Wertung

Ein Punktesystem soll beim Zuschlag helfen

Die Wertung öffentlicher Angebote ist komplex, wenn neben dem Preis zusätzlich soziale und ökologische Kriterien berücksichtigt werden sollen. Um die Vergleichbarkeit der Angebote zu verbessern, können Leistungspunkte für alle Kriterien - die Preise eingeschlossen - vergeben werden. Allerdings sind nicht alle Methoden sinnvoll.

In einem Fall ging es um die Beschaffung von IT-Servern. Hier sollte aus Preis- und weiteren Leistungskriterien das wirtschaftlichste Angebot ermittelt werden.

dpa/ Westend61 / SeventyFour)

Bonn . Der Vergleich von Angebotspreisen ist grundlegend, um herauszufinden, welches Unternehmen den Zuschlag für einen öffentlichen Auftrag erhält. In immer mehr Vergabeverfahren spielen allerdings neben den Preisen weitere Leistungskriterien eine wichtige Rolle.

Doch die direkte Gegenüberstellung der Preise und der Leistungskriterien kann die Wertung verzerren. Hier kann die Interpolationsmethode helfen, mit der die gebotenen Preise in Leistungspunkte umgerechnet werden. Das soll die Vergleichbarkeit erhöhen (siehe Infokasten). Doch auch die Interpolation kann den Wettbewerb verzerren, wie die Vergabekammer des Bundes beim Bundeskartellamt in Bonn in einem aktuellen Beschluss feststellt.

Geringe Unterschiede bei Preis und Qualität verzerren Bewertung

Im vorliegenden Fall ging es um die Beschaffung von IT-Servern. Hier sollte aus einer Mischung aus Preis- und weiteren Leistungskriterien das wirtschaftlichste Angebot ermittelt werden. Für die Art, die Servertypen einzubauen, sollten beispielsweise maximal 100 Punkte pro Server vergeben werden, 70 Punkte sollten es für den Preis pro Server sein.

Konkret war vorgesehen, jenes Angebot voll zu bepunkten, dass die geringste Höhe beim Einbau der Server vorsah. Volle Punktzahl bekam auch das Angebot mit dem niedrigsten Preis. Umgekehrt würde also ein Bieter, der besonders viel Platz beim Einbau verbraucht und einen besonders hohen Preis verlangt, weniger Punkte erhalten.

Die Vergabekammer des Bundes monierte nun, wie die Interpolationsmethode bei diesem Fall zur Anwendung kam. So wurde etwa das Angebot mit dem größten Platzverbrauch beim Servereinbau mit null Leistungspunkten bewertet. Das könne dazu führen, dass das beste Preis-Leistungsverhältnis nicht korrekt ermittelt werde, monierten die Experten. In dieser Form sei die Methode problematisch, weil auch nur geringe Preis- und Qualitätsunterschiede zwischen den Angeboten zu extremen Spreizungen in der Bewertung führen könnten.

Der relative Abstand von Angeboten wird nicht korrekt erfasst

Und das obwohl, die Unterschiede in der Realität möglicherweise gar nicht so groß seien. Die Wirtschaftlichkeit von Angeboten lasse sich dann gar nicht mehr verlässlich bewerten. Der relative Abstand von Angeboten werde mit dieser Methode möglicherweise nicht mehr korrekt erfasst. Besonders deutlich kann dies zutage treten, wenn es – wie in vielen Fällen heute – lediglich zwei Angebote gibt.

Um den Wettbewerb nicht zu verzerren, ist es möglich, die Bewertungsskala der Interpolationsmethode aufzuweiten. Denkbar ist zum Beispiel, für den niedrigsten Preis zwar weiterhin die volle Punktzahl zu vergeben, auf der Gegenseite aber ein fiktives Angebot mit dem doppelten oder sogar dreifachen Preis anzunehmen. Das bewirkt, dass die Angebote, die nicht auf dem ersten Platz liegen, relativ gesehen nicht unbedingt schlechter bewertet werden, als sie tatsächlich sind. Das gilt vor allem dann, wenn die Preise nicht weit auseinanderliegen und weitere Leistungskriterien im Spiel sind. Umgekehrt könnte auch eine Mindestleistungspunktezahl angenommen werden, um zu verhindern, dass Angebote, schon aufgrund eines sehr niedrigen Preises unerreichbar weiter vorne liegen.

Anders ausgedrückt: Bewertungen solcher Art können dazu führen, dass es für ein Unternehmen, das bei bestimmten Leistungskriterien zwar führt, nicht aber beim Preis vorne liegt, Platz eins unmöglich erreichen kann. In der von der Vergabekammer kritisierten Vorgehensweise wäre das mitunter nicht der Fall.

Rechtlich ist die Vorgehensweise im Rahmen der Interpolationsmethode ein fiktives, viel höheres Angebot anzunehmen, unproblematisch: die Rechtsprechung hat das in den vergangenen Jahren immer wieder anerkannt.

Auftraggeber setzen Grenzen bei der Interpolationsmethode

Entscheidend ist also, welche Pflöcke ein öffentlicher Auftraggeber bei der Interpolationsmethode setzt. Grenzen also, die verhindern, dass eigentlich leistungsschwache Angebote mit einem möglicherweise unauskömmlichen Angebotspreis die Skala so verschieben, dass die in der Gesamtschau leistungsstärkere Angebote stark benachteiligt werden. Und zwar so stark, dass die Bewertung am Ende verzerrt wird.

Bieter mit der höchsten Punktzahl erhält Zuschlag

Bei der Betrachtung allein der Kosten erhält typischerweise das Angebot mit dem niedrigsten Preis die volle Punktezahl. Bei der Interpolationsmethode werden nicht mehr nur die Preise der Angebote betrachtet, sondern den jeweiligen preislichen und inhaltlichen Polen in den Angeboten werden Punktewerte zugeordnet. Die Bepunktung wird dann für alle Angebote durchgeführt, so dass sich eine Rangliste ergibt. Mit der Interpolationsmethode können alle Leistungskriterien bewertet werden. Am Ende werden die Leistungspunkte zusammengezählt. Das Unternehmen mit der höchsten Punktzahl erhält dann den Zuschlag.

Marcus Dischinger

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