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Studie: Persönliche Bindung ist wichtig, nicht die Präsenz

Studien zeigen, dass eine Präsenzpflicht keinen Produktivitätsgewinn bringt. Illustration: Imago/cocoon studio, Montage: Hoß
IMAGO/cocoon studio)Konstanz/Hamburg. Fünf Jahre nach dem ersten Corona-Lockdown zeigt die Konstanzer Homeoffice Studie 2025, dass hybrides Arbeiten der neue Standard ist: 75 Prozent der Befragten bevorzugen eine Kombination aus Büro und Homeoffice. Nur sechs Prozent möchten ausschließlich im Büro arbeiten, 19 Prozent ausschließlich mobil. Im Schnitt wünschen sich Beschäftigte 2,77 Homeoffice-Tage pro Woche – Beschäftigte ohne Führungsverantwortung sogar 2,90 Tage.
„Das Homeoffice ist für viele inzwischen ein zentraler Faktor bei der Jobsuche“, schreiben die Studienautoren: 71 Prozent geben an, dass es ein entscheidendes Kriterium bei der Wahl des Arbeitgebers sei. Trotz öffentlicher Debatten ist eine Rückkehr zur vollständigen Präsenzpflicht selten, auch wenn große Unternehmen wie SAP, VW oder die Deutsche Bank am liebsten ihre Mitarbeiter wieder die ganze Woche im Unternehmen hätten.
Erhöhte Präsenzpflicht führt zu höherer Erschöpfung
Die Konstanzer Studie zeigt, dass eine erhöhte Präsenzpflicht mit höherer emotionaler Erschöpfung einhergeht ohne messbaren Produktivitätsgewinn. „Beschäftigte in flexiblen Modellen berichten sogar von einem subjektiven Leistungsplus von fünf Prozent“, heißt es weiter.
Zudem zeigt sich ein Einstellungswandel unter Führungskräften: Nur noch ein knappes Viertel befürchtet relevante Kommunikationsprobleme durch mobiles Arbeiten – das sind halb so viele wie im Vorjahr. Und der Wunsch nach mehr Präsenzpflicht ist auch unter Führungskräften um acht Prozentpunkte zurückgegangen.
Besonders kritisch sehen das Thema jedoch Mitglieder der Geschäftsführung (32 Prozent). Ihre Sorge ist, dass wenn die Arbeitnehmer sich nicht mehr regelmäßig persönlich sehen, die Zusammenarbeit leidet, Beziehungen verblassen und die Organisationen beginnen zu zerfallen.
Nun gibt es eine neue Studie von der Kühne Logistics University (KLU), eine staatlich anerkannte, private Wirtschaftshochschule mit Sitz in Hamburg. Und die besagt, dass es gar nicht entscheidend ist, wie viele Tage jemand im Büro sitzt. Der wahre Treiber für starke Arbeitsbeziehungen sei laut KLU, ob Mitarbeitende das Gefühl haben, dazuzugehören und sich mit ihrer Organisation identifizieren.
„Wir führten zwei mehrwellige Studien durch, um die Auswirkungen von Hybridarbeit auf Arbeitsbeziehungen zu untersuchen“, schreiben die Studienautoren Prisca Brosi und Christian Tröster. Ergebnisse: Hybrides Arbeiten verstärkt einerseits die Sorge, Beziehungen zu verlieren. Andererseits reagierten Beschäftigte mit starker organisatorischer Identifikation auf diese Sorge mit aktiven Handlungen: Sie meldeten sich proaktiv, verteidigten die Ideen von Kollegen oder boten Hilfe außerhalb ihrer eigentlichen Aufgaben an. Diese kleinen Gesten hielten bestehende Verbindungen lebendig.
Bei Beschäftigten mit schwacher Identifikation hingegen führte die Sorge um den Beziehungsverlust selten zu Handlungen. Ihre Beziehungen waren deutlich anfälliger. „Hybridarbeit motiviert Menschen dazu, ihre Beziehungen zu schützen – aber nur, wenn ihnen die Organisation am Herzen liegt“, schreiben Brosi und Tröster.
Die physische Anwesenheit im Büro bindet nicht automatisch
„Regeln wie die von SAP oder der Deutschen Bank setzen voraus, dass physische Anwesenheit automatisch Bindungen schafft. Fehlt jedoch die Identifikation, können solche Vorgaben nach hinten losgehen: Sie erzeugen Frust und untergraben Vertrauen“, bilanzieren die Autoren.