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Sagrada Familia in Barcelona überragt Münster in Ulm

Der höchste Kirchturm der Welt steht nicht länger in Ulm (links). Dieser Titel gebührt ab sofort der Sagrada Familia (rechts) in der katalanischen Metropole Barcelona.
IMAGO/Peter Widmann //Emilio Morenatti)Ulm/Barcelona . „Schock in Schwaben, Ulm verliert Weltrekord um höchsten Kirchturm“, titelte die 4-Buchstaben-Zeitung mit den großen Schlagzeilen und vielen Bildern in der vergangenen Woche. Grammatikalisch fehlerhaft, aber sachlich korrekt – auch wenn es angesichts der schwindelerregenden Dimensionen nur um vergleichsweise läppische 1,41 Meter geht. Mit einer Höhe von rund 162,91 Metern überragt die Sagrada Família nun das Ulmer Münster knapp und ist somit der höchste Kirchturm der Welt. Mit dem Aufsetzen eines Kreuzsegments auf dem sogenannten Turm Jesu Christi wurde die Basilika in Barcelona, eine Haupttouristenattraktion in der Mittelmeermetropole, zum neuen Rekordhalter. Das entscheidende Bauteil stammt aus Bayern und war im Juli in vier Teilen nach Barcelona geliefert worden. Ist es nicht ironisch, dass das vermeintliche Südschienen-Partnerbundesland Bayern und Katalonien, Partnerregion bei den vier Motoren für Europa, mit vereinten Kräften Baden-Württemberg einen Weltrekord abgejagt haben?
135 Jahre lang hat das Münster in Ulm den Rekord als höchster Kirchturm gehalten
Diesen hielt das Ulmer Münster seit seiner Fertigstellung im Jahr 1890. Das gotische Bauwerk, das zur evangelischen Gemeinde gehört, ist freilich weiterhin die höchste Kirche Deutschlands. „Das war absehbar. Aber wir sehen das sportlich“, kommentierte Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl laut Medienberichten die Ablösung als weltweiter Rekordhalter. Ulms Oberbürgermeister Martin Ansbacher (SPD) sagte immerhin, „es hat mich ein klein wenig geschmerzt“. In den sozialen Medien schlagen einige bereits vor, den Kirchturm aufzustocken.
Für Jacob Burckhardt verfügt das Freiburger Münster über den schönsten Turm
Die Sagrada Familia, deren Bau der weltberühmte Architekt Antoni Gaudí 1882 begann, also gerade einmal acht Jahre nach Vollendung des Ulmer Turms, wächst allerdings noch weiter, auch in die Höhe: Mit einem dann 17 Meter hohen Kreuz auf dem zentralen Jesus-Turm soll eine Gesamthöhe von 172,5 Metern erreicht werden.
Der edle christliche Wettstreit „ad maiorem Dei gloriam“ – zum höheren Ruhme Gottes könnte also weitergehen. Vielleicht lohnt sich aber auch ein Blick nach Baden. Fein raus sind nämlich die Freiburger. Ihr Münsterturm ragt nur 116 Meter in die Höhe. Doch dafür hat ihn der Begründer der Kulturgeschichte, Jacob Burckhardt aus Basel, sogar als „schönsten Turm auf Erden“ geadelt. Und über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Einfach messbar übertrumpfen kann man das jedenfalls nicht.