Neubau in Hamburg

Planer kritisieren fehlenden Wettbewerb für Hamburger Oper

Die Stadt Hamburg will für 340 Millionen Euro eine neue Oper bauen. Fünf Büros wurden eingeladen, um einen Entwurf abzugeben. Doch die örtliche Architektenkammer kritisiert, dass kein offenes Wettbewerbsverfahren durchgeführt wurde. Auch Architekten in Baden-Württemberg werben, möglichst viele Bewerber zuzulassen.

Auf einem Areal in der Hafencity Hamburgs will Milliardär Klaus-Michael Kühne eine Oper von Weltrang bauen.

dpa/chromorange/Christian Ohde)

Hamburg/Stuttgart . Anfang Februar verständigten sich die Stadt Hamburg und die Kühne-Stiftung des Milliardärs Klaus-Michael Kühne als privater Finanzier auf einen Neubau in der östlichen Hamburger HafenCity. „Geplant ist ein architektonisch herausragendes Gebäude, das beste Bedingungen für die Hamburgische Staatsoper bieten und diesen besonderen Ort an der Elbe für alle zugänglich machen soll“, teilten die Stadt und Vertreter der Kühne-Stiftung mit. Fünf Büros wurden nun eingeladen, um dafür einen Entwurf abzugeben.

Architektenkammer drängt auf ein offenes Wettbewerbsverfahren

Die örtliche Architektenkammer kritisiert nun, dass kein offenes Wettbewerbsverfahren durchgeführt wurde: „Es entspricht in keiner Weise den in der Richtlinie für Planungswettbewerbe (RPW) festgelegten Regeln, die für die Stadt Hamburg die Grundlage bilden für Wettbewerbsverfahren“, moniert sie. Lediglich fünf Planungsbüros seien eingeladen worden. Die Kammer drängt auf einen Offenen Wettbewerb, bei dem die Teilnahme allen qualifizierten Fachleuten offensteht, die die Teilnahmebedingungen erfüllen. „Eine solch geringe Zahl von teilnehmenden Planungsbüros sei der Bedeutung der Bauaufgabe nicht angemessen“, heißt es.

Kultursenator Carsten Brosda (SPD) hatte laut NDR die Kritik zurückgewiesen. „Das entspricht nicht dem offenen wettbewerblichen Verfahren, aber ist durchaus ein anderes regelhaft gewähltes Verfahren, das auch in der Stadt Anwendung findet“, sagte er. Was aber wäre das ideale Vorgehen in einem solchen Fall?

„Wir wünschen uns offene Verfahren, im Sinne eines möglichst offenen Zugangs zu einem Wettbewerb“, sagt Thomas Treitz, der bei der Architektenkammer Baden-Württemberg für Vergabe und Wettbewerb zuständig ist. Wettbewerbe sollten viel öfter mit einer höheren Zahl an Teilnehmern stattfinden. Das sind manchmal nur 15, ein Preisgericht könnte aber genauso gut 25 Entwürfe an einem Tag bewältigen.“

Treitz räumt aber auch ein, dass es bei der Frage der Ausgestaltung eines Wettbewerbs unterschiedliche Sichtweisen gibt, – „selbst in der Zunft“. „Letztendlich kommt es immer auf die Aufgabe an.“ Ein neugegründetes Drei-Mann-Büro müsse bei einem offenen Wettbewerb jedoch für sich selbst entscheiden, ob es sich mit einer Oper beschäftigen soll, in einem Verfahren, bei dem mutmaßlich auch die Champions League der Architekten antritt.

Die Richtlinie für Planungswettbewerbe, die in vielen Bundesländern und Kommunen Anwendung findet, legt den Ablauf und die Anforderungen für Wettbewerbe zur Vergabe von Planungsleistungen fest. Danach soll die Teilnehmerzahl der Größe und Bedeutung der Wettbewerbsaufgabe angemessen sein. Treitz zufolge gelte es aber auch zu bedenken, dass viel Arbeiten umsonst erstellt werden, „was dann alles für die Tonne produziert wird“. „Da werden 200 Opern entworfen, damit einer den Auftrag kriegt.“ In diesem Fall könne der Aufschrei auch wieder groß sein.

Treitz plädiert für einen Wettbewerb in mehreren Phasen. Zunächst reichen die Büros ihre Konzepte ein. Ein Preisgericht wählt daraus die vielversprechendsten Ansätze für die nächste Runde aus, in der diese detailliert ausgearbeitet werden.

Für einen liberalen Zugang bietet der Realisierungswettbewerb beim „Museum der Moderne“ in Berlin ein gutes Beispiel. Im Jahr 2016 erfolgte dort im ersten Schritt ein Ideenwettbewerb, der offen für alle Büros war. Die zehn Besten waren dann für den folgenden Realisierungswettbewerb qualifiziert. Außerdem konnten sich Büros bewerben, und man hatte noch die Creme de la Creme eingeladen.

„Dafür, wie man die Suche nach dem besten Konzept staffelt, ist das eine schöne Herangehensweise“, sagt er. Kritiker dieses Modells führen jedoch häufig das Argument an, dass sich große, renommierte Büros wie Tadao Ando, der wohl bekannteste Architekt Japans oder ein David Chipperfield nicht beteiligen würden, weil sie befürchten, dass ihre Genialität in der Masse nicht ausreichend gewürdigt wird. „Unsere Zunft dürfte jedoch tendenziell der Meinung sein, dass es zu wenig sei, nur fünf Büros anzusprechen“, sagt Treitz.

Planer fordern eine angemessene Aufwandsentschädigung

Wichtig aus Sicht der Planer ist bei Wettbewerben, dass jeder Bieter eine entsprechende Aufwandsentschädigung bekommt. „Die muss nach Vergaberecht angemessen sein und dem entsprechen, was die Leistung wert ist, was sie meistens nicht tut“, sagt Treitz. Oft werde viel zu wenig gezahlt. Hinter dem Begriff Lösungsskizze verstecke sich oft eine detaillierte Planung.

Treitz betont zudem, dass die kleinteilige und heterogene Bürostruktur in Deutschland dafür spricht, möglichst vielen Büros einen fairen Zugang zu Wettbewerben zu ermöglichen. „Gerade bei sehr prominenten Projekten, sollte der Wettbewerb offen sein und Auftraggeber ein mehrstufiges Wettbewerbsverfahren durchführen.“

„Wir wünschen uns offene Verfahren und einen möglichst offenen Zugang zu einem Wettbewerb“, sagt Thomas Treitz, der bei der Architektenkammer Baden-Württemberg für Vergabe und Wettbewerb zuständig ist.

Verfahrensarten

Die Richtlinie für Planungswettbewerbe (RPW) sieht im Wesentlichen folgende Wettbewerbsverfahren vor: Realisierungswettbewerbe (Umsetzung der besten Lösung), Ideenwettbewerbe (es werden Konzepte gesucht, ohne unmittelbare Realisierungsabsicht), offene Verfahren (Teilnahme steht allen qualifizierten Fachleuten offen) und nichtoffene Verfahren (begrenzte Teilnehmerzahl wird nach festgelegten Kriterien aus Bewerbungen ausgewählt) sowie zweiphasige Wettbewerbe.

Nutzen Sie die Vorteile unseres

Premium-Abos. Lesen Sie alle Artikel aus Print und Online für

0 € 4 Wochen / danach 199 € jährlich Nachrichten aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren