Themen des Artikels

Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen

Ausufernder Sozialstaat

Hoffmeister-Kraut fordert Sanktionen für unwillige Bürgergeld-Empfänger

Die Lohnnebenkosten sind in diesem Jahr auf über 42 Prozent des Bruttolohns gestiegen - ein Rekordhoch. Sie verteuern damit den Faktor Arbeit für die Unternehmen. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger und Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut fordern dringend Reformen.

Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) forderte grundlegende Reformen. Vor allem einen Richtungswechsel beim Bürgergeld.

IMAGO/Arnulf Hettrich)

Stuttgart . Rekordhohe Lohnnebenkosten, zugleich nimmt die Zahl der Erwerbstätigen ab. Das birgt Sprengstoff für die Sozialsysteme. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger warnt vor einem Kollaps des Sozialstaats. „Wenn unser Sozialstaat kollabiert, dann nützt es keinem. Und er wird kollabieren, wenn wir so weitermachen“, sagte er der dpa. „Wir müssen diesen Sozialstaat dringend reformieren“, appellierte er. Denn die Zahlen sind düster. Die schwarz-rote Koalition hat den Sozialetat für den Bundeshaushalt auf ein neues Rekordniveau angehoben. Allein die Bundesausgaben für das Bürgergeld steigen in diesem Jahr um weitere fünf Milliarden auf mittlerweile 52 Milliarden Euro. Hinzu kommen hohe Ausgaben der 16 Bundesländer für die Sozialhilfebezieher.

Bürgergeld: „Hier muss alles auf den Prüfstand

Unterstützung für Dulgers Vorstoß kommt von Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU). Sie forderte grundlegende Reformen. Vor allem einen Richtungswechsel beim Bürgergeld. „Hier muss alles auf den Prüfstand“, sagte sie. „So wie bisher können wir schlicht nicht weitermachen. Es geht zu viel Geld und Vertrauen verloren“, so Hoffmeister-Kraut.

Die Wirtschaftsministerin gibt zu bedenken: „Ohne Verbindlichkeit, ohne klare Mitwirkungspflichten funktioniert das System nicht.“ Es könne nicht ohne Folgen bleiben, wenn Beratungs- und Hilfsangebote der Jobcenter nicht angenommen und nicht einmal Termine wahrgenommen werden.

Wer Jobcentertermine nicht wahrnimmt, muss Bürgergeldkürzung in Kauf nehmen

Hoffmeister-Kraut will daher die Sanktion verschärfen, wenn Bürgergeld-Empfänger Jobcentertermine unentschuldigt nicht wahrnehmen. Sie will in solchen Fällen das Bürgergeld kürzen. „Wir müssen die Minderungssumme von 10 auf 30 Prozent anheben.“ Die Minderungssumme bezeichnet im Zusammenhang mit dem Bürgergeld den Prozentsatz, um den die monatlichen Leistungen vom Jobcenter gekürzt werden, wenn jemand gegen bestimmte Pflichten verstößt.

„Wenn gleich mehrfach in Folge unentschuldigt kein Termin mehr im Jobcenter wahrgenommen wird, müssen wir den Jobcentern die Möglichkeit geben, die Leistungen so lange einzustellen, bis wieder Kontakt aufgenommen wird“, sagt sie. „So können wir auch Leistungsmissbrauch besser ausschließen.“

Erwerbsanreize verbessern

Ob die Reform funktioniert, werde auch davon abhängig sein, ob es gelinge, Erwerbsanreize zu verbessern und dabei gleichzeitig die Ausgaben im Blick zu behalten. „Die aktuellen Anrechnungsregelungen bieten wenig Anreiz, eine Erwerbstätigkeit während des Leistungsbezugs auszuweiten. Hier spielen auch andere Sozialleistungen wie Wohngeld oder Kinderzuschlag mit rein, in denen abweichende Anrechnungsregelungen gelten.

Arbeitgeberpräsident Dulger sagte, er spreche mit vielen arbeitenden Bürgern, die Steuern zahlten und enttäuscht und wütend seien, „weil neben ihnen jemand wohnt, der noch nie gearbeitet hat, noch nie Beiträge bezahlt hat – dem es aber am Ende des Tages nicht schlechter geht als ihnen selbst“. Dulger mahnt: „Ich weiß nicht, wie lange unsere Demokratie das noch aushält, bevor einige hier die Systemfrage stellen.“

Lesen Sie auch:

Achim Brötel richtet Wunschzettel an eine neue Regierung | Staatsanzeiger BW

Nutzen Sie die Vorteile unseres

Premium-Abos. Lesen Sie alle Artikel aus Print und Online für

0 € 4 Wochen / danach 199 € jährlich Nachrichten aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren

Lesen Sie auch