Debatten im Landtag vom 21. Dezember 2011

Schlagabtausch bei erster Beratung des Haushaltsplanes 2012

Stuttgart. Die erste Beratung des ersten, von der rot-grünen Landesregierung eigenständig eingebrachten Haushaltsplanes für 2012  sorgte an diesem Mittwoch für einen Schlagabtausch zwischen Opposition und den Regierungsfraktionen im Stuttgarter Landtag. So urteilte CDU-Fraktionschef Peter Hauk, der vor einer Woche von Finanzminister Nils Schmid (SPD) eingebrachte Haushalt lasse „jegliche politische Zielsetzung und jegliche Richtung zur Konsolidierung […]

Stuttgart. Die erste Beratung des ersten, von der rot-grünen Landesregierung eigenständig eingebrachten Haushaltsplanes für 2012  sorgte an diesem Mittwoch für einen Schlagabtausch zwischen Opposition und den Regierungsfraktionen im Stuttgarter Landtag. So urteilte CDU-Fraktionschef Peter Hauk, der vor einer Woche von Finanzminister Nils Schmid (SPD) eingebrachte Haushalt lasse „jegliche politische Zielsetzung und jegliche Richtung zur Konsolidierung des Landeshaushalts vermissen“. Doch der Minister konterte: „Wir haben 2011 keine Schulden gemacht und wir werden auch 2012 keine Schulden machen.“ Und Schmid holte zum Gegenschlag aus, in dem er feststellte: „Wir sanieren den Landeshaushalt, den Sie in den Schuldensumpf getrieben haben .“
Allerdings tat sich die Opposition schwer, eigene Verbesserungsvorschläge für den Landesetat 2012 zu präsentieren, der Einnahmen und Ausgaben in Höhe von 38,767 Milliarden Euro vorsieht. Erwartete Steuereinnahmen in Höhe von 29,13 Milliarden Euro stehen allein Personalausgaben von 15,22 Milliarden Euro entgegen. Grün-Rot sieht im Etat keine neue Kreditaufnahme vor. Die Deckungslücke von 380 Millionen Euro wird Einsparungen in den Ministerien und Einschnitte bei der Beamtenbesoldung geschlossen. Für Sanierungen und Investitionen sind 800 Millionen Euro vorgesehen.

Hauk kritisiert fehlende strukturelle Einsparungen

Hauk anerkannte zwar, dass das Land auch 2012 ohne neue Schulden auskommen wird. Er kritisierte aber, dass die Konsolidierung verschoben wird, strukturelle Mehrausgaben beschlossen werden und Schattenhaushalte angelegt würden. Grün-Rot lebe von der Substanz und nannte dazu 560 Millionen alte Kreditermächtigungen, eine Milliarde. an Resten von 2011, 400 Millionen Sanierungsrücklagen sowie die Erhöhung der Grunderwerbsteuer. Der Finanzminister hätte die Schulen, die von der schwarz-gelben Landesregierung 2010 aus konjunkturellen Gründen aufgenommen werden mussten, zurückführen müssen: „Dazu hätten Sie die zwei Milliarden Steuermehreinnahmen verwenden müssen.“
Hauk erklärte, aus heutiger Sicht müssen von 2012 bis 2019 jährlich 152 Millionen Euro strukturell im Etat gespart werden. Er warnte zugleich, die gute Zusammenarbeit zwischen Land und Kommunen zu gefährden. Mit einem Schuldenstand von 1187 Euro je Einwohner seien die Kommunen deutlich geringer verschuldet als das Land (mehr als 4000 Euro je Einwohner). Der Verzicht der neuen Regierung auf die von Schwarz-Gelb eingeführten Lebensarbeitszeitkonten für Beamte bezeichnete Hauk als Fehler; im Endausbau hätte dies zu Einsparungen von 160 Millionen Euro führen können. Grün-Rot stelle zudem bewährte Programme wie „Singen-Bewegen-Sprechen“ und Kooperationen mit Vereinen ein und schaffe die Bildungshäuser ab.

Rülke kritisiert Schaffung neuer Personalstellen

Auch FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sparte nicht mit Kritik. „Wenn das ein Sparhaushalt ist, dann ist Bunga-Bunga ein Keuschheitsversprechen“, sagte er im blumigen Vergleich. Die Schaffung neuer Personalstellen im höheren Dienst passen nach Ansicht des Liberalen nicht mit den Sparplänen bei den Beamten zusammen. Hier würden „Indianer geschröpft, damit es den Häuptlingen gut geht“, konstatierte er.
Rülke warf der Regierung vor, gleich mehrfach ihre Wahlversprechen zu brechen. Das Verhalten bei der Sanierung der Landesstraßen, wo nur noch 100 Millionen Euro zur Verfügung stehen, bezeichnete er als „Mogelpackung“. Auch für die Finanzierung der Krankenhäuser stünden bloß 370 statt der angekündigten 600 Millionen bereit. Durch die Abschaffung der Studiengebühren sorge das Land dafür, dass „die Putzfrau das Studium des Chefarztes finanziert“. Er warb deshalb für das FDP-Modell der nachlaufenden Studiengebühren, die erst bezahlt werden, wenn der Hochschulabsolvent über ein bestimmtes Einkommen verfügt.
Weiter setzte er sich für Pensionsrückstellungen sowie für die Verankerung von Schuldenbremse und Landeshaushaltsordnung in der Landesverfassung. Die FDP forderte auch Lebensarbeitszeitkonten für Beamte, eine Pkw-Maut, keine Stellenausweitungen sowie den Verkauf der LBBW-Anteile und den EnBW-Anteile.

Grüne und SPD verteidigen Haushalt

Die Fraktionsvorsitzenden von Grünen und SPD wiesen die Vorwürfe zurück. Die neue Regierung sei nicht bei null, sondern bei minus drei Milliarden Euro gestartet, wies Edith Sitzmann (Grüne) auf die Erblasten hin. Grün-Rot schaffe nicht allein den ausgeglichenen Haushalt, sondern setze richtige und neue Impulse. Durch die Investition in frühkindliche Bildung schaffe man eine verlässliche Partnerschaft mit den Kommunen. „In der Schulpolitik wollen wir mehr Chancen, mehr Förderung, mehr Durchlässigkeit und mehr Vielfalt“, betonte die Grüne. Auch zur Energiewende würden erste Weichen für die Zukunft gestellt. Natur- und Verbraucherschutz sowie Lebensmittelsicherheit seien weitere Schwerpunkte.
Für die SPD-Fraktion seien solide Finanzen, wirtschaftliche und ökologische Vernunft sowie soziale Sicherheit die „Markenzeichen dieses Haushalts“, sagte Claus Schmiedel. Grün-Rot habe eine Deckungslücke von drei Milliarden Euro sowie weitere nicht finanzierte 400 Millionen Euro vorgefunden. „Sie haben uns strukturelle Lücken hinterlassen“, warf er CDU und FDP kurzatmige Politik vor. Er verwies auf den Zustand der Landesstraßen, von denen 44 Prozent sich in katastrophalem Zustand befinden.
Positiv bewertete Schmiedel die Reformen im Bildungsbereich mit einer besseren Lehrerversorgung  und der Einführung der Gemeinschaftsschule sowie die Maßnahmen bei der Integration. „Wir müssen eine Kultur des Willkommens in Baden-Württemberg entwickeln“, sagte der SPD-Fraktionschefs. Auch die Mittel für die Polizei – 6,3 Millionen für ein Techniksofortprogramm und 33 Millionen für den Digitalfunk – sowie mehr Neueinstellungen (1200 statt 800 pro Jahr) begrüßte Schmiedel. Er kritisierte den Beamtenbund wegen dessen Drohungen, gegen die Landesregierung zu protestieren: „Wer jetzt schon scharf schießt, läuft Gefahr, dass ihm die Munition ausgeht.“

Quelle/Autor: Wolf Günthner

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21. Dezember 2011