Nachhaltige Städte: Studie zeigt Thesen für eine zukunftsfähige Verwaltung

Städte und Gemeinden stehen vor tiefgreifenden Umbrüchen. Das erfordert auch neue interne Strukturen in den Rathäusern. Wie Kommunalverwaltung heute aufgestellt sein muss, um aktuellen Anforderungen gerecht zu werden, beleuchtet eine neue Studie der Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl.

Eine nachhaltige Stadtentwicklung „nach außen“ setzt eine nachhaltige Verwaltungsentwicklung „nach innen“ voraus, so die These einer Studie.

dpa/ Max)

KEHL. Verwaltung und Innovation? Für viele eine „steile These“. Doch gerade in Verwaltungen ist das Erneuern, wofür der lateinische Begriff „innovare“ steht, angesichts fundamentaler Herausforderungen nötig. Jürgen Kegelmann umschreibt dieses gefühlte organisatorische Chaos, das sich gerade jetzt in der Corona-Krise zeigt, gern mit dem Begriff „vuca“. „Die Welt ist volatil, unsicher, komplex und mehrdeutig“, sagt der Professor für Verwaltungsmanagement an der Hochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl.

Mit anderen Worten: Alles wird schneller und komplexer. Verwaltung fällt es zunehmend schwer, ihre Umwelt – basierend auf Plänen – gezielt zu steuern und zu kontrollieren, wie sie es seit Jahrzehnten praktiziert. Diese Philosophie des Gesicherten geht in einer Vuca-Welt nicht mehr auf. „Vieles ist eben nicht mehr vorhersehbar. Das erfordert nicht nur die Fähigkeit zur Improvisation, sondern vor allem zur Innovation“, so Kegelmann.

Nachhaltige Entwicklung „nach innen“ vorausgesetzt

Die Hochschule Kehl hat im Auftrag des Bundesverbands für Wohnen und Stadtentwicklung (VHW) zum Thema „Nachhaltige Stadtentwicklung durch nachhaltige Verwaltungsentwicklung“ geforscht und eine gleichnamige Publikation dazu verfasst. Autor ist Jürgen Kegelmann zusammen mit Christine Schweizer, Albert Geiger, Martin Kurt und Niki Lang.

Die im November vorgelegte Studie geht der Frage nach, wie Kommunalverwaltungen aufgestellt sein müssen, um den derzeitigen gesellschaftlichen Anforderungen erfolgreich zu begegnen und sie zu gestalten.

Die These: Eine nachhaltige Stadtentwicklung „nach außen“ setzt eine nachhaltige Verwaltungsentwicklung „nach innen“ voraus. Dabei baut die Studie auf Erkenntnissen auf, die die Hochschule Kehl gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut und beteiligten Kommunen in einem „Innovationsnetzwerk“ diskutiert und abschließend auch formuliert hat. Basis des aktuellen Gutachtens waren Untersuchungen vor Ort sowie in Interviews in drei Städten: Burgwedel in Niedersachsen sowie Mannheim und Filderstadt (Landkreis Esslingen) in Baden-Württemberg. Hier wurden 19 Thesen, wie eine nachhaltige Verwaltung aufgestellt sein sollte, geprüft und in einem Workshop zum Schluss auch diskutiert. „Am Ende standen zahlreiche Erkenntnisse für uns“, so Kegelmann.

Was also zeichnet die Verwaltung von Morgen aus – und wie kommt sie dahin? Ihrer Arbeit liegt ein gemeinschaftlich erstelltes Leitbild zugrunde, an dem sich das Handeln ausrichtet. Das orientiere sich konsequent an den Menschen vor Ort, egal ob als Kunde, Bürger oder Mitgestalter des Gemeinwesens.

Hohes Maß an Proaktivität und Eigenverantwortung

Die Verwaltung der Zukunft hat Routineaufgaben standardisiert und digitalisiert und kann sich so komplexen Aufgaben widmen. Da es viel um die Gestaltung von Prozessen geht, legt sie großen Wert auf Kommunikation. Ihre Haltung ist offen, tolerant und sowohl kunden- als auch ergebnisorientiert. Und die Mitarbeitenden zeichnen sich durch ein hohes Maß an Proaktivität und Eigenverantwortung aus. Nicht zuletzt halten die Strukturen eine gesunde Balance zwischen Stabilität und Flexibilität.

Damit stellt die Verwaltung von morgen Grundmerkmale der Bürokratie, wie sie in Deutschland seit gut 100 Jahren gelten, teilweise infrage. Im Rathaus ist jegliches Handeln an Recht und Gesetz ausgerichtet. Die Verwaltungspraxis ist daher immer noch stark an Zuständigkeiten und Hierarchie ausgerichtet. Gerade in Baden-Württemberg hat der Bürgermeister zentral alle Macht, seine Mitarbeitenden anzuweisen, sie zu dirigieren. Nicht zuletzt muss jeder Verwaltungsakt aktenkundig gemacht werden.

„Bei solch harten Strukturen bleibt die Innovationskraft zuweilen auf der Strecke“, so Kegelmann. Denn Hierarchiedenken, Spezialisierung – „Ich bin nicht zuständig“ – oder eine starke Formalisierung stellen schwer zu überwindende Barrieren für Innovation dar.

Wenn „der Chef“ entschieden hat, hemmt das beispielsweise die Bereitschaft, selbst die Lösung für ein Problem zu suchen oder gar die Verantwortung zu übernehmen. Fazit: „Es gibt Hemmnisse bei der Modernisierung einer Verwaltung, die vor allem in der klassischen Organisationskultur begründet sind.“

Die Studie „Nachhaltige Verwaltungsentwicklung“ unter: https://kurzelinks.de/Zukunftstadt

Quelle/Autor: Katy Cuko

Nutzen Sie die Vorteile unseres

Premium-Abos. Lesen Sie alle Artikel aus Print und Online für

0 € 4 Wochen / danach 167,00 € jährlich Nachrichten aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren

Lesermeinungen

Bitte loggen Sie sich ein, um zu kommentieren.