Klage stoppt den Chefwechsel im Staufener Rathaus

Wann der neue Bürgermeister ins Rathaus von Staufen im Breisgau in Rathaus einzieht, ist noch unklar.
IMAGO/Schoening)Staufen. Die Stichwahl vom 2. November hatte ein knappes Ergebnis. Der 36-jährige Staatsanwalt Benjamin Bröcker ist der gewählte Bürgermeister der 8500-Einwohner-Stadt im Kreis Breisgau-Hochschwarzwald. Er siegte mit 18 Stimmen Mehrheit vor Gilbert Weber, dem Kandidaten mit dem zweitbesten Ergebnis im ersten Wahlgang am 19. Oktober.
Eigentlich sollte Bröcker am 5. Dezember in sein Amt eingeführt werden, doch daraus wird nichts. Eine Klage vor dem Verwaltungsgericht Freiburg gegen den Wahlausgang verhindert die Einführung. Der Bündnisgrüne hätte sich als bestellter Bürgermeister von der absoluten Ratsmehrheit wählen lassen und so bis zur endgültigen Entscheidung der Wahlprüfung amtieren können.
Der Jurist will aber mit dem Amtsantritt warten, bis der demokratische Wahlvorgang rechtlich unanfechtbar sei. Das Verwaltungsgericht will er nicht übergehen und in einer ersatzweisen Form Rathauschef sein: „Ich habe als Bürgermeister kandidiert, nicht als bestellter Bürgermeister“, sagt er. Vielleicht spielte auch ein Problem mit dem Rückkehrrecht in den Landesdienst eine Rolle, wie mehrere Seiten berichteten. Falls nach erfolgreicher Klage Bröcker nicht erneut gewählt werde, hätte er als bestellter Bürgermeister möglicherweise seinen jetzigen Posten bei der Staatsanwaltschaft verloren – eine Überlegung, die Bröcker von sich weist.
Amtierender Bürgermeister verhindert Hängepartie
Um eine Hängepartie zu vermeiden, springt der amtierende Bürgermeister Michael Benitz ein und verlängert seine Amtszeit. Das kann er laut Gemeindeordnung, bis ein neuer Bürgermeister ins Amt kommt. Auf Bitten aus dem Rat hat Benitz zugesagt.
Seit 2001 ist der heute 62-Jährige im Amt. Vor knapp einem Jahr hatte er angekündigt, für eine vierte Amtszeit nicht mehr kandidieren zu wollen. Nun ließ er sich auf die Verlängerung ein, um die Wogen zu glätten und anstehende Projekte fortzuführen, wie er dem Staatsanzeiger sagte. In Staufen wird zum Beispiel am Faustforum gebaut, einem Bürgerzentrum mit Mediathek.
Benitz selbst hätte sich eine ganz andere Beschäftigung für das neue Jahr vorstellen können, etwa einfach mal ausspannen. „Immerhin hatte ich keine Reise zum Beginn meines Ruhestands geplant“, sagt er. Bröckers Haltung wollte Benitz nicht kommentieren. Ebenso verzichtet Bröcker auf eine Stellungnahme zur Verlängerung von Benitz, das sei Sache der Stadt Staufen. Die Erleichterung, dass Benitz eingesprungen ist, war etlichen Fraktionssprechern anzumerken. Sie zollen ihm ihre Wertschätzung, können aber auch die Haltung des gewählten Bürgermeisters verstehen, mit Ausnahme von Pia Riesterer. Die einstige CDU-Bewerberin hätte das Einspringen ihres siegreichen Konkurrenten Bröcker begrüßt, bezeichnet aber die jetzige Regelung als Segen.
Gericht bestimmt den Termin
Wie lange dieser Segen andauert, hängt vom Freiburger Verwaltungsgericht ab. Dort ist eine Klage gegen einen Bescheid des Freiburger Landratsamts anhängig, die laut Gericht möglicherweise erst im zweiten Quartal entschieden werde. Die Rechtsaufsicht im Kreis Breisgau-Hochschwarzwald hatte eine Beschwerde gegen den ersten Wahldurchgang und mittlerweile auch die Beschwerde gegen die Stichwahl zurückgewiesen. In beiden Fällen habe der Wahlausschuss richtig gehandelt, sagt Benitz, der dem Ausschuss vorsaß.
Wer klagt und weshalb, dazu machen weder Stadt, Landratsamt noch Gericht Angaben. Offenbar ging es um Regeln, die der Gemeinderat zur Plakatierung formuliert hatte. 20 Plakate in einer bestimmten Größe durften aufgehängt werden. Für CDU-Kandidatin Riesterer tauchten aber übergroße Plakate im offiziellen Wahlkampflook auf. Riesterer weigerte sich, sich davon zu distanzieren, obwohl sie als Stadträtin die Beschränkungen mitgestimmt hatte. Ihr Argument: Die Plakate hingen auf privatem Grund.
Gründe für das Wahlergebnis bleiben spekulativ
Im ersten Wahlgang landete Riesterer mit gut 21 Prozent auf Platz drei – warum nicht weiter vorne, sei Spekulation. Zum „sauberen Shitstorm“, den ihre Haltung zu den Plakaten ausgelöst hatte, gab es andere Störfeuer. Sie selbst habe mit dem Rechtsstreit nichts zu tun und kann den mutmaßlichen Klagegründen auch nichts abgewinnen. Es darum gehen, ob der Ausschuss mit seinem Drängen auf Beseitigung der Plakate richtig gehandelt hat.
Doppelbürgermeister
Benjamin Bröcker ist nicht nur gewählter Bürgermeister in Staufen, sondern auch ehrenamtlicher Bürgermeister in Horben, einem 1200-Einwohner-Dorf am Fuße des Schauinsland. Dies will er auch bis zum Ende seiner Amtszeit dort in 15 Monaten bleiben. So will er einen geordneten Übergang ermöglichen, wie er dem Staatsanzeiger sagt. Da die Position ehrenamtlich ist, sieht er keine Konflikte mit dem Hauptamt in Staufen, zumal es solche Konstellationen häufig gebe.