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Fehler bei Bürosanierung

Ein Bürgermeister kollidiert mit dem Vergaberecht

Maulbronns Bürgermeister Aaron Treut ist bei der Sanierung seines Büros unerwartet mit den Tücken des Vergaberechts kollidiert. Teile des Gemeinderats werfen ihm vor, bei der Auftragsvergabe gegen Regeln verstoßen zu haben. Treut spricht von einem „Politikscharmützel“ und zieht Konsequenzen.
Lächelnder Mann in Anzug mit Krawatte vor grauem Hintergrund.

In Maulbronn ließ Bürgermeister Aaron Treut sein Bürgermeisterbüro für rund 82 000 Euro generalsanieren und geriet ins Kreuzfeuer einiger Gemeinderäte.

Illustration: Adobe Stock/GN.Studio,
Montage: Hoß)

Maulbronn . Es ist wohl das meistdiskutierte Büro im Enzkreis. Für rund 82.000 Euro hat Bürgermeister Aaron Treut (parteilos) seinen in die Jahre gekommenen Arbeitsplatz modernisieren lassen . Er sitzt an seinem neuen Besprechungstisch, an der Wand eine große Landkarte, die er „tagtäglich nutzt“. „Was ich hier um mich herum habe, ist in der Industrie Standard. Und es muss auch einem gewissen Anspruch an Repräsentation genügen“, sagt er. Gerade in einer Stadt mit Weltkulturerbe-Status, die international wahrgenommen werde.

Dennoch hat ihn all das viel Nerven gekostet. Ein Einzelauftrag überschritt die in der Haushaltssatzung festgelegte Grenze von 25.000 Euro, bis zu der er als Bürgermeister Aufträge eigenständig vergeben darf, ohne den Gemeinderat einzubeziehen. „Letztlich habe ich diese Grenze um 300 Euro überschritten – weil ich den Tisch um 20 Zentimeter verbreitern und einen Stellmotor einbauen ließ“, erklärt Treut. Ein Fehler mit großer Wirkung. Einige Räte setzten einen Ausschuss zur Akteneinsicht ein und warfen ihm Verstöße gegen Gemeindeordnung, Vergaberecht und Hauptsatzung vor. So seien etwa zu wenige Vergleichsangebote eingeholt und das Wirtschaftlichkeitsgebot missachtet worden.

Ein Macher, der Millionen-Budgets verantwortet hat

Treut selbst sieht sich als Quereinsteiger. 2023 wurde er mit knapp 70 Prozent der Stimmen zum Bürgermeister gewählt. Schon seit 2011 hat er als Ortsvorsteher in Bretten-Ruit nebenberuflich kommunalpolitisch Erfahrung gesammelt. Als Diplom-Wirtschaftsingenieur hat er über 20 Jahre in der Automobilindustrie gearbeitet. Er habe Millionen-Budgets verantwortet, sagt er. Ein Macher, der die engen Spielräume in der öffentlichen Verwaltung erst lernen musste.

Treut nimmt die Panne sehr ernst und entschloss sich, tiefer ins Vergaberecht einzusteigen. Vier Tage lang hat er ein Fachseminar besucht, um Fallstricke in den Verfahren künftig frühzeitig zu erkennen. Auf seinem Tisch liegt ein 229-Seiten-starkes Manuskript, das Neueinsteiger bei der Beschaffung von Bau-, Liefer- und Dienstleistungen firm machen soll.

„Das Seminar hat mir allerdings auch gezeigt, wie komplex das Vergaberecht ist“, sagt Treut. Bürgermeister – und da sei er sicher nicht der Einzige – hätten damit immer größere Probleme. Daher will er bei der Beschaffung künftig stärker auf Fachleute setzen. Gleich nach dem Seminar hat Treut ein Treffen mit den Experten der zentralen Vergabestelle im Landratsamt in Pforzheim vereinbart. Dieser Service ist neu. Maulbronn gehört zu fünf Pilotkommunen im Enzkreis, die auf externe Vergabekompetenz zurückgreifen können.

„Eine Matrix definiert, wann die zentrale Vergabestelle übernimmt und was die Stadtverwaltung selbst beschaffen kann“, erklärt er. Bei großen Beschaffungen etwa übernimmt die zentrale Vergabestelle die komplette vergaberechtliche Abwicklung der formellen Verfahren, während Bedarfsermittlung und fachliche Bewertung im Fachamt der Kommune bleiben.

„Der Gemeinderat hat das einstimmig beschlossen und war froh, dass wir juristische Unterstützung bekommen“, erklärt Treut. Die Expertise soll nun auch bei den anstehenden Großprojekten zum Einsatz kommen. Etwa bei der Sanierung des Klostersees für 5,8 Millionen Euro. Treut hat bereits Termine mit der zentralen Vergabestelle zur fachlichen Vorbereitung der europaweiten Ausschreibung anberaumt.

Externe Experten helfen bei Großprojekten

Die Zusammenarbeit ist auch für ein weiteres Großprojekt vorgesehen: „Maulbronn Mitte“, das die Sanierung einer Industriebrache, den Neubau des Ratssaals und die Sanierung des Rathauses umfasst. „Ende letzten Jahres haben wir dafür eine Förderzusage über 7,8 Millionen Euro bekommen“, sagt Treut. Und auch die Wogen im Gemeinderat will er wieder glätten. Den Konflikt mit den Räten wolle er mit einer Mediation aufarbeiten, verspricht er.

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