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Das Deutschlandticket verdrängt fast alle anderen Abo-Arten

Das Deutschlandticket entstand als Idee aus dem „Versuchsballon“ des 9-Euro-Tickets im Sommer 2022.
Nicolas Lutterbach)Karlsruhe/Stuttgart. Es war eine der wichtigsten Entscheidungen der Ampel-Koalition: die Einführung des Deutschlandtickets, das es seit Frühjahr 2023 gibt. Bei der Nutzung von Bussen und Stadtbahnen, sowie Regionalzügen bundesweit, ist es auch bei den großen Verkehrsverbünden im Südwesten das dominierende Ticket geworden. Fast alle Kunden von Zeittickets, wie etwa Monatsfahrscheinen, haben jetzt das „D-Ticket“. In Teilen des Landes, etwa beim größten Verbund, dem VVS der Region Stuttgart, gab es deutliche Fahrgastzuwächse. 49 Euro kostete das Ticket zum Start am 1. Mai 2023. Es entstand aus dem Versuchsballon des 9-Euro-Tickets im Sommer 2022. Im Januar gab es eine Preiserhöhung von 49 auf 58 Euro.
Der Verkehrsverbund der Region Stuttgart (VVS) zählte mit dem neuen Abo-Angebot sieben Prozent mehr Fahrgäste – das sind 40.000 Menschen, die nun zusätzlich regelmäßig Bus und Bahn fahren. Der VVS kam im April auf 544.608 Zeitkarten-Abos. Auch im zweitgrößten Verbund, dem Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) ist die Bilanz positiv. Hier waren es Ende März rund 400.000 Abos.
„Eine nie dagewesene Tarifintegration ermöglicht“
„Der Erfolg des Deutschland-Tickets zeigt, dass attraktive Angebote die Menschen dazu bewegen, das Auto stehen zu lassen und mehr mit den Öffentlichen zu fahren“, sagt VVS-Geschäftsführerin Cornelia Christian. Ganz ähnlich äußert sich Michael Winnes, Geschäftsführer des VRN in Mannheim. Das Deutschlandticket habe „eine nie dagewesene Tarifintegration ermöglicht und den Zugang zum ÖPNV für breite Bevölkerungsschichten deutlich vereinfacht“. In Stuttgart spielen die alten Abos schon seit Anfang 2024 „kaum mehr eine Rolle“, wie ein VVS-Sprecher mitteilt. Die Tickets bleiben aber weiter im Angebots-Portfolio.
Die Erklärung klingt – aus Sicht des VRN in Mannheim – nachvollziehbar: Grundsätzlich müssten, so eine Sprecherin, derzeit die nicht mehr nachgefragten Alttarife weiter als „Schattentarif“ fortgeführt werden, um im Rahmen des Deutschland-Ticket-Ausgleichsverfahrens die Soll-Einnahmen relativ einfach nachweisen zu können. Auch der VVS Stuttgart wird bis auf Weiteres keine Tickets aus dem Sortiment kicken.
Der Anteil junger Kunden ist im Karlsruher Netz besonders hoch
Die Verteilung im VRN zeigt zudem, dass zum Ende 2024 mehr als die Hälfte ein reguläres Deutschland-Ticket, 25,5 Prozent das D-Ticket JugendBW, sowie 18,3 Prozent ein Jobticket besaßen – in der Region Stuttgart beim VVS waren es nur etwas weniger: 42 Prozent haben ein Deutschland-Ticket, 37 Prozent der Fahrgäste das D-Ticket JugendBW und 21 Prozent ein D-Ticket Job.
Was es bedeutet, wenn der Anteil der Schüler bis 27 Jahren überdurchschnittlich hoch ist, zeigt sich beim Karlsruher Verkehrsverbund (KVV), der die Städte und Landkreise Karlsruhe, Rastatt und Baden-Baden, sowie das pfälzische Germersheim umfasst. Anders als in anderen Verkehrsverbünden war fast jeder Zweite (47,4 Prozent) laut Auswertung 2024 mit dem D-Ticket JugendBW unterwegs, das im Dezember 2024 das JugendticketBW ablöste. Das Ticket kostet derzeit knapp 40 Euro im Monat. Die Differenz zum Deutschlandticket gleichen das Land zu 70 und die Stadt- und Landkreise zu 30 Prozent aus.
Der Anteil junger Kunden ist im Karlsruher Netz besonders hoch. Laut einer Erhebung des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) sind 40 Prozent der bundesweiten Nutzer zwischen 14 und 29 Jahre alt.
Rückgänge bei Abo-Zahlen fallen kaum ins Gewicht
Auch im Regio-Verkehrsverbund Freiburg (RVF) ist, ähnlich wie in Stuttgart und Mannheim/Heidelberg, der Anteil „Erwachsene“ – also Nutzer im Pendler- und Berufsverkehr – mit rund 60 Prozent deutlich höher als im Raum Karlsruhe. In Freiburg, sowie den Kreisen Emmendingen und Breisgau-Hochschwarzwald, waren es im Frühjahr 2025 rund 106.000 Kunden mit D-Ticket – darunter etwa 46 000 Nutzer des D-Tickets JugendBW, davon wieder etwa 4000 Studierende. Im Verkehrsverbund Karlsruhe – bei Gesamt-Abo-Zahlen von rund 159.000 – waren es zuletzt 36,6 Prozent Nutzer des regulären D-Tickets, sowie 16 Prozent Deutschlandticket „Senioren“.
Was bewirkte die Preiserhöhung zu Jahresbeginn 2025? Insgesamt sei die Zahl der D-Ticket-Nutzer im KVV-Bereich im ersten Quartal 2025 „sogar weiter angestiegen“. Das liege unter anderem an der Einführung eines bundesweiten Deutschland-Semestertickets, sowie Zuwächsen bei den Jobtickets. Stuttgart mit dem VVS und Mannheim/Heidelberg mit dem VRN verzeichneten „leichte Rückgänge“ bei den Abo-Zahlen, die aber kaum ins Gewicht fallen. Beim VRN führt man das darauf zurück, dass Abonnenten, die ihr Deutschlandticket über die Deutsche Bahn beziehen, die Verlängerung im Dezember aktiv bestätigen mussten: Erfolgte dies nicht, wurde das Abo gekündigt.
Ist die Finanzierung sicher?
Was die Finanzierung der Verbünde angeht, herrscht überwiegend Optimismus vor: Die durch den günstigen Preis des D-Tickets entstandenen Einnahmeverluste würden durch einen „Nachteilsausgleich“ ausgeglichen. Hier melde jeder Verbund im Südwesten seine kalkulierten Mindereinnahmen, so resümiert man beim RVF in Freiburg.
Durch die Preiserhöhung zum 1. Januar 2025 seien „die Mittel des Bundes und der Länder für das Jahr 2025, nach aktuellen Prognosen, ausreichend“. Auch beim Verbund VRN in Mannheim geht man von ausreichender Liquidität aus.