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Reservisten

Die Verwaltungen sind auf Wehrübungen vorbereitet

Wenn sich Verwaltungsmitarbeiter freiwillig zum Reservedienst für die Bundeswehr verpflichten, sind öffentliche Arbeitgeber gefordert. Freistellungen werden meist gewährt. Doch die Arbeit muss von Kollegen erledigt werden. Die Verwaltungen profitieren aber auch von den Erfahrungen der Reservisten.

Für viele Arbeitgeber in Deutschland ist eine Freistellung ihrer Beschäftigten für eine Wehrübung alles andere als selbstverständlich. Der öffentliche Dienst hingegen ist seit Jahrzehnten schon auf Reserveübungen vorbereitet, sagt Kai Rosenberger vom Beamtenbund Baden-Württemberg.

dpa/Christoph Schmidt)

Stuttgart. Wie viele es sind, wissen die Verwaltungen gar nicht so genau. Weder das Regierungspräsidium Karlsruhe noch die Stadt Stuttgart können Zahlen nennen, was die Zahl der aktiven Reservisten unter den Mitarbeitern angeht.

Deren Bedeutung hatte die Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestags Eva Högl erst wieder in ihrem aktuellen Jahresbericht unterstrichen und in Sachen Reservedienst angemahnt: „Für viele Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ist eine Freistellung ihrer Beschäftigten für eine Wehrübung leider nach wie vor keine Selbstverständlichkeit“, so Högl. Der öffentliche Dienst stehe deshalb „in einer besonderen Verantwortung und Vorbildfunktion, um seinen Beitrag für eine starke Reserve zu erfüllen“.

Das tun die öffentlichen Arbeitgeber auch. Das ist die Erfahrung von Markus Scholl. Er ist Sachgebietsleiter beim Zentralen Konzernprüfungsamt Stuttgart und Oberstleutnant der Reserve. „Die Freistellungen für Wehrübungen durch das Finanzamt verliefen immer sehr gut und problemlos“, berichtet Scholl.

Bis zu sieben Tage Freistellung zum Reservedienst

Auch die Landeshauptstadt unterstützt „grundsätzlich dieses Engagement“. Die Entscheidung über eine Freistellung zum Reservedienst liegt bei einem Umfang von bis zu sieben Tagen bei dem zuständigen Amt, darüber hinaus treffe das Haupt- und Personalamt die Entscheidung. Ein Antrag auf Freistellung könne abgelehnt werden, wenn der Arbeitnehmer für die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung seiner Dienstbehörde unentbehrlich ist. Hierzu, sagt Oliver Hillinger von der Pressestelle, wäre ein Antrag auf Zurückstellung von der Dienstleistungspflicht nach dem Soldatengesetz durch den Arbeitgeber zu stellen. „Ein solcher Vorgang ist uns bei der Landeshauptstadt Stuttgart jedoch nicht bekannt.“

Am Regierungspräsidium Karlsruhe gebe es „eine kleine Zahl von Reservisten, die regelmäßig freigestellt werden“, erklärt Irene Feilhauer von der dortigen Pressestelle. Dass in dem Verfahren eine gewisse Routine liegt, betont auch Kai Rosenberger vom Beamtenbund Baden-Württemberg. „Grundsätzlich sind die Verwaltungen seit Jahrzehnten auf Reserveübungen vorbereitet. Da die Einberufung mit Vorlauf erfolgt, stellt die zeitweise Freistellung der Beamten in der Regel keine größeren Probleme dar.“ Nur wenn der Reservist aktuell in der öffentlichen Verwaltung unverzichtbar ist, werde er über eine Unabkömmlichkeitsbescheinigung von der Reserveübung freigestellt.

Doch auch wenn der Kollege Reservist nicht unabkömmlich ist: Seine Arbeit erledigt sich in der Zeit der Abwesenheit nicht von selbst. „In den meisten Bereichen“, meint Markus Scholl, „müssen es die Kollegen auffangen – oder die Arbeit bleibt liegen und man muss es nacharbeiten.“ Generell gäbe es mit der Freistellung der Reservisten kaum Schwierigkeiten. „In der freien Wirtschaft gibt es eher Probleme.“ Doch es sind Einzelfälle – „nicht weil die Arbeitgeber den Reservedienst ablehnen, sondern weil es einfach zu wenig Beschäftigte gibt.“

Im RP Karlsruhe bereiten laut Feilhauer Freistellungen wegen der geringen Zahl keine Schwierigkeiten. Denn sowohl die Allgemeinheit profitiere von der Landesverteidigung, aber auch für das RP ergäben sich zahlreiche innerdienstliche Kontakte. „Reservisten können hier in der Kommunikation eine ,Brückenfunktion einnehmen, da die interne ,Verwaltungssprache“ und die „Militärsprache gelegentlich einer ,Übersetzung bedarf“, so Feilhauer.

Einberufungen werden mit den dienstlichen Aufgaben abgewogen

In Stuttgart sieht man die Herausforderung bei der bezahlten Freistellung für Wehrübungen darin, „die Abwesenheiten zu kompensieren und möglichst auf solche Zeiten zu legen, die am wenigsten zu Friktionen führen“. Einberufungen würden in aller Regel vorab mit den dienstlichen Aufgaben abgewogen. Im Einzelfall könne sich aus dem Reservedienst auch eine direkt positive Wirkung ergeben „wenn die dortigen Erfahrungen auch bei der Stadt nützlich sind“.

Markus Scholl jedenfalls ist vom Doppelleben als Finanzbeamter und Oberstleutnant der Reserve überzeugt. „Deutschland bietet und gibt uns viel, und ich möchte einen Beitrag leisten, dass wir in Frieden und Freiheit leben können. Es lohnt sich, die Demokratie zu verteidigen.“

Wehrbericht: Die Zahl der Reservisten ist noch zu niedrig

Im Berichtsjahr 2024 waren laut Wehrbericht 49 244 Reservistinnen und Reservisten beordert. „In diesem Zeitraum unterstützten 20 074 Reservistendienstleistende – beorderte und nicht beorderte – die aktive Truppe in 47 264 Dienstleistungen, deren Dauer sich von einem Tag bis zu zwölf Monaten erstreckte.“ Auch wenn die Zahlen gegenüber den Vorjahren steigen: Der Wehrbericht konstatiert, dass „die Zahl der beorderten Reservistinnen und Reservisten derzeit noch zu niedrig“ sei. (Deutscher Bundestag, Drucksache 20/15060)

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