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Migration

Ausländerbehörden arbeiten am Limit

In einigen Städten kämpfen Ausländerbehörden mit Fachkräftemangel und einer überbordenden Bürokratie. Die Wartezeiten sind lang. Land und Bund haben bereits Prozesse verschlankt. Doch auch Behörden selbst hätten einiges in der Hand, um die Situation zu verbessern, so ein Experte.

Menschen warten schon Stunden vor der Öffnung vor dem Eingang der Stuttgarter Ausländerbehörde. Foto: picture alliance/dpaBernd Weißbrod

dpa/ Bernd Weißbrod)

Stuttgart. Die Berichte von campenden Menschen vor der Ausländerbehörde in Stuttgart waren bundesweit in den Medien. Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) sprach im Zusammenhang von einer „Schande für eine internationale und wirtschaftsstarke Stadt“. Es sei eine Zumutung für die Bürgerinnen und Bürger. Die Stadt hat reagiert: Die Ausländerbehörde soll vorübergehend durch mindestens 16 Beschäftigte aus anderen Bereichen der Verwaltung verstärkt werden.

Anzahl der Vorsprachen muss reduziert werden

Die Landeshauptstadt hat Probleme, mit denen auch andere Städte zu kämpfen haben. Als Gründe nennen betroffene Verwaltungen die überbordende Bürokratie und den Fachkräftemangel. Neben Stuttgart fehlt Personal unter anderem auch in Mannheim. Beide Städte haben einen hohen Ausländeranteil. Folglich gibt es hier für die Behörden viele ganz unterschiedliche Fälle zu bearbeiten.

Das Arbeitspensum ist insgesamt gestiegen: Waren die Ausländerbehörden im Jahr 2011 noch für rund 1,15 Millionen Ausländer zuständig, waren es 2022 über zwei Millionen.

Auch Hannes Schammann sieht die komplexe Gesetzeslage und den Personalmangel als Gründe für die angespannte Situation an. Nun gehe es darum, die Fallzahlen zu reduzieren, erklärt der Professor für Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Migrationspolitik an der Universität Hildesheim. Er sieht noch viel Luft für eine Verschlankung der Abläufe und somit eine Entlastung der Behörden. So müssten laut Schammann die Anzahl der Vorsprachen reduziert werden. „Beispielsweise subsidiär Schutzberechtigte erhalten einen Aufenthaltstitel für ein Jahr, dann müssen sie wieder zur Behörde kommen.“ Es sei schon jetzt politischer Konsens, dass dieser Titel für drei Jahre gilt, weil niemand bei der erneuten Prüfung zu einem anderen Ergebnis kommt.

Schammann plädiert dafür, die Vorsprachen auch in anderen Verfahren des Aufenthaltsrechts zu reduzieren, wenn die vorherigen Ergebnisse erfahrungsgemäß ohnehin nur bestätigt würden. Doppelte Prüfungen von Ausländerbehörden und Jobcentern, beispielsweise von Zeugnissen, seien zudem unnötig. Eine Digitalisierung der Abläufe hält er für wichtig, aber erst, wenn Vereinfachung im Recht und den Abläufen erfolgt ist.

Land und Bund haben bereits Prozesse verschlankt: So wurde die Anzahl der Vorsprachetermine für Duldungsverlängerungen reduziert, schreibt das Justizministerium in einer Stellungnahme auf einen Antrag der SPD im Landtag. Zudem wurden nach dem Bund-Länder-Gipfel im Februar weitere Verfahren vereinfacht. Und es gebe Überlegungen, eine zentrale Behörde in Baden-Württemberg zur Durchführung des beschleunigten Fachkräfteverfahrens einzurichten, so das Ministerium.

Doch Schammann sieht auch die Behörden selbst in der Verantwortung. Diese müssten ihre Abläufe und Strukturen selbst optimieren und ihre Mitarbeiter gut und praxisnah einarbeiten.

SPD schlägt zentrales Landeseinwanderungsamt vor

Die SPD-Fraktion im Landtag schlägt die Schaffung eines zentralen Landeseinwanderungsamts vor. Damit soll die Personalpolitik zentralisiert werden. Die Außenstellen des Einwanderungsamts sollen die bisherigen unteren Ausländerbehörden ersetzen.

Für den Städtetag würde das die Probleme nicht lösen: Eine Anpassung von Behördenstrukturen sei nur zweckmäßig, wenn sie einen Mehrwert schafft. Ein Landeseinwanderungsamt hätte mit vergleichbaren Herausforderungen zu kämpfen wie die Städte: hohe Fallzahlen, Fachkräftemangel und gesetzliche Regelungsstrukturen, die nicht in die Zeit passen.

Wichtiger sei es, die irreguläre Migration zu begrenzen und den Behörden effiziente und digitale Prozesse zu ermöglichen.

Philipp Rudolf

Redakteur Kreis und Kommune

0711 66601-184

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