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Trauerbegleitung: Zu Führung gehört Rückhalt bei persönlichen Krisen

Schätzungsweise jeder zehnte Beschäftigte befindet sich in einem Trauerprozess. Das hat oft auch Auswirkungen auf die Arbeit und die Beziehungen am Arbeitsplatz. Für Unternehmer und Führungskräfte ist es daher ratsam, sich darüber Gedanken zu machen, wiem Betrieb mit den Themen Tod und Verlust umgegangen werden soll.
Eine Frau sitzt in einem Büro, während ihre Kollegin sie tröstet

Wenn Mitarbeiter wegen eines Trauerfalls leiden, sollten Führungskräfte Unterstützung anbieten, raten Trauerbegleiter.

dpa-TmnChristin Klose)

VAIHINGEN/ENZ. „Wir raten Unternehmen, dieses Thema proaktiv anzugehen“, sagt Iris van Bergen. Die Trauerbegleiterin aus Vaihingen an der Enz ist Mitglied im Netzwerk „Trauer am Arbeitsplatz“, einem Zusammenschluss von Trauerbegleitern aus Deutschland und Österreich.

Hilfreich und ratsam für Arbeitgeber sei es, es beispielsweise bei Mitarbeiterveranstaltungen, Betriebsversammlungen und Bereichsworkshops anzusprechen. „So kann man den Mitarbeitern Sicherheit im Umgang mit den Themen Tod und Trauer geben“, erklärt van Bergen. Denn ein Trauerfall im Unternehmen sei stets eine Herausforderung für alle Beteiligten. Dies kann im ungünstigen Fall erhebliche Störungen im Arbeitsablauf nach sich ziehen.

Man könne davon ausgehen, dass etwa jeder zehnte Beschäftigte sich gerade in einem persönlichen Trauerprozess befinde, teilt das Netzwerk mit. Solche Prozesse können durchaus auch noch mit zeitlichem Abstand zu Problemen führen. „Manchmal gibt es zum Beispiel zwischen Teamkollegen unvermittelt Spannungen, es kommt zu krankheitsbedingten Absenzen, eventuell auch Burn-outs, oder die Fehlerquote steigt“, erklärt Trauerbegleiterin Petra Sutor aus Königstein/Taunus, Autorin des Ratgebers „Trauer am Arbeitsplatz“.

Belegschaft bei Trauerfall rasch informieren

Führungskräfte sollten bei Trauerfällen besonders sensibel agieren. Wenn ein Mitarbeiter des eigenen Unternehmens stirbt, ist zunächst die zeitnahe, taktvolle und einfühlsame Benachrichtigung der Belegschaft wichtig, wobei keinesfalls jemand vergessen werden sollte. Zudem sollte man keinesfalls die Privatsphäre des Verstorbenen oder seiner Familie verletzen. Eine Kondolenzkarte, Blumen oder eine Spende an eine gemeinnützige Organisation, die der Verstorbene unterstützt hat, gelten als angemessen, um Mitgefühl zu signalisieren.

Auch eine Gedenkveranstaltung oder zumindest ein Moment der Stille im Andenken an den Verstorbenen sollte nicht fehlen. Dies kann zugleich eine Gelegenheit für die Mitarbeiter sein, ihre Gefühle auszudrücken und den Verlust gemeinsam zu verarbeiten. Wesentlich häufiger kommt es vor, dass ein Mitarbeiter einen Angehörigen oder Freund verliert. Als Arbeitgeber und Führungskraft sollte man in einem solchen Fall ausdrücklich Unterstützung anbieten und den Verlust ansprechen und anerkennen.

Die wichtigste Botschaft, die man einer trauernden Person auf den Weg geben sollte, ist laut Petra Sutor: „Wir finden für alles einen Weg.“ Damit nehme man im ersten, besonders schweren Moment Druck von den Trauernden und schaffe so eine gute Grundlage für für individuelle Lösungen. Als Führungskraft sollte man darüber hinaus erwägen, ob flexible Arbeitszeiten oder Homeoffice-Möglichkeiten für den betroffenen Mitarbeiter während der Trauerzeit angeboten werden können. Flexibilität kann helfen, besser mit dem Verlust umzugehen. Kein Fehler sei es, sich schon vorab über Möglichkeiten der psychologischen Unterstützung für trauernde Mitarbeiter zu informieren und eine Liste von Ansprechpartnern zu erstellen.

Führungskräfte sollten Plattitüden vermeiden

Generell sollten Arbeitgeber eine offene und einfühlsame Kommunikation im Unternehmen fördern. Im Idealfall fühlen sich Mitarbeiter im Kollegenkreis so wohl und sicher, dass sie auch über ihre Gefühle sprechen können.

„Wichtig in der Trauerbegleitung am Arbeitsplatz ist es aus meiner Sicht, den Betroffenen ein Gefühl der Selbstwirksamkeit zu geben“, sagt Sutor. Wer die Erfahrung mache, die Rahmenbedingungen im Job in den ersten Wochen der Trauer ein Stück weit anpassen zu können, erlebe dies typischerweise als Entlastung. Wenig hilfreich seien indes Plattitüden wie „Das Leben geht weiter“, „Du musst loslassen“ oder „Die Zeit heilt alle Wunden“, erklärt Sutor. Solche Sätze könnten sogar verletzend wirken, weil sie als Desinteresse oder unempathisch empfunden werden können.

Wer angesichts des Verlusts als Führungskraft keine passenden Worte finde, dürfe dies auch kommunizieren. Dann könne man zum Beispiel sagen: „Es tut mir sehr leid, mir fehlen die Worte. Ich möchte aber, dass Sie wissen, dass wir für Sie da sind.“

Kondolenzkarte sollte zeitnah verschickt werden

Entschließt sich ein Unternehmen, eine Kondolenzkarte an die Angehörigen eines verstorbenen Mitarbeiters zu schicken, sollte dies zeitnah geschehen. Karten oder Briefpapier mit schwarzem Trauerrand sind dabei nicht passend, denn diese sind der Familie vorbehalten, erklären Trauerbegleiter. Die Karte sollte handschriftlich verfasst werden. Nur so kommt die persönliche Anteilnahme zum Ausdruck. Nicht fehlen sollten neben der Beileidsbekundung wertschätzende Worte für den Verstorbenen.

Quelle/Autor: Holger Schindler

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