittes Biosphärengebiet für Baden-Württemberg ist vorerst vom Tisch. Nach jahrelanger Prüfung hat die Region Allgäu-Oberschwaben den Prozess offiziell beendet. Vorausgegangen war ein zunehmender Konflikt zwischen Befürwortern und Gegnern sowie der Rückzug vieler Gemeinden aus dem Verfahren. Der Kommunalpolitische Arbeitskreis Biosphärengebiet (KAB) kam zu der Einschätzung, dass das Projekt regional nicht mehr tragfähig sei, heißt es in einem Schreiben an Umweltministerin Thekla Walker (Grüne).
Der KAB-Sprecher und Vorsitzende des Prozessvorstandes, Timo Egger, nennt in dem Brief mehrere Gründe für das Scheitern. Die politische und wirtschaftliche Lage sowie gesellschaftliche Spannungen hätten einen ruhigen, faktenbasierten Dialog zunehmend erschwert. Der öffentliche Diskurs sei stark von einzelnen, sehr engagierten Interessengruppen geprägt worden. Auch widersprüchliche oder verkürzt weitergegebene Informationen hätten zu Verunsicherung geführt, so Egger, parteiloser Bürgermeister von Fleischwangen (Kreis Ravensburg).
Transparente Zonierung als wertvolle Grundlagen für spätere Vorhaben
Trotz der Entscheidung werden die fachlichen Ergebnisse, insbesondere die transparente Zonierung, als wertvolle Grundlagen für mögliche spätere Vorhaben betrachtet. Der Brief endet mit Dank an das Ministerium und alle Beteiligten sowie dem Bekenntnis, weiterhin an Vertrauen, Dialog und Zukunftsperspektiven der Region zu arbeiten.
In dem vorgesehenen Gebiet von Ostrach bis Leutkirch und von Wangen bis Bad Buchau sollten vor allem Moore und Naturschutzgebiete geschützt werden. Widerstand kam vor allem von Land- und Forstwirten. Sie befürchteten zu strenge Umweltschutzauflagen, zu viel Bürokratie. Im Oktober hatte der Gemeinderat von Bad Wurzach sich mit großer Mehrheit aus dem Vorhaben verabschiedet. Die Stadt Bad Waldsee (beide Kreis Ravensburg) war Anfang November aus dem Prüfprozess ausgeschieden.
Nabu: verpasste Chance für Mensch und Natur
Im Koalitionsvertrag von 2021 hatte sich die grün-schwarze Landesregierung darauf verständigt, ein drittes Biosphärengebiet für den Südwesten zu prüfen – nach den Vorbildern auf der Schwäbischen Alb und im Schwarzwald. Allgäu-Oberschwaben sollte folgen, weil 80 Prozent der Moorböden Baden-Württembergs in der Region liegen. Die Schutzfläche sollte 67.500 Hektar groß sein – das ist etwa ein Viertel des Saarlands.
Bei einem Biosphärengebiet handelt es sich um eine Region, in der Menschen, Natur und Wirtschaft im Einklang leben und arbeiten sollen, beispielsweise durch naturnahe Landwirtschaft, Moorschutz oder nachhaltigen Tourismus. In dem Gebiet soll die Umwelt geschützt und gleichzeitig die regionale Wirtschaft gestärkt werden.
Genau darin sahen die Befürworter große Chancen: Johannes Enssle, Landesvorsitzender des Naturschutzbunds (Nabu), sprach nach der Absage von einer „verpassten Chance für Mensch und Natur“. Millionenbeträge an möglichen Fördergeldern seien verloren – auch, weil sich „einflussreiche Landeigentümer“ gegen das Projekt gestellt hätten, so Enssle.