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Soziale Marktwirtschaft: Das Konzept vereint Freiheit und sozialen Ausgleich

Die Einführung der D-Mark und die Freigabe der meisten Preise durch Ludwig Erhard 1948 gilt als Geburtsstunde der Sozialen Marktwirtschaft. Als Erfinder des Begriffes gilt Alfred Müller-Armack, der wiederum von der sogenannten Freiburger Schule der Nationalökonomie an der Universität Freiburg beeinflusst war.

Im Haus der Wirtschaft ist eine Ausstellung über den Ökonomen Alfred Müller-Armack zu sehen, der den Begriff der sozialen Marktwirtschaft erfand.

Achim Zweygarth)

Stuttgart/Freiburg. Seit 1948 gibt es das Konzept der Sozialen Marktwirtschaft. Was vorher Theorie war, ist damals unter Wirtschaftsminister Ludwig Erhard (CDU) als neue Wirtschafts- und Sozialordnung der noch ziemlich jungen Bundesrepublik Deutschland entwickelt und durchgesetzt worden.

Die soziale Marktwirtschaft gilt bis heute als Grundlage des später einsetzenden „Wirtschaftswunders“ der 1950er- und 1960er-Jahre. Sie steht also für den wirtschaftlichen Wiederaufstieg Westdeutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg und gilt als eine beispiellose Erfolgsgeschichte.

Dabei stammt der Begriff „Soziale Marktwirtschaft“ vom Wissenschaftler Alfred Müller-Armack, der zu einem der engsten Mitarbeiter Ludwig Erhards, zuletzt im Amt des Staatsekretärs, wurde. Müller-Armack formulierte das Prinzip der Sozialen Marktwirtschaft erstmals im Jahr 1947 in seinem Werk „Wirtschaftslenkung und Marktwirtschaft“. Darin entwarf er die Soziale Marktwirtschaft als „dritte Form“ neben rein liberaler Marktwirtschaft und staatlicher Wirtschaftslenkung. Der vielfach ausgezeichnete Wirtschaftspolitiker verstarb am 16. März 1978 in Köln.

Währungsreform durch hohen Geldüberhang und Staatsschulden

Jörg König von der Stiftung Marktwirtschaft schrieb vor zwei Jahren anlässlich des 75-jährigen Bestehens der sozialen Marktwirtschaft: „Mit der Einführung der D-Mark sowie der Aufhebung staatlicher Preisvorschriften und Bewirtschaftungsmaßnahmen fällt im Juni 1948 in den drei Westzonen Deutschlands der Startschuss für die Soziale Marktwirtschaft.“

Die Währungsreform war laut König notwendig geworden, da ein hoher Geldüberhang und hohe Staatsschulden aus der Kriegswirtschaft das Vertrauen in die damalige Reichsmark als Währung stark beeinträchtigt hatten. „Die Reichsmark wurde als Zahlungsmittel faktisch kaum noch akzeptiert“, schreibt König.

Die Wirtschaftsreform wurde vom damaligen Direktor der Verwaltung für Wirtschaft des Vereinigten Wirtschaftsgebietes, Ludwig Erhard, flankierend zur Währungsreform eingeführt. Sie sollte, so König, den Übergang von der Zwangsbewirtschaftung zur Marktwirtschaft bewirken.

Das Gesetz sah die Ablösung der Mangelwirtschaft mit Bezugsscheinen sowie Preis- und Lohnstopps durch eine wettbewerbsorientierte Marktwirtschaft mit freier Preisbildung vor. „Damit wurden die Voraussetzungen für die Normalisierung des Wirtschaftslebens und das darauffolgende ‚deutsche Wirtschaftswunder‘ geschaffen“, erläutert König.

Müller-Armack: „Sozial mit großem S muss es heißen“

Im Herbst 1946 soll Müller-Armack gesagt haben „Nun weiß ich, wie es heißen muss. Soziale Marktwirtschaft muss es heißen! Sozial mit großem S!“. Unter diesem Titel ist derzeit im Haus der Wirtschaft in Stuttgart eine Ausstellung im Foyer zu sehen mit Büchern, Schriften oder Auszeichnungen von Müller-Armack (siehe Infokasten).

Der Nationalökonom hat aber nicht nur den Begriff geprägt, sondern darin auch die Wettbewerbsordnung der Freiburger Schule durch soziale Sicherheit ergänzt. Der Ordoliberalismus, der ab 1932 von der sogenannten Freiburger Schule entwickelt wurde, ist eine liberale Denkrichtung, bei der ein durch den Staat geschaffener Ordnungsrahmen den ökonomischen Wettbewerb und die Freiheit der Bürger auf dem Markt gewährleisten soll.

„Wirtschaftlicher Erfolg und das soziale Miteinander gehören zusammen“, sagte Nils Goldschmidt, Vorsitzender der „Arbeitsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft (ASM) und Direktor des Tübinger Instituts für Weltwirtschaft, vor kurzem bei der Eröffnung. Nach Ansicht von Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) sollte man sich wieder stärker rückbesinnen auf den Kern dieses Begriffs, der „das Prinzip der Freiheit mit sozialem Ausgleich versöhnt“, sagte sie bei der Eröffnung.

Ausstellung im Stuttgarter Haus der Wirtschaft

Die Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft hat mit einem Initiativkreis die Ausstellung „Alfred Müller-Armack und das große ‚S‘“ anlässlich der geheimnisumwitterten Entstehung des Begriffs der Sozialen Marktwirtschaft vor 75 Jahren konzipiert. Die Ausstellung im Haus der Wirtschaft dokumentiert wichtige Stationen des Lebens und Wirkens von Alfred Müller-Armack (1901-1978) als einem der wichtigsten Vordenker und Gestalter der Sozialen Marktwirtschaft. Die Ausstellung zeigt Originalmanuskripte, Werke, Bilder, Auszeichnungen von Müller-Armack und ist bis zum 3. April zu sehen.

20250226 Haus der Wirtschaft, Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Dr. Stefan Wolf, Präsident des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, Roman Zitzelsberger, ehemaliger IG Metall Bezirksleiter und Prof. Dr. Nils Goldschmidt, Vorstandsvorsitzender der ASM und Direktor des Weltethos-Instituts Tübingen. Foto: Achim Zweygarth

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