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Modellprojekt

Digitaler Rückenwind für Auszubildende

Mit wenig Aufwand digital nach vorn: Die Gemeinde Jockgrim in Rheinland-Pfalz testet ein Ausbildungsprojekt, das die Digitalisierung praxisnah und einfach in die Lehrjahre einbinden soll. Die Beteiligten sehen darin ein vielversprechendes Modell mit Potenzial für andere Kommunen.

Die teilnehmenden Auszubildenden arbeiten überwiegend selbstständig. Das Projektteam greift im Notfall ein.

Gemeinde Jockgrim)

Jockgrim. Die aktuelle Ausbildungsgrundlage für Verwaltungsfachangestellte stammt aus dem Jahr 1999 – also aus einer Zeit, in der digitale Technologien im beruflichen Alltag kaum eine Rolle spielten. Deshalb hat eine Verbandsgemeinde in Rheinland-Pfalz ein eigenes Projekt gestartet. „Uns geht es vor allem darum, das digitale Mindset und Bewusstsein frühzeitig anzusprechen und zu fördern“, sagt Simon Sterbenk, Digitalisierungsbeauftragter der Verbandsgemeinde Jockgrim.

Mit ihrem Azubi-Projekt ‚Digitalisierung‘ möchten sie genau jene Fort- und Weiterbildung ermöglichen, die für den Erwerb der heute notwendigen digitalen Kompetenzen entscheidend ist. Dafür ist ein vier- bis sechsmonatiges Programm vorgesehen, in dem die Auszubildenden selbstständig und selbstorganisiert einen vorgegebenen Projektauftrag bearbeiten.

„Meilensteine“ als Orientierung für die Auszubildenden

Zu Beginn findet ein Workshop statt, der vor allem zum Kennenlernen untereinander dient. Die Auszubildenden kommen nämlich aus unterschiedlichen Fachbereichen: „Wir wollen, dass die Azubis interdisziplinär über die Fachgrenzen hinweg zusammenarbeiten“, so Sterbenk. Es sei wichtig, ein Verständnis für andere Fachthemen und Aufgaben zu haben.

Im Anschluss an den Workshop erhalten die Auszubildenden dann einen Arbeitsauftrag, das „inhaltliche Herzstück“ des Projekts. Der Auftrag hat einen direkten Bezug zum Verwaltungsalltag und greift oftmals direkt ein reales Problem in der Verwaltung auf: „Dafür kommunizieren wir im Haus und machen eine Umfrage bei den Kollegen.“ So werden Alltagsprobleme gesammelt, für die die Azubis dann Lösungen entwickeln können. In den bisher drei Durchläufen sind so bereits einige Ideen zustande gekommen. Darunter zum Beispiel das Online-Tool „Digitale Ideenwerkstatt“, ein digitales Feedback-Formular im verwaltungsinternen Intranet.

Die Auszubildenden arbeiten dabei größtenteils selbstständig und organisieren sich auch eigenständig. Sterbenk schätzt, dass es circa zwei Wochenstunden in Anspruch nimmt. Es gibt jedoch ein Team von Projektverantwortlichen, das sie betreut und bei Bedarf helfen kann: „Wir greifen aber nur ein, wenn das Projekt zu scheitern droht, beispielsweise weil der Projektauftrag nicht erreicht werden könnte oder die Gefahr besteht, dass rechtliche oder tatsächliche Grenzen überschritten werden könnten“, sagt Sterbenk. Zur Orientierung sind den Azubis verschiedene Meilensteine vorgegeben: Beginnend mit dem Projektauftrag, über Zwischen- und Endverhandlungen, bis hin zu Gesprächen mit dem Bürgermeister über das Budget, um die Projektergebnisse umzusetzen.

Azubis sind zentrale Treiber in der digitalen Verwaltung

Den Auszubildenden kommt bei dem Projekt eine ganz zentrale Rolle zu: „Azubis sind nicht nur Lernende, sondern auch Fragende, Lehrende, wichtige Multiplikatoren und hoffentlich unsere langjährigen Mitarbeitenden. Damit sind sie zentrale Akteure für die Transformation zur digitalen Verwaltung.“ Sie gehören laut Sterbenk einer anderen Generation an und haben deswegen auch einen anderen Bezug zu digitalen Inhalten. Sie seien deshalb auch oft in der Lage ihr Wissen weiterzugeben und gleichzeitig Lehrende für ihre Kollegen zu sein.

Sterbenk ist überzeugt, dass auch andere Kommunen davon profitieren könnten ihr Azubi-Projekt durchzuführen: „Es ist nicht zu komplex und lässt sich in jede Verwaltung integrieren.“ Das Projekt sei sinnvoll in den Jahresablauf eingebettet und kollidiere nicht mit den Abschlussprüfungen der Auszubildenden. Auch für andere Kommunen sei der Aufwand überschaubar: Für die Konzeption und Umsetzung des Pilotprojekts hat Jockgrim etwa 100 Stunden eingeplant. Im zweiten Durchlauf konnte man die Anzahl aufgrund der bisherigen Erfahrung auf 35 Stunden reduzieren.

Zwei weitere Kommunen, darunter der Landkreis Wartburgkreis, haben das Projekt bisher ebenfalls ganz oder in Teilen umgesetzt: „Prämisse des Azubi-Projekts ist machen, testen, lernen. Zugleich kann es mit eigenen Ressourcen einfach, schnell und günstig umgesetzt werden“, so Sterbenk.

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