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S21: Stuttgart zieht Verfassungsbeschwerde zurück

Nach der Fertigestellung des Stuttgarter Tiefbahnhofs soll auf den Gleisflächen das größte Stadtbauprojekt seit 100 Jahren entstehen.
Arnim Kilgus)Stuttgart. Der Bau des geplanten Rosensteinviertels in Stuttgart hat zwei Hürden genommen. Der Gemeinderat hat die Kommunalverfassungsbeschwerde gegen Paragraf 23 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes zurückgezogen. Ein Rechtsgutachten kommt zu dem Schluss, dass die Gleisflächen vor dem Hauptbahnhof nach der Reform des Gesetzes für Wohnzwecke genutzt werden können.
Offene Fragen bestanden trotz Reform weiterhin
Die frühere Ampel-Regierung hatte den umstrittenen Passus in das Allgemeine Eisenbahngesetz aufgenommen. Er sah vor, dass ehemalige Gleisflächen nur entwidmet werden dürfen, wenn ein „überragendes öffentliches Interesse“ besteht – etwa für militärische Zwecke oder für Anlagen der erneuerbaren Energien. Bauprojekte wie das Rosensteinviertel wären demnach nicht realisierbar .
Die Stadt Stuttgart sah dadurch den Bau von bis zu 5700 Wohnungen gefährdet und reichte Ende vergangenen Jahres eine Kommunalverfassungsbeschwerde ein . Zwar änderte der Bundestag das Gesetz im Sommer 2025, doch blieb aus Sicht von Experten unklar, wann die Entwidmung zulässig ist. Demnach entfällt das Erfordernis eines überragenden öffentlichen Interesses nur, wenn eine Strecke nicht mehr benötigt wird, dauerhaft nicht genutzt wird oder Ersatz vorhanden ist – und die Wiederinbetriebnahme nicht verhindert wird. Ob dies in Stuttgart zutrifft, war umstritten. Der Bundesrat forderte die Bundesregierung zu einer klärenden Entschließung auf. Zudem hatten Rechtsexperten weiterhin ein Verkehrsbedürfnis für die Gäubahnstrecke erkann t.
Bürgerbegehren verfehlt Quorum knapp
Das Rechtsgutachten kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass bei einem „funktionalen Streckenbegriff“ die Wiederinbetriebnahme nicht verhindert wird, wenn für die Strecke Ersatz geschaffen wurde. Genau dies verspricht sich die Stadt vom neuen Tiefbahnhof. Und für die Gäubahn ist eine Anbindung zum neuen Tiefbahnhof über den Pfaffensteigtunnel geplant. Eine Verfassungsbeschwerde sei daher nicht mehr notwendig, ebenso die Klarstellung durch den Bundestag.
Zudem stellte der Gemeinderat die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens gegen die Bebauung Teilgebiets A2 fest. Das erforderliche Quorum von 20.000 Unterschriften wurde knapp um 165 verfehlt. Das Bebauungsplanverfahren wird fortgeführt. Planung, Rückbau, Geländeanpassung und Erschließung des Rosensteinviertels sollen bis zu 1,6 Milliarden Euro kosten. Der Rückbau der Gleise soll laut Stadt „zügig nach der kompletten Eröffnung des neuen Hauptbahnhofs Mitte 2027 beginnen“. Somit könnten schrittweise ab Anfang der 2030er‐Jahre die ersten Maßnahmen starten.
Gegner: Regierungspräsidium soll Planungskosten prüfen
Für die Fraktion „Linke SÖS Plus“ im Gemeinderat ist das Bauprojekt angesichts der angespannten städtischen Haushaltslage nicht umsetzbar. „Durch die Verschiebung der Inbetriebnahme von Stuttgart 21 ist klar, dass sich auch alle geplanten Aktivitäten für Rosenstein auf unbestimmte Zeit verschieben werden“, sagt Fraktionssprecherin Johanna Tiarks. Statt Millionen an Planungskosten auszugeben, sollten die geplanten Kürzungen im Kulturbereich vermieden und die Kita-Gebühren auf dem Stand belassen, auf dem sie sind.
Die Fraktion habe nun das Regierungspräsidium eingeschaltet, „um prüfen zu lassen, ob die Stadt erhebliche finanzielle Ressourcen für ein Stadtentwicklungsprojekt investieren darf“, so Linke SÖS Plus-Sprecher Hannes Rockenbauch, der auch eine von drei Vertrauenspersonen des Bürgerbegehrens war.