Themen des Artikels

Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen

Onboarding

Studie: Mit weniger Personal mehr Wirkung entfalten

In den Amtsstuben im Südwesten wird das Personal knapp, das Gerangel um kompetente Kräfte auf dem Arbeitsmarkt ist beträchtlich. Eine neue Studie empfiehlt, aus der Not eine Tugend zu machen - und die Arbeitsweise im öffentlichen Dienst.
Vier Puzzleteile mit Menschen, Hand fügt ein Teil hinzu.

Effiziente Personalplanung, Digitalisierung und optimierte Abläufe sind entscheidend, um Mitarbeiter zu entlasten und Ressourcen besser zu nutzen.

Nuthawut - stock.adobe.com)

Stuttgart/Köln. Es herrsche ein regelrechter Kampf um Köpfe und Quereinsteiger – so beschrieb vor einigen Monaten die Badische Zeitung die Lage bei der Stadtverwaltung in Freiburg . In vielen Ämtern und Dezernaten seien Stellen nicht besetzt. Die zu dünne Personaldecke wiederum führe teilweise zu Fehlern, zu langen Wartezeiten für Bürger und zu hohen Krankenständen.

Freiburg ist keine Ausnahme. In ganz Baden-Württemberg hört man vergleichbare Berichte aus der öffentlichen Verwaltung. Die Stellenausstattung sei zu dürftig und zusätzlich blieben Stellen zum Teil auch noch frei mangels passender Bewerber.

Eine aktuelle Strategiestudie der Personalberatung Arbeitgebergold in Köln greift die Problematik auf. Das Consultingunternehmen hat sich auf die Unterstützung des öffentlichen Dienstes spezialisiert und hilft Verwaltungen, Behörden und kommunalen Unternehmen bei der strategischen Personalgewinnung und Organisationsentwicklung. Ein wichtiges Werkzeug sind dabei Auswertungen von Datenbeständen aus bereits erfolgten Optimierungsprojekten.

Wer denke, man könne sich irgendwie durchwursteln, liege falsch, warnt Peer Bieber, Geschäftsführer bei Arbeitgebergold. Denn nun stehe dem öffentlichen Dienst in Deutschland erst einmal noch eine veritable Pensionierungswelle bevor. “Bis 2030 scheidet mehr als ein Drittel der Beschäftigten altersbedingt aus – besonders in Schlüsselbereichen wie IT, Bau und Soziales“, so der Experte.

Die Lage mache ein radikales Umsteuern erforderlich, lautet das Fazit Biebers. „Der öffentliche Dienst hat kein Personalproblem, sondern ein Strukturproblem“, erläutert er. Doch es gibt Hoffnung: Wer jetzt richtig umsteuere, könne künftig auch mit weniger Personal mehr Wirkung entfalten, so seine Verheißung.

Laut der Studie entfallen aktuell bis zu 40 Prozent der Arbeitszeit in der öffentlichen Verwaltung auf Tätigkeiten, die automatisierbar wären. Hinzu komme, dass jede zweite Bewerbung nicht an der Lage auf dem Arbeitsmarkt scheitert, sondern an Schwächen und Mängeln beim Verfahren zu Personalbeschaffung.

Die Strategiestudie zeigt vier Stellschrauben auf, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Mit einer datenbasierten Personalplanung ließen sich bis zu 30 Prozent der Neueinstellungen vermeiden, ohne an Leistung einzubüßen. “Wer nur ersetzt, was wegbricht, verliert nicht nur Personal, sondern auch Richtung und Ziel“, sagt Bieber. Ziel müsse sein, Arbeitsabläufe so umzustellen, dass die vorhandenen Kräfte optimal genutzt werden.

Dazu gehöre die Automatisierung. Dieses Thema müsse aktiv angegangen werden, denn so lasse sich die Arbeitslast, die bei den Mitarbeitern verbleibe, um fast die Hälfte senken. Dies sei aber wiederum nur realisierbar, wenn die Digitalisierung mit Macht Einzug halte. Ein vierter Punkt sei die Verbesserung der Bewerbungs- und Einstellungsverfahren sowie des Onboardings. Hier gelte es schneller zu werden und Frust und Missverständnisse bei Interessenten und neuen Kräften zu vermeiden.

Beim Beamtenbund Baden-Württemberg ist man sich der Herausforderungen bewusst. “Gerade bei der Digitalisierung gäbe es erhebliches Potenzial für Entlastung“, sagt Kai Rosenberger, der Landesvorsitzende.

Allerdings sei hier entscheidend, dass es endlich zu einem einheitlichen, abgestimmten Vorgehen zwischen Kommunen, Land und Bund komme. Bislang gebe es beispielsweise noch viel zu oft inkompatible Systeme, was am Ende teils sogar noch zu Zusatzarbeit führen könne. Nur wenn es gelinge, zu einem gemeinsamen, koordinierten Vorgehen zu gelangen, seien Effizienzgewinne in großem Stil zu erwarten. Dies sei schon lange die Forderung des BBW.

Was die Personalgewinnung angeht, sei es entscheidend, die Attraktivität einer Tätigkeit in der öffentlichen Verwaltung sicherzustellen. Die aktuellen Debatten um eine Zurückdrängung des Beamtentums auf den absoluten Kernbereich staatlicher Tätigkeit sei nicht nützlich. Auch seien Forderungen nach einer einheitlichen Rentenkasse, in die auch Beamte einzahlen sollen, kontraproduktiv.

Beamtenbund sieht erhebliches Potenzial für mehr Effizienz

“Und natürlich gibt es durch bessere Organisation und Optimierung bei Arbeitsabläufen ganz erhebliches Potenzial für mehr Effizienz“, betont Rosenberger. Aber dies könne nur dann gelingen, wenn die einzelnen Beschäftigten nicht schon am Anschlag seien wegen langer Arbeitszeiten und einem Berg von noch nicht erledigter Arbeit.

Umstellungen bei der Organisation müssten laut Rosenberger deshalb immer auch mit Entlastungen für die Beschäftigten verbunden sein. Dann stimme die Motivation und es gebe auch die nötige Kraft und Energie, dies Umstellungen zu bewältigen, sagt der Beamtenbundchef.

Nutzen Sie die Vorteile unseres

Premium-Abos. Lesen Sie alle Artikel aus Print und Online für

0 € 4 Wochen / danach 199 € jährlich Nachrichten aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren

Lesen Sie auch