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Limesmuseum in Aalen

Römer und Germanen: Vom Leben zweier Kulturen und Völker lernen

Wie geht man mit dem Fremden um? Wie entstehen Vorurteile? Und was kann die Gesellschaft heute aus der Geschichte lernen, um neue Wege des Miteinanders zu finden? Diese Fragen thematisiert die große Landesausstellung im Limesmuseum in Aalen unter dem Titel „Fremde Nachbarn - Rom und die Germanen“.
Frau untersucht Objekt unter Mikroskop, trägt grünen Blazer und Handschuhe.

Nicole Ebinger, Chefrestauratorin im Landesamt für Denkmalpflege. Foto: ALM

Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg / Stephanie King)

Aalen. Die Beziehung zwischen Römern und Germanen prägte die europäische Geschichte über rund 700 Jahre – von den ersten Kontakten im 2. Jahrhundert vor Christus bis zum Ende des Weströmischen Reichs Ende des fünften Jahrhunderts nach Christus.

Römer und Germanen, das waren zwei Kulturen, die über Jahrhunderte hinweg nebeneinander lebten, sich begegneten, bekriegten und beeinflussten. „Zwischen Handel, kulturellem Austausch, Allianzen und Auseinandersetzungen lagen Nähe und Distanz oft dicht beieinander“, sagt Martin Kemkes, wissenschaftlicher Leiter des Limesmuseums Aalen und zugleich Leiter des zentralen Fundarchivs des Archäologischen Landesmuseums (ALM) Baden-Württemberg in Rastatt.

Kemkes wird am 21. Oktober im Rahmen der Landesausstellung dazu einen Vortrag halten und schreibt vorab: „Nationale und internationale archäologische Funde beider Kulturen lassen Geschichten lebendig werden, die uns bis heute etwas über ihr Zusammenleben erzählen.“

Deshalb zeigt die Ausstellung unter anderem römische Objekte aus weit entfernten germanischen Siedlungen, die von Fernhandel, Beutezügen oder kultureller Aneignung erzählen. Ein besonderes Highlight sind nach Museumsangaben Funde aus germanischen Fürstengräbern aus Kariv/Westukraine. Gezeigt werden auch repräsentative Exponate, die kriegerische Auseinandersetzungen belegen von der Varusschlacht über die Markomannenkriege bis hin zu Schlachtfeldern wie dem Harzhorn.

Grabbeigaben, Waffen, Weingefäße und Inschriften

Doch wie genau sah der römisch-germanische Alltag aus und wie lebten die direkten Nachbarn hier im Südwesten? Dies zeigen Alltagsobjekte, wie etwa römische Güter in germanischen Siedlungen und typische Grabbeigaben am Oberrhein. Zu sehen sind zudem Waffen und Weingefäße oder Inschriften.

Die Ausstellung ist ein gemeinsames Projekt von ALM und dem Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg (LAD) im Regierungspräsidium Stuttgart. Sie richtet sich nach Angaben der beiden Veranstalter „an ein breites Publikum und lädt dazu ein, das Verhältnis zwischen Römern und Germanen neu zu entdecken und aktuelle gesellschaftliche Fragen aus einem historischen Blickwinkel zu betrachten“.

„Die Große Sonderausstellung macht sichtbar, wie intensiv Austausch, Konflikt und gegenseitige Einflussnahme die Kulturen in unserem Land geprägt haben“, sagt Claus Wolf, Direktor des Archäologischen Landesmuseums Baden-Württemberg und Präsident des Landesamts für Denkmalpflege Baden-Württemberg.

Das Wissen um das gemeinsame Erbe ist laut Wolf ein wichtiger Schlüssel für das heutige Zusammenleben in Europa. Die beiden Veranstalter wollen deshalb „mit dieser Ausstellung Brücken schlagen – zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Wissenschaft und Öffentlichkeit,“ betont Wolf.

„Wir heißen die Große Sonderausstellung mit ihren herausragenden Exponaten in Aalen willkommen. Damit wird die Tradition der erfolgreichen Sonderausstellungen im Limesmuseum fortgeführt“, sagte Frederik Brütting, Oberbürgermeister der Stadt Aalen, bei der Ausstellungseröffnung.

Reflexion über das Verhältnis von Fremdheit und Nachbarschaft

Die Ausstellung regt mit ihrem wissenschaftlichen und gegenwartsbezogenen Zugang zum Thema zur Reflexion über das damalige und heutige Verhältnis von Fremdheit und Nachbarschaft an.

Und sie wirft auch einen fokussierten Blick auf das Nebeneinander von Kontakt, Handel, Koexistenz und offenen Konflikten vor allem im Zeitraum zwischen dem 1. und 3. Jahrhundert nach Christus, „eine Zeit, in der vor allem im Raum Baden-Württemberg vielfältige Begegnungen zwischen den einst fremden Nachbarn stattfanden“.

Konzipiert ist die Schau in mehreren Themenkomplexen. Sie beginnt mit „Ein Traum von Rom – Die fernen Nachbarn“ und zeigt unter dem Titel „Krieg und Konflikt“ das Scheitern einer Beziehung. Unter „Römisch-germanischer Alltag“ werden die Themen Kulturtransfer und Traditionsbewahrung an der Grenze behandelt.

Ein Prolog gibt einen Überblick über die 700-jährige Beziehungsgeschichte beider Völker und Kulturen und zuletzt setzt sich ein Epilog kritisch mit der bewegten Rezeptionsgeschichte dieses Verhältnisses auseinander, von politischer Vereinnahmung im 19./20. Jahrhundert bis zu aktuellen Fragen von Fremdheit, Integration und europäischer Identität.

Limesmuseum

Das Limesmuseum in Aalen ist nach eigenen Angaben eines der ältesten und bedeutendsten Römermuseen in Deutschland. In einer Dauerausstellung wird unter anderem das römische Aalen gezeigt, danach kann man sich auf eine archäologische Entdeckungsreise entlang des Unesco-Welterbes Limes in Baden-Württemberg begeben. Zusätzlich lädt der Archäologische Park zum Erkunden ein. Die jetzt gezeigte Ausstellung unter dem Titel „Fremde Nachbarn – Rom und die Germanen“ ist bis 12. April 2026 zu sehen.

Trinkhornkette aus einem ukrainischen Fürstengrab während der Restaurierungsarbeiten Foto: Landesamt für Denkmalpflege/Yvonne Mühleis
Landesamt für Denkmalpflege im RPS / Yvonne Mühleis)

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