Knappe Kassen

Energiepolitisches Forum: Klimaschutz geht auch mit wenig Geld

In Berlin wird um Milliardenbeträge für Sicherheit und Investitionen gerungen. Doch wie kann Klimaschutz in Zeiten knapper Kassen betrieben werden? Um diese Frage ging es beim energiepolitischen Forum in Stuttgart.

Frithjof Staiß (re) vom ZSW und Volker Kienzlen von der KEA-BW machen deutlich, was auf Kommunen zukommt, und nennen Beispiele für kostengünstige Lösungen.

ZSW)

Stuttgart. Anfang Januar hatte der Städtetag gewarnt, dass die Städte in dramatischer finanzieller Schieflage seien. Im vergangenen Sommer gab es ähnliche Meldungen vom Landkreistag in Baden-Württemberg. Da hieß es, dass die Kreishaushalte im freien Fall seien. Gleichzeitig sind enorme Investitionen in den Klimaschutz notwendig.

Für die Klimaneutralität in Deutschland wurden die notwendigen Klimaschutzinvestitionen im Jahr 2021 bereits auf fünf bis sechs Billionen Euro geschätzt. Das entspricht rund fünf Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts. Auf die öffentliche Hand entfallen rund zehn Prozent des notwendigen Investitionsvolumens. Das bedeutet Investitionen von 19 bis 24 Milliarden Euro pro Jahr. Hinzu kommen noch Investitionen kommunaler Unternehmen, so Frithjof Staiß, Vorstand des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung in Stuttgart.

Energieverbrauch um zwei Prozent jährlich senken

So sind die Kommunen durch die Energieeffizienzrichtlinie der EU und das Bundesgesetz zur Steigerung der Energieeffizienz in Deutschland aus dem Jahr 2023 beispielsweise dazu verpflichtet, bis zum Jahr 2045 ihren Endenergieverbrauch um zwei Prozent pro Jahr zu senken. In Baden-Württemberg gibt es auch bereits einen entsprechenden Gesetzesentwurf zur Änderung des Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetzes, um die neuen Vorgaben von Bund und Europäischer Union abzubilden.

Doch es sind nicht immer nur große Investitionen aus den kommunalen Haushalten, die zum Ziel führen. Das macht der Chef der Landesklimaagentur KEA-BW , Volker Kienzlen, beim energiepolitischen Forum von ZSW und KEA-BW in dieser Woche in der L-Bank Rotunde in Stuttgart deutlich. Er nennt Beispiele, wie trotz knapper Kassen erfolgreich Klimaschutz betrieben werden kann.

Die erste Maßnahme kostet die Kommune nichts, außer Arbeitszeit für die Einführung: das Energiemanagement. Dabei geht es darum, die eigenen Liegenschaften mit der vorhandenen Technik so effizient wie möglich zu nutzen. Dadurch wird nicht allein der Treibhausgasausstoß gesenkt, sondern es werden auch Kosten gespart. Je nach Kommune „sind Einsparungen im vier- bis sechsstelligen Bereich möglich“, sagt Kienzlen. Ein Hilfsmittel für die Einführung ist Kom.EMS, das kommunale Energiemanagement-System. Der Aufwand für das Einführen eines Energiemanagements liegt bei einer Kommune mit 10 000 Einwohnern bei etwa 30 Arbeitstagen, so Kienzlen.

Carsharing statt eigenem Fuhrpark für die Kommune

Auch Carsharing kann sich für die Kommune rechnen. Einen solchen Weg hat beispielsweise die Gemeinde Lauchring mit rund 7500 Einwohnern im Kreis Waldshut gewählt. Ebenso wie Geislingen an der Steige im Kreis Göppingen mit 30 000 Einwohnern, Kraichtal im Kreis Karlsruhe und auch die Stadt Kehl im Ortenaukreis. Die Modelle variieren. Mal ist die Stadt regulärer Nutzer mit Sondertarif bei einem Carsharing-Anbieter, mal ist sie der Ankerkunde und die Fahr zeuge stehen abends und am Wochenende auch der Öffentlichkeit zur Verfügung. Es gibt auch die Variante, dass die Stadt selbst die Carsharing-Fahrzeuge betreibt. Die Mitarbeiter nutzen sie während der Kernarbeitszeit kostenfrei, außerhalb dieser Zeit können sie auch von anderen Bürgern gebucht werden. Durch solche Modelle kann die Kommune dann beispielsweise ihre Kosten für den Ladestrom decken oder spart sich einen eigenen Fuhrpark. Auch das Energiesparcontracting bietet Chancen für die Kommunen, um Investitionen etwa bei der Sanierung von Schulen, Sporthallen und Hallenbädern zu stemmen oder auch die Straßenbeleuchtung umzustellen. Eine weitere Möglichkeit sind Genossenschaften oder Klimafonds, mit denen Geld für Klimaschutzprojekte eingeworben wird. Auch die regionalen Klimaschutzagenturen beraten die Kommunen und tragen dazu bei, dass Fördermittel in die Region fließen.

Klar ist allerdings auch, diese Maßnahmen sind notwendig, werden aber für große Investitionen etwa in Wärmenetze nicht reichen. Notwendig sind auch passende Finanzierungsmodelle, auch unter Einbindung Dritter, ein entsprechender finanzieller Spielraum der Kommunen, Bürgschaften, verlässliche Fördermittel, wie Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) erläutert. So bietet das Land bereits Bürgschaften an, diese wurden laut L-Bank jedoch bislang nicht abgerufen.

Abgeordnete beim energiepolitischen Forum

„Wir können nicht alles über staatliche Gelder lösen“, sagt Frank Bonnath (FDP) mit Blick auf den riesigen Finanzierungsbedarf. Es müsse über Renditen und Laufzeiten diskutiert werden. Jutta Niemann (Grüne) sieht noch mehr Potenzial bei Wärmespeichern. Raimund Haser (CDU) sieht im Thema Carsharing für Kommunen eine gute Anregung. Jan Peter Röderer (SPD) ist der Ansicht, dass die Klimaagenturen auch das Thema Bürgschaften stärker bekannt machen müssten bei ihren Beratungen. Uwe Hellstern (AfD) verweist darauf, dass viele Menschen mit Blick auf Sanierung, Heizung und Strompreis sehr verunsichert seien.

Umweltministerin Thekla Walker spricht beim energiepolitischen Forum. Foto: ZSW

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