Debatten im Landtag vom 11. Dezember 2013

Opposition nutzt Nachtragshaushalt zum Schlagabtausch

Stuttgart. Die einen verweisen auf finanzielle Scherbenhaufen, riesige Schuldenberge, immense Sanierungsstaus und strukturelle Defizite, die anderen sprechen von Schuldenmachern, Luftbuchungen, Schildbürgerstreichen und Tricksereien – wenn es im Stuttgarter Landtag um den Staatsetat geht, ist wortreicher Schlagabtausch garantiert. Auch am Mittwoch war dies nicht anders, als Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) den zweiten Nachtragshaushaltsplan ins […]

Stuttgart. Die einen verweisen auf finanzielle Scherbenhaufen, riesige Schuldenberge, immense Sanierungsstaus und strukturelle Defizite, die anderen sprechen von Schuldenmachern, Luftbuchungen, Schildbürgerstreichen und Tricksereien – wenn es im Stuttgarter Landtag um den Staatsetat geht, ist wortreicher Schlagabtausch garantiert. Auch am Mittwoch war dies nicht anders, als Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) den zweiten Nachtragshaushaltsplan ins Parlament einbrachte. „Konsequentes Konsolidieren, schrittweises Sanieren und gezieltes Investieren in die Quellen unseres Wohlstandes“, beschrieb Schmid den Kurs der Landesregierung und fügte „voller Überzeugung“ quasi als Halbzeitbilanz von Grün-Rot hinzu: „Wir haben das Beste daraus gemacht. Wir haben Baden-Württemberg vorangebracht.“ 

Finanzminister Schmid bescheinigt sich selbst solides Haushalten statt PR

Grüne und SPD seien dabei nicht den Weg des geringsten Widerstands gegangen und hätten der Versuchung widerstanden, solide Haushaltspolitik gegen spektakuläre Schlagzeilen einzutauschen. „Im Mittelpunkt stand nie die schwarze Null nur als Mittel politischer PR“, sagte der Minister. Zudem habe diese Regierung den Mut gefunden, mit der Politik des Durchmogelns „ein für alle Mal“ Schluss zu machen. Schmid brachte seinen Nachtragshaushalt in erster Lesung ein; noch vor Weihnachten soll er vom Landtag verabschiedet werden. Er ergänzt den laufenden Doppeletat 2013/2014, der im kommenden Jahr 41,78 Milliarden Euro umfasst. Der Nachtrag verbinde „wichtige Sparanstrengungen mit notwendigen Investitionen in die Zukunft unseres Landes“, erklärte Schmid. So werde nicht nur die Nettokreditaufnahme um 260 Millionen Euro gesenkt, sondern auch das strukturelle Defizit um denselben Betrag. 
Die nachträglichen Ausgaben in Höhe von 765 Millionen Euro fließen Schmid zufolge vor allem in die Sanierung von Straßen und Brücken (25 Millionen), die Unterbringung von Flüchtlingen (135 Millionen), die Polizeireform (7,7 Millionen), in Energiesparmaßnahmen (10 Millionen)  und in den Nationalpark Schwarzwald (4,7 Millionen). Allerdings sei der Nachtragsetat bloß mit 556 Millionen Euro gegenfinanziert. Haushalts-Überschüsse aus den Vorjahren sollen den Fehlbetrag von 209 Millionen Euro ausgleichen. 

CDU und FDP werfen Regierung "Taschenspielertricks" und Etat-Aufblähung vor

Der Nachtragshaushalt sei „ein weiteres Dokument des Scheitern“ der Regierung an ihren eigenen Ansprüchen, stellte CDU-Fraktionschef Peter Hauk fest. Grün-Rot sei nicht willens und fähig, ernsthaft zu sparen und Korrekturen im Nachtrag vorzunehmen. Gleichzeitig verwahrte er sich gegen den immer wiederkehrenden Vorwurf der CDU/FDP-Altlasten: „Was 2011 und 2012 die Nullverschuldung war, kann 2013 und 2014 nicht die Erblast der früheren Regierung sein.“ Es erschließe sich niemandem, dass es bei steigenden Steuereinnahmen nicht gelinge, eine Nullverschuldung für die kommenden Jahre zu erreichen. 
Die Politik von Grün-Rot sei kurzsichtig und kraftlos. „Sie nehmen Einschnitte nur bei den Beamten und Landesbeschäftigten vor und gehen ansonsten ihren Lieblingsprojekten nach“, kritisierte Hauk. Er sprach von Finanzspielereien und billigen Taschenspielertricks und warf der Regierung vor, gegen die Haushaltswahrheit und –klarheit zu verstoßen. „Aber das ‚Wenn-dann-Prinzip’ und das ‚Vielleicht-klappt-es-ja-Prinzip’ haben im Haushalt und in der Mifrifi (Mittelfristige Finanzplanung, Anm.d. Red.) nichts verloren.“ Auch die verbindlichen Orientierungspläne, nach denen die Ministerien Kürzungen realisieren sollen, seien, da ohne Sanktionsmechanismus, wertlos. 
FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke hielt dem Finanzminister „Luftbuchungen und vorgetäuschte Einsparungen“ vor. So rechne Schmid weiterhin mit 400 Millionen Euro Steuern vom Bund, obwohl nach Abschluss des Koalitionsvertrags in Berlin feststehe, dass diese nie kommen werden. „Da kann man auch in den Haushalt schreiben, dass man Lotto spielt und mit einem hohen Gewinn rechnet.“ Dabei blähe Grün-Rot den Haushalt permanent und um mehr als 5,5 Milliarden Euro in drei Jahren auf. Wirklich gespart werde bloß bei den Beamten, bei der Beihilfe und den sozial Schwachen durch die Abschaffung des Landeserziehungsgelds.
„Wir sind und bleiben auf einem guten Kurs“, konstatierte dagegen Grünen-Fraktionschefin Edith Sitzmann. Grün-Rot habe eine Wende in der Finanzpolitik eingeleitet, hin zu mehr Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit. Zudem sei das strukturelle Defizit innerhalb von zweieinhalb Jahren Regierungszeit schon um fast die Hälfte reduziert worden. Der heutige Schuldenberg von 43 Milliarden sowie fast zwei Milliarden Zinsen pro Jahr gehe auf das Konto der CDU. Außerdem bestünden verdeckte Schulden in Form von Pensionsverpflichtungen in Höhe von 70 Milliarden Euro. Die Regierung werde bis 2020 die Versorgungsrücklage und den Versorgungsfonds auf 8 Milliarden Euro vervierfachen. Zudem gebe das Land mehr als 23 Prozent seiner Einnahmen an die Kommunen ab. Der Finanzplan 2020 und die Orientierungspläne seien konkrete Fahrpläne zur Konsolidierung des Landeshaushalts.
SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel warf den früheren CDU-geführten Regierungen unseriöse Trickserei in der Haushaltspolitik („die hat bei Ihnen Tradition“) vor. Grün-Rot bediene sich nicht bei dem Geld, das den Kommunen zustehe. „Wenn es den Kommunen heute gut geht, haben sie das einem Finanzpakt zu verdanken, den wir mit ihnen geschlossen haben.“ Der Nachtrag beinhalte alle Chancen, um den „Pfad zum Abbau der Verschuldung“ weiter zu gehen.

Quelle/Autor: Wolf Günthner

Nutzen Sie die Vorteile unseres

Premium-Abos. Lesen Sie alle Artikel aus Print und Online für

0 € 4 Wochen / danach 167,00 € jährlich Nachrichten aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren

Lesermeinungen

Bitte loggen Sie sich ein, um zu kommentieren.

11. Dezember 2013