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Kommunalwahl

Einheitslisten liegen in kleinen Orten im Trend

Die Anzahl der Kommunen mit einer einzigen Liste bei der Kommunalwahl steigt an: 2014 waren es 74, vor fünf Jahren schon 120 Orte. Die Zahl dürfte jetzt noch einmal zunehmen. Grund ist auch eine Wahlrechtsänderung, die es möglich macht, dass in Orten unter 5000 Einwohnern doppelt so viele Personen antreten können, als Sitze zu vergeben sind.

Einheitslisten können gerade in kleineren Gemeinden dabei helfen, genügend Kandidaten für die Kommunalwahl zu finden.

dpa/EIBNER/Daniel Fleig)

Stuttgart. In immer mehr Gemeinden wird es bei der Kommunalwahl am 9. Juni lediglich eine einzige Liste geben, auf der alle Bewerber um einen Sitz für den Gemeinderat aufgeführt werden. Das betrifft vor allem kleinere Orte im ländlichen Raum, wo es zunehmend schwieriger wird, genügend Menschen zu finden, die bereit sind, für eine Partei oder Wählvereinigung anzutreten.

Deshalb werden dort häufiger sogenannte Einheitslisten aufgestellt. Hier wird per Mehrheitswahl entschieden, wer in den Gemeinderat einzieht.

Die Einheitsliste macht Suche nach Kandidaten nicht einfacher

Aus Sicht vieler Beobachter und Praktiker in kleinen Orten ist diese Form der Kommunalwahl am Ende die ehrlichste. Aus Sicht der Wähler ist es eine besonders transparente Variante mit Blick auf die Frage, wer einen Sitz erhält. Denn diejenigen mit den meisten Stimmen kommen in den Gemeinderat.

Einer der Orte, in denen bei der Kommunalwahl zum ersten Mal nicht mehr mehrere Listen antreten, ist das südbadische Grafenhausen im Kreis Waldshut mit rund 2300 Einwohnern. Dort gab es bisher drei Listen von CDU, Freien Wählern und SPD, die um die zwölf Sitze kämpften. Künftig wird die einzige Liste „Gemeinsam für Grafehuse“ heißen. „Diejenigen, die Listen zusammenzustellen hatten, haben immer die gleichen Personen angefragt und wer zuerst kam, der hatte Glück. Das war mitunter auch frustrierend“, berichtet Claudia Friedrich (Freie Wählergemeinschaft) von ihren Erfahrungen aus der Vergangenheit.

Der Weg hin zur Einheitsliste war der einzig gangbare

Doch jetzt stellt sich heraus: Rund einen Monat vor der Abgabe der Kandidatenliste, macht die veränderte Herangehensweise die Situation noch nicht wirklich besser. „Wir haben etwa 140 bis 150 Personen im Ort angesprochen und bis jetzt sind 15 Kandidaten“, erzählt Friedrich. Möglich wären insgesamt 24 Personen – genügend Reservoir also für Nachrücker. Und diejenigen, die weitermachen wollen, sind da schon mit dabei.

Für Burkhard Sauer, aktuell Gemeinderat für die CDU in Grafenhausen, war der Weg hin zur Einheitsliste der einzig gangbare. „Es gab keinen einzigen Fall in den vergangenen zehn Jahren, wo Entscheidungen über die Fraktionszugehörigkeit gefallen sind“, stellt er fest. Parteiprogramme oder eine Parteigesinnung hätten nie eine Rolle gespielt. Weil jeder jeden kenne im Dorf, sei diese Form der Wahl die ehrlichste, bekräftigt Sauer.

Es gehe bei der Kommunalwahl um Bekanntheit, um die innere Einstellung, um Sympathie und vernünftige Einstellungen für Entscheidungen, die den Ort betreffen, beschreibt Sauer das Anforderungsprofil eines potenziellen Gemeinderats. Diejenigen, die es ablehnen, auf der Liste zu kandidieren, führen meisten Zeitgründe an.

Fusionierte Listen haben noch Luft nach oben

Schon am kommenden Dienstag wird in Todtmoos (ebenfalls Kreis Waldshut) die „Bürgerliste Todtmoos“ nominiert – fusioniert aus CDU und Freien Wählern. Bisher bewerben sich zwölf Personen auf dem Wahlvorschlag um die zehn Plätze im Gemeinderat, insgesamt fünf Frauen und sieben Männer. „Wir können es also theoretisch hinbekommen, dass wir zur Hälfte Frauen im Gemeinderat haben“, meint Silke Kaiser von den Freien Wählern. Insgesamt könnten 20 Personen auf die Liste. So viele haben sich aber noch nicht gefunden.

In der herkömmlichen Variante wäre es noch schwieriger geworden, die Listen vollzubekommen, so Kaiser. Inhaltlich würden die Personen auf dem Wahlvorschlag praktisch einen Einzelwahlkampf führen. Geplant seien aber ein Flyer mit allen Kandidaten und eine Vorstellungsrunde vor der Kommunalwahl.

Der Trend, dass immer weniger Menschen Gemeinderat werden wollen, ist deutlich sichtbar. Aber nicht überall mangelt es an Personal. Auch in der knapp 2200 Einwohner zählenden Kommune verschmelzen die Listen aus Freien Wählern und Bürger für Grosselfingen zu einer Liste.

Dennoch ganz entspannt blickt Robin Lohmüller (Freie Wähler), Gemeinderat in der zweiten Wahlperiode in Grosselfingen (Zollernalbkreis), in die kommenden Wochen. „Wir haben hier die Situation, dass alle aktuellen Gemeinderäte weitermachen wollen“. Kein Stuhl werde leer bleiben. Einen Nominierungstermin gibt es allerdings noch nicht, erklärt Lohmüller.

Kumulieren ist bei dieser Variante nicht möglich

Bei der Mehrheitswahl, die bei einer einzigen Liste zum Tragen kommt, sind am Ende die Kandidaten gewählt, die die meisten Stimmen erhalten. Die Wahlberechtigten sind nicht daran gebunden, die Personen zu wählen, die auf dem Wahlzettel stehen, sondern können andere Namen darauf schreiben. Voraussetzung ist, dass auf der Liste das mögliche Kontingent an Namen nicht ausgeschöpft wurde. Vergeben werden können so viele Stimmen, wie Gemeinderatssitze zu vergeben sind. Ein Anhäufen von bis zu drei Stimmen auf einen einzigen Kandidaten (Kumulieren) ist bei dieser Variante nicht möglich. Jeder Kandidat kann nur eine Stimme erhalten.

Marcus Dischinger

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