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Jubiläum

Badische Weinköniginnen: Regentinnen des Rebensafts gibt es seit 75 Jahren

Jubiläum in Freiburg: Die 75. Badische Weinkönigin ist dort gekürt und gekrönt worden. Zeit für einen Rück- und Ausblick auf die Zukunft dieser und anderer Produktbotschafterinnen.

Weinkönigin Tina Glur (m.), mit den Prinzessinnen Hannah Spraul (l.) und Laura Münscher.

Badischer Weinbauverband)

„Guter Wein braucht kein Aushängeschild“, heißt es in Italien. Für Freunde der schönen, lautreichen Sprache hier auch im Original: „Il buon vino non vuole frasca.“, Doch in Südwestdeutschland verstößt man seit langem, gern und mit Erfolg gegen diese Spruchweisheit: Seit einem Dreivierteljahrhundert wird in Baden jährlich eine Werbebotschafterin für den edlen Traubensaft gekürt, genauer gesagt: eine Weinkönigin . Die 23-jährige Markgräflerin Tina Glur setzte sich bei der Wahl durch eine Jury in Freiburg gegen Hannah Spraul und Laura Münscher durch und ist nun die 75. Badische Weinkönigin. Ihre beiden Mitbewerberinnen amtieren für ein Jahr als Weinprinzessinnen. „Mögen sie die Schönheit und den Charme des badischen Weins präsentieren und dazu beitragen, dass dieser herausragende Teil der deutschen Weinlandschaft noch bekannter und beliebter wird“, gab dem Trio mit blumigen Worten Peter Hauk (CDU) als Auftrag mit auf den Weg. Als Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz ist Hauk gewissermaßen gleich dreifach für den Wein und seinen Anbau zuständig.

Baden ist das drittgrößte Weinanbaugebiet in Deutschland

Apropos drei: Das weibliche Trio wird, als Botschafterinnen des badischen Weins in ganz Deutschland und im Ausland im Einsatz. Für die Königin selbst kommen hierbei nach Verbandsangaben im Schnitt 200 Tage zusammen. Und das Weinbaugebiet Baden ist das drittgrößte in Deutschland; es reicht vom Bodensee über Kaiserstuhl, Markgräflerland und Ortenau bis nach Tauberfranken.

Doch zurück zu den Anfängen! Ob aus einer Weinlaune heraus oder aus Kalkül: 1950, also noch vor Entstehen des Bundeslandes Baden-Württemberg, trafen sich engagierte Winzer im Kurhaus Baden-Baden, um erstmals eine Badische Weinkönigin und zwei Prinzessinnen zu küren. Die Bewerberinnen müssen einen engen familiären oder beruflichen Bezug zum Wein haben und die Jury durch Weinwissen, Bühnenpräsenz und Schlagfertigkeit überzeugen.

Im Finale steht auch ein unbestechlicher Geschmacksnerven-Test auf dem Programm. Die Kandidatinnen müssen ein blind verkostetes Spätburgunder-Pendant identifizieren. Glur erkannte den Wein richtig, „durch eine angenehme Säure im Abgang“, wie sie erklärte.

Bei einem Dreivierteljahrhundert lässt sich langsam von einer ehrwürdigen Tradition sprechen, wie sie monarchischem Selbstverständnis gut zu Gesichte steht. Allerdings ist die Amtszeit unüblich kurz für Majestäten, nämlich von vornherein auf ein Jahr beschränkt.

Andere Agrarprodukte küren ebenfalls Monarchinnen

Das gilt meist auch, ein kurzer Blick über den Rebenrand hinaus sei gewagt, für Monarchen anderer Agrarprodukte und deren Botschafterinnen. Ob Spargelstange, Hopfendolde oder Kartoffelknolle – jedes Produkt hat sein eigenes Hofzeremoniell und seine eigenen Königinnen und Amtsinsignien. Die bayerische Hopfenkönigin wird immerhin schon seit 1952 gekürt, die niederbayerische Erdäpfelkönigin seit nunmehr 50 Jahren. Und vor knapp 25 Jahren wurde auch erstmals eine Westfälische Honigkönigin erkoren.

Bei der Feier in Freiburg waren auch frühere Majestäten zugegen: So etwa die Jubilarin Gertrud Krausse, früher Littin, 50 Jahre nach ihrer Wahl zur badischen Weinkönigin von 1975/1976. Im Anschluss an die Wahl lud der Badische Weinbauverband seine Gäste zu einem – ist das nicht ein kleiner Stilbruch? – Sektempfang ins Haus der Badischen Weine auf dem Münsterplatz ein. Dann eröffnete die frisch gekrönte Badische Weinkönigin – nun ist alles wieder in der Reihe – direkt das Freiburger Weinfest. Das ging an diesem Dienstag zu Ende. Doch die hoffentlich segensreiche Regentschaft der drei Weinhoheiten nimmt jetzt erst Fahrt auf. Prost auf die nächsten 75 Jahre royaler Weinproben und agrarischer Thronbesteigungen!

Auf deutscher Ebene steht übrigens eine kleine Revolution kurz bevor: Im Herbst wird nicht mehr eine Deutsche Weinkönigin, sondern eine Deutsche Weinhoheit gesucht. Denn – Gleichberechtigung einmal anders – zur Wahl stellen dürfen sich dort dann erstmals auch Männer.

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