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Bauvergaben

So vermeiden Sie Risiken bei Stundenlohnarbeiten

Öffentliche Auftraggeber sehen häufig Stundenlohnarbeiten in der Leistungsbeschreibung vor. Doch diese Praxis birgt Risiken: Die Leistungsbeschreibung kann dadurch für Bieter unscharf werden und Baufirmen können später eine überhöhte Stundenzahl ansetzen, sodass Kosten unerwartet steigen. Dabei gibt das Vergaberecht klare Regeln vor, die helfen, solche Probleme zu vermeiden.
Hand hält Schraubenschlüssel an Rohr, aus dem Wasser spritzt.

Stundenlohnarbeiten werden in der Regel für unvorhergesehene Leistungen vereinbart, ohne dass ein fest umrissener Leistungsumfang vorab definiert ist.

IMAGO/Zoonar.com/Anastasiia Tori)

Nürnberg . Sogenannte angehängte Stundenlohnarbeiten sind ein Bestandteil von Leistungsverträgen, wie Einheitspreis- oder Pauschalpreisverträgen, die öffentlichen Auftraggebern die Möglichkeit bieten, Fach- oder Hilfskräfte des Bauunternehmens bei Bedarf zeitweise abzurufen. Diese Art von Arbeiten wird in der Regel für unvorhergesehene Leistungen vereinbart, ohne dass ein fest umrissener Leistungsumfang vorab definiert ist. Ihre Ausführung erfolgt regelmäßig auf Abruf (vgl. Vergabekammer Rheinland, Beschluss vom 30. April 2019, Aktenzeichen: VK 10/19-L). Die Vergütung angehängter Stundenlohnarbeiten erfolgt auf Basis des tatsächlichen Stundenaufwands.

Umfang von Stundenlohnarbeiten in der Leistungsbeschreibung

Grundsätzlich sieht Paragraf 4 EU Absatz 2 VOB/A vor, dass Stundenlohnarbeiten nur für Bauaufträge geringeren Umfangs zulässig sind, bei denen die Lohnkosten den Hauptanteil der Kosten ausmachen. Dementsprechend dürfen gemäß Paragraf 7 EU Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 VOB/A angehängte Stundenlohnarbeiten lediglich in dem unbedingt notwendigen Umfang in die Leistungsbeschreibung aufgenommen werden.

Allerdings bleibt unklar, wie dieser erforderliche Umfang konkret zu bestimmen ist und ob, sowie in welchem Maße die Bewertung solcher Arbeiten bei der Angebotswertung zu berücksichtigen ist.

Wenn umfangreiche Bauleistungen in Form von Stundenlohnarbeiten ausgeschrieben werden, besteht die Gefahr, dass die Leistungsbeschreibung an Eindeutigkeit verliert und damit rechtswidrig wird. Daher gelten die in der Leistungsbeschreibung definierten Hauptleistungen als Bewertungsmaßstab, denen Stundenlohnarbeiten ausnahmsweise „angehängt“ werden können.

In der Praxis werden solche Stundenlohnarbeiten vor allem bei kleineren, weniger komplexen Bauvorhaben eingesetzt, wie beispielsweise Instandsetzungsarbeiten, Aufräumungsmaßnahmen, Abbrucharbeiten oder anderen vergleichbaren Tätigkeiten. Konkrete Prozentgrenzen, die den Anteil von Stundenlohnarbeiten im Verhältnis zur Gesamtleistung festlegen, existieren allerdings nicht.

Dennoch zeigt ein Beschluss der Vergabekammer Thüringen vom 13. Dezember 2017 (Aktenzeichen: 250-4002-9414/2017-N-005-SHL), dass eine zu weitgehende Einbindung von Stundenlohnarbeiten problematisch ist. In dem Fall vor der Vergabekammer wurden angehängte Stundenlohnarbeiten in 16 Positionen bei der Ausschreibung von erweiterten Rohbauarbeiten als unzulässig eingestuft. Es sollte daher sorgfältig dokumentiert werden, warum Stundenlohnarbeiten erforderlich sind, um einer späteren rechtlichen Nachprüfung standzuhalten.

Die von den Bauunternehmen kalkulierten Stundenlohnarbeiten sollten in die Angebotswertung einbezogen werden, was in den Vergabeunterlagen klar festgelegt sein muss. Andernfalls besteht die Gefahr, dass Anbieter überhöhte Stundenlöhne ansetzen, ohne negative Konsequenzen in Form eines möglichen Auftragsverlusts befürchten zu müssen.

Das Risiko überhöhter Preise minimieren

Solche überhöhten Stundenlöhne wären bei einem späteren Abruf durch den öffentlichen Auftraggeber dennoch zu zahlen, was zu unnötigen Mehrkosten führen könnte. Um das Risiko überhöhter Preise zu minimieren, kann der öffentliche Auftraggeber beispielsweise eine fiktive, nur zu Bewertungszwecken dienende Stundenanzahl vorgeben.

Diese Vorgehensweise ermöglicht es, die Stundenlohnangebote der Bieter realistisch zu vergleichen. Je präziser und realitätsnaher die Schätzwerte von der Vergabestelle festgelegt werden, desto eher lassen sich marktgerechte Stundenlöhne erzielen. Dadurch erhalten alle Bieter eine einheitliche Grundlage für ihre Kalkulationen, was wiederum die Vergleichbarkeit der Angebote für die Auftraggeber fördert.

Holger Schröder, Fachanwalt für Vergaberecht, Partner, Rödl & Partner in Nürnberg

Regelmäßig Stundenlohnzettel einfordern

Für die Abrechnung von Stundenlohnarbeiten sieht Paragraf 15 VOB/B ausführliche Regelungen vor. So sind zum Beispiel über die geleisteten Arbeitsstunden vom Unternehmer, wenn nichts anderes vereinbart ist, je nach der Verkehrssitte werktäglich oder wöchentlich Listen (Stundenlohnzettel) einzureichen. Der öffentliche Auftraggeber hat die von ihm bescheinigten Stundenlohnzettel unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von sechs Werktagen nach Zugang, zurückzugeben. Dabei kann er Einwendungen erheben. Stundenlohnzettel, die nicht fristgemäß zurückgegeben werden, gelten als anerkannt.

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