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Kolumne Christoph Sonntag

Erlebnisse beim Spaziergang

Sauberkeit im öffentlichen Raum - dieses Thema treibt unseren Kolumnisten Christoph Sonntag schon seit Kindheitstagen um. Damals erhielt er nämlich eine Lektion, die er nicht mehr vergessen hat.
Grüner Plastikbeutel auf Gras, Porträt eines Mannes im Kreis darüber.

Christoph Sonntag, Jahrgang 1962, ist Buchautor, Moderator, diplomierter Landschaftsarchitekt und Kabarettist. Mit seiner „Stiphtung Christoph Sonntag“ stemmt er vor allem in Baden-Württemberg zahlreiche soziale und ökologische Hilfsprojekte. Er trägt den Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg.

Hintergrundfoto: ©PAMWaklker68 via Canva.com // Porträtfoto: imago images/STAR-MEDIA)

Wenn ich morgens mit Hund und Kind meinen traditionellen Spaziergang mache, laufe ich in der Regel zunächst an riesigen Hundekackhäufchen vorbei. Das verursacht bei mir dann das erste Kopfschütteln. Wie kann man nur so ignorant sein? Oft finden sich die Kackhäufchen außerdem noch direkt neben dem Spender für die Hundetüten . So ruiniert eine kleine Minderheit den Ruf aller Hundebesitzer.

Nach Selbstbedienung am Kleidercontainer herrscht oft Chaos

Die nächste Station ist dann der ausgeräuberte Kleidercontainer der Caritas. Ich kann durchaus – mitleidig – verstehen, dass sich jemand aus gespendeten Kleidern das für sich passende aussucht. Aber könnte er im Anschluss, wenn er schon den Weg zur offiziellen Kleiderausgabe scheut, wenigstens das, was ihm nicht gefällt, einfach wieder zurück in den Container stopfen? Wäre das denn zu viel verlangt? Neben dem Kleidercontainer liegen dann in der Regel die üppigen Verpackungsreste von McDonald’s, Burger King oder Kentucky Fried Chicken.

Und dann erinnere ich mich wieder an meine Kindheit. Ich war sieben Jahre alt und eines Tages, an den ich mich noch ganz genau erinnere, verspürte ich plötzlich aller guten Erziehung zum Trotz eine anarchistische Lust, ein „Bombolesbabierle“ einfach so auf den Boden zu werfen.

Die Rüge für eine Umweltsünde als Bub wirkt bis heute nach

Kaum hatte ich diesen mutigen, rebellischen Akt vollzogen, blieb allerdings ein alter Mann vor mir stehen. Das ist jetzt ganz genau 55 Jahre her und ich weiß noch immer ganz genau, wie er aussah: Eher klein im Wuchs, gebeugt, mit einem Stock in der rechten Hand und einer silbernen Brille auf der Nase. Ich erinnere mich an seine vor Wut funkelnden Augen und seine Stimme, die mich laut anherrschte: „Hebsch du sofort des Babierle uff!!““

Ich fühle heute noch die große Scham von damals, ich sehe mich noch hastig das Papierchen aufheben und davonrennen.

Seit diesem einschneidenden Ereignis kann ich mich nicht mehr erinnern, dass ich noch einmal irgendetwas in meinem Leben achtlos weggeworfen hätte. Ich kann es einfach nicht. Es ist mir spätestens seit diesem Erlebnis unmöglich. Ich wünsche allen heutigen Siebenjährigen einen mutigen Opa oder einen, der mit so viel Klarheit positiv in ihr Leben eingreift.

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