Serie: Kommunalwahl

Das schwierige Geschäft mit den Wahllisten

Noch rund zehn Wochen sind es bis zur Kommunalwahl. Jetzt stehen die Kandidaten der einzelnen Listen fest. Sie mussten spätestens bis zum 28. März bei den Verwaltungen eingegangen sein. Etwa 70.000 Bewerber stehen auf den Listen. Die hohe Zahl garantiert Vielfalt.

Die Wahllisten liegen vor, auch die der Grünen in Offenburg, wo die noch 15-jährige Laetizia Wetzel (zweite Reihe, fünfte von links) antritt.

Grüne Offenburg / Peter Münnich)

Stuttgart. Die Parteien und Wählervereinigungen, die es am 9. Juni in die Gemeinderäte zieht, hatten am Gründonnerstag einen wichtigen Meilenstein zu absolvieren. Sie mussten den Kommunen und Landkreisen ihre Kandidaten melden, die für die Gemeinderäte, Ortschaftsräte und Kreistage antreten wollen.

Gesucht werden in Baden-Württemberg zusammengenommen rund 17 000 Personen, die sich ehrenamtlich in einem der kommunalen Gremien einbringen wollen. In den vergangenen Wochen fanden die vielen Hundert Nominierungsveranstaltungen statt, bei denen entschieden wurde, wer auf welchem Listenplatz antritt. Mancherorts wird es nur eine einzige Liste geben (siehe Kasten).

15-Jährige will für Offenburger Grüne in den Gemeinderat

Mitte November war es noch unklar, aber vor wenigen Tagen gab es Gewissheit: In Offenburg wird eine neue Liste antreten. Die „Freien Bürger“ (FB) haben sich zusammengefunden und wollen frischen Wind in die Kommunalpolitik bringen und vor allem viel stärker als bisher die Bürger mit einbeziehen in die Entscheidungen. Dort gibt es nach Ansicht der Gruppe viel mehr Kompetenz für viele Themen, die bisher nicht genutzt wird. Entstanden sind die FB wegen drohender Baumfällungen in der Innenstadt. Den Makel einer bloßen Protestbewegung weist die Gruppe aber von sich. Prominenter „Überläufer“ ist der bisherige FDP-Gemeinderat Silvano Zampolli, der nun für die Freien Bürger antreten wird.

Auf vielen Listen werden auch junge Menschen vertreten sein. Dies lässt erwarten, dass die gewählten Gemeinderäte im Durchschnitt noch einmal jünger werden. Aktuell sind die Gremien im Durchschnitt etwa 50 Jahre alt. In Bonndorf im Schwarzwald (Kreis Waldshut) tritt der 16-jährige James Rutz an – für die SPD im Gemeinderat und für die Satirepartei „Die Partei“ im Kreistag. Während er sich bei den etablierten Sozialdemokraten eher weniger Hoffnungen macht, einen Sitz zu ergattern, sieht er bessere Chancen im Kreistag als Kandidat der „Partei“.

Einziger Gemeinderat für die Deutsche Kommunistische Partei

16 Jahre alt ist auch Paula Berweger, die für die SPD in Ludwigsburg auf Listenplatz 18 antritt. Besonders leicht kann sich die Offenburgerin Laetizia Wetzel ihren Listenplatz 15 auf der Grünen-Liste merken – genauso alt ist sie aktuell nämlich noch. Und die Spitzenkandidatin der Grünen in Kehl, Lara Jauch, ist gerade einmal 18 Jahre alt.

Schon 72 Jahre alt ist hingegen Reinhard Püschel. Das Alter ist aber gar nicht ungewöhnlich – ein erklecklicher Anteil an Räten in Baden-Württemberg ist deutlich älter als 65 Jahre. Püschel ist vielmehr der einzige Kandidat im Bundesland, der seit 2004 für die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) in einem Gemeinderat sitzt. Die DKP entsendet seit 1975 einen Vertreter in das Gremium. Er hat es geschafft, dass 15 Personen auf der DKP-Liste stehen, davon sind acht Parteimitglieder. Dem Heidenheimer Gemeinderat gehören 33 Personen an.

Probleme mit Umgangsformen führten zur Trennung von Listen

Auch Trennungen gibt es. In Durmersheim (Kreis Rastatt) traten die „Wählervereinigung Bürgerliste“ und Grüne bisher auf der gemeinsamen Liste BuG und das schon seit 1984. Bei der Kommunalwahl 1999 wurde die BuG sogar stärkste Fraktion. Jetzt aber ist Schluss. Die Grünen begründen dies damit, dass die grünen Inhalte zu wenig sichtbar sind. „Zuletzt war kein einziges Mitglied der Partei mehr im Gemeinderat vertreten“, schreibt die Partei in einer Mitteilung des Ortsverbands Südhardt. Demgegenüber will die BuG ihren Namen beibehalten und sich um ihre originären Inhalte kümmern. Die Trennung führt die BuG auf Probleme im Bereich der persönlichen Umgangsformen zurück.

Aktuelle bundespolitische Entwicklungen wirken sich auf die Kommunalwahl ebenfalls aus. Die Begeisterung für das neue Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) ist auf kommunaler Ebene gebremst. Die Führung der BSW verbot beispielsweise, dass eine entsprechende Liste für den Kreistag im Zollernalbkreis antreten kann, unter anderem mit Stefan Buck, einem ehemaligen AfD-Mitglied im Kreistag. Jetzt soll es eine „Freie Liste Zollernalb“ geben.

Für „Skandälchen“ taugt die Kommunalwahl mancherorts: Als bekannt wurde, dass der Vorsitzende des größten Sportvereins in Balingen auf der Liste der AfD antreten werde, wurde er von den Mitgliedern wenige Tage später bei der regulären Hauptversammlung abgewählt – bei einer Gegenstimme.

Eine Liste für alle Kandidaten

Der Gemeinderat in Höfen an der Enz (Kreis Calw) umfasst zehn Mandatsträger. Bisher waren zwei lokale Wählervereinigungen im Gremium vertreten. Die Kandidaten der „Höfener Bürger“ und der „Freie bürgerliche Wählervereinigung“ bilden fortan eine gemeinsame Liste. Für die zehn Ratssitze bewerben sich zwölf Kandidaten, das Kommunalwahlgesetz würde 20 Bewerber, also doppelt so viele, wie Sitze zu vergeben sind, erlauben. Wie Höfen haben einige Kommunen zu kämpfen, genügend Bewerber für die Listen zu gewinnen.

Marcus Dischinger

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