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Bundesteilhabegesetz: Träger und Kreise im Endspurt für Verhandlungen?

Die Leistungen für Menschen mit Behinderungen müssen neu verhandelt werden. Doch die Frist des Bundesteilhabegesetzes dürfte mancherorts kaum einzuhalten sein. Die FDP im Landtag informiert sich über den Stand der Reform für Menschen mit Behinderung.

Die Stadt- und Landkreise müssen die Kosten für die Leistungen für Menschen mit Behinderung mit den Sozialträgern neu verhandeln.

dpa/BSIP/AMELIE-BENOIST)

STUTTGART. Es ist eine Mammutaufgabe für die Stadt- und Landkreise und ein Paradigmenwechsel in der Behindertenhilfe: das Bundesteilhabegesetz. Leistungen für Menschen mit Behinderung werden nicht länger einrichtungszentriert, sondern personenzentriert bereitgestellt. Doch dafür müssen die Stadt- und Landkreise diese Leistungen mit den Sozialträgern neu verhandeln. Nach mehrmaliger Fristverlängerung soll dies bis Ende des Jahres geschehen sein.
Die FDP im Landtag hat sich im Februar beim Sozialministerium über den Stand der Umsetzung erkundigt. Derzeit befinden sich viele Leistungserbringer der Eingliederungshilfe mit den Trägern der Eingliederungshilfe in Verhandlungen, heißt es in der Antwort von Sozialminister Manne Lucha (Grüne), die im Mai veröffentlicht wurde. Die Lage im Land hierzu sei sehr heterogen und örtlich sehr unterschiedlich. Auf beiden Seiten würden dafür sehr viel Energie und viele Ressourcen eingesetzt.


„Die Zahlen sind noch nicht zufriedenstellend“

Nach Angaben des Kommunalverbands für Jugend und Soziales (KVJS) waren zu Beginn des Jahres für 3252 Angebote für Erwachsene und 336 Angebote für Kinder und Jugendliche Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen zu schließen, heißt es in der Antwort. Zu Verhandlungen sei für 1729 Angebote für Erwachsene (53 Prozent) aufgefordert worden und für 46 Angebote für Kinder und Jugendliche (14 Prozent). Es seien für 65 Angebote für Erwachsene Verträge geschlossen worden (zwei Prozent). Bei Angeboten für Kinder und Jugendliche gab es damals noch keine Abschlüsse. Angebote, die ohne Beteiligung des KVJS verhandelt werden, sind hier nicht enthalten. „Diese Zahlen sind aus Sicht der Landesregierung bislang noch nicht zufriedenstellend“, schreibt Lucha in der Antwort auf den Antrag der FDP. Aber: Nach Einschätzung des Sozialministeriums wird es 2023 zu einem erheblichen Fortschritt kommen. 
Der KVJS betont, dass die die Zahlen quartalsweise erhoben werden. „Die Anzahl der Aufforderungen erhöht sich, wie auch die Anzahl der Verhandlungsergebnisse, derzeit täglich“, teilt Nicole Henninger mit. Zum Stichtag Ende März lagen die Aufforderungsquoten bei bis zu 65 Prozent der jeweiligen Leistungsangebote. Die nächste Erhebung erfolgt zum 30. Juni. „Schätzungsweise liegt die Anzahl der verhandelten Leistungen zwischenzeitlich deutlich im dreistelligen Bereich“, erläutert Henninger weiter.
Die Verhandlungen haben sich in den vergangenen Jahren als mitunter mühselig und langwierig dargestellt. Gründe dafür mögen die mit der Systemumstellung verbundenen Befürchtungen um die finanziellen Folgen sein, so die Liga der freien Wohlfahrtspflege (Liga-BW). Mit der Systemumstellung ist auch verbunden, dass die Bedarfe der Menschen mit Behinderung nach einem in Baden-Württemberg einheitlichen Verfahren neu erhoben werden müssen. Das Land finanziert die Umstellung bei den Leistungserbringern mit 15,5 Millionen Euro, wovon 14,6 Millionen Euro abgerufen wurden.


Lucha will keine pauschale   Übergangsregelungen

Allerdings sei in den vergangenen Wochen eine deutliche Veränderung im Verhandlungsgeschehen zu erkennen, so die Liga-BW. Es kämen Einigungen zustande, die dann auch Flächenwirkung entfalten. Somit sei eine deutliche Beschleunigung des Verhandlungsgeschehens zu erkennen. „Dennoch wird es nicht reichen, alle Leistungsangebote bis zum Ende 2023 auf die neue Systematik umzustellen“, so eine Sprecherin.
Die FDP will in dem Antrag wissen, ob die Frist zur Umsetzung bis Ende 2024 verlängert werden soll. Nein,  so Lucha. Die Landesregierung sehe über den 31. Dezember 2023 hinaus im Landesrahmenvertrag keine Veranlassung und keinen Bedarf, weitere pauschale und allgemeine Übergangsregelungen vorzuhalten. Eine erneute Verlängerung des Übergangszeitraums würde diejenigen benachteiligen, die sich mit großen Anstrengungen an die durch die Vertragspartner festgelegten Fristen gehalten haben.
Eine weitere Fristverlängerung befürwortet auch die Liga der freien Wohlfahrtspflege nicht: „Für die Leistungsangebote, für die es nicht gelingt, bis zum Jahresende 2023 die Leistungen umzustellen, müssen vor Ort individuelle Vereinbarungen getroffen werden.“

Quelle/Autor: Philipp Rudolf

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