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Kanzlerwahlkampf der SPD: Welche Strategien Kommunen daraus mitnehmen sollten – Teil 2

Bereits im ersten Teil erklärte Social-Media-Beratin Daniela Vey, was sich Kommunen hinsichtlich einer Social-Media-Kampagne vom SPD-Kanzlerwahlkampf abschauen können. Im zweiten Teil geht es um die "Magie des Schwarms".
Kommunen und soziale Medien: Daniela Vey gibt Tipps. dpa-tmn | Christin Klose)

STUTTGART. In der All-Facebook-Konferenz berichtete Journalistin und Autorin Carline Mohr über die Wahlkampfstrategie von Olaf Scholz in den sozialen Netzwerken. Social-Media-Beraterin Daniela Vey fasst in der Kolumne „Social Media in Kommunen“ zusammen, welche Lehren Kommunen anhand dieses Beispiels ziehen können. Weiter geht es im zweiten Teil mit Trick 4.

Trick 4: Deframing

Als politische Partei setzt man normalerweise sehr bewusst eigene Narrative und Framings. Aber eigentlich ist das im Jahr 2021 nicht mehr ganz zeitgemäß. Man kann nicht mehr als „Sender von oben herab“ auftreten. Es geht darum, den Menschen auf Augenhöhe zu begegnen und nicht immer zu sagen „so ist es“. Gespräche in Turnhallen, Beteiligungsmöglichkeiten oder Gespräche an Wahlständen gab es schon immer. Im Digitalen fehlt dieser Aspekt noch viel zu oft noch.

Im Herbst 2020 ging ein Sturm der Entrüstung und des Entsetzens durch den Kulturbereich, der coronabedingt vor der nächsten Schließungswelle stand. Das Social-Media-Team sammelte Sprachnachrichten und Fragen von Kellnern bis hin zur Opernsängerin und spielte sie dem Kanzlerkandidaten vor. Seine Antworten finden sich unter anderem auf YouTube und zusammengefasst auf der Website wieder.

Über die Befragung von Bürgerinnen und Bürgern kam aber auch immer wieder die Frage zu Hartz 4 auf, die eigentlich nicht Teil der Wahlkampfthemen war. In der ersten Folge des SPD-Podcasts „Talking Red“ nahm sich Olaf Scholz dann dieser Frage an.

Trick 5: Identität

Wie prägt die SPD Menschen und insbesondere ihre Mitglieder? Wie stark hängt die Partei mit der Identität der Menschen zusammen? Inspiriert von „Humans of New York“ entwickelte Carline Mohr mit ihrem Newsroom-Team #1von400Tausend. In Miniportraits wurden hier die Geschichten von Genossinnen und Genossen erzählt: von der jungen Frau aus Belarus über das Gastarbeiterkind, den RTL-Schauspieler bis hin zur 100-jährigen Anti-Faschistin.

Die Geschichten wurden über alle Kanäle ausgespielt und sorgten für viele Gespräche und Inspiration. Auch hier reagierte Olaf Scholz persönlich auf jede einzelne Geschichte, griff Details auf und bedankte sich für die Unterstützung. 

Trick 6: Magie des Schwarms

Mit offiziellen Partei-Accounts kann laut Mohr weder einen Blumentopf noch eine Wahl gewinnen. Seit Jahren haben es Institutionen und Organisationen schwer. Auf allen Plattformen werden persönliche Accounts, echte Menschen und authentische Kommunikation bevorzugt. Es wird immer schwerer, mit offiziellen Accounts einen digitalen Spin hinzubekommen. 

„Wie können echte Menschen unsere Botschaften weitertragen?“ 

Zum Antritt ihres Jobs hatte Mohr begonnen, eine Telegram-Community aufzubauen. Der Kanal ist öffentlich zugänglich und der digitale Weg, die eigenen Mitglieder zu mobilisieren. Für die Community wurden dabei exklusive Inhalte und Share-Pics erstellt. Der große Vorteil an dieser Vorgehensweise war laut Mohr, dass die Personen sich alle selbst deutlich mehr in der Verantwortung fühlten, wenn sie die Inhalte mit eigenen Worten in den sozialen Medien teilten. Diese Art erwies sich als deutlich wirkungsvoller als das Teilen von offiziellen Beiträgen der SPD-Profile. Wenn 200 Leute die gleiche Botschaft in eigenen Worten verpacken, prägt das eine Botschaft ganz anders. So gelang es Hashtags zu besten und auch die Debatte in den TV-Duellen mitzutragen.

Trick 7: Ruhe bewahren

Bei Aktionismus passieren immer Fehler. Das kann einen viel kosten – auch die Bundestagswahl. Zwei Monate vor der Wahl lag Scholz bei 15 Prozent. Er und sein Team bewahrten die Ruhe und behielten die Nerven. 

Einen Überblick über die verschiedenen Aktionen finden Sie auch hier:
https://www.spd.de/aktuelles/detail/news/das-beste-aus-dem-internet-kw-25/21/06/2021/

Was können Sie für Ihre Social Media Strategie daraus lernen?

  1. Sprechen Sie die verschiedenen Bedürfnis-Ebenen Ihrer Zielgruppe an: Bauen Sie eine emotionale Verbindung auf, schaffen Sie Identifikationsmöglichkeiten und bereiten Sie relevante Informationen ansprechend auf.
  2. Nutzen Sie Facebook-Gruppen und Kommentare auf anderen Seiten, um gezielt Menschen außerhalb Ihrer Filterbubble zu erreichen.
  3. Gehen Sie auf Augenhöhe mit Bürgerinnen und Bürgern, hören Sie zu und geben Sie auch einmal die Kontrolle hinsichtlich der Gesprächsthemen ab. Nur so ermöglichen Sie echten Dialog.
  4. Sie sind nicht allein: Nehmen Sie die Menschen aus Ihrem Team und der Bürgerschaft mit in den Fokus. Erzählen Sie auch deren Geschichten.
  5. Beziehen Sie Ihre Community aktiv in die Themen und Kommunikation mit ein. Aber seien Sie auch bereit, Kontrolle abzugeben und diesen Menschen zu vertrauen.
  6. Lassen Sie sich auch von scheinbaren Misserfolgen nicht aus der Ruhe bringen, sondern verfolgen Sie ruhig und konsequent ihre Kommunikationsstrategie weiter.
Daniela Vey

Daniela Vey ist Social-Media-Beraterin. Die Themen Web, Corporate Identity und soziale Medien sind ihr Steckenpferd. Zudem gibt sie Social-Media-Kurse und moderiert die Allfacebook Conference. In der Kolumne „Social Media in Kommunen“ des Staatsanzeigers gibt sie Akteuren der öffentlichen Verwaltung Tipps und Tricks im richtigen Umgang mit den sozialen Netzwerken Facebook, Twitter, Instagram und Co. Ansprechpartnerin in der Redaktion ist Pia Hemme

0711 66601-144

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