Themen des Artikels
Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen
Grundsteuer: Sollen Gutachterausschüsse jedes Grundstück berechnen?

Altes Haus mit großem Garten, der nur teilweise bebaut werden darf: Die Eigentümer dieser Grundstücke müssen nach der Reform mancherorts wesentlich mehr Grundsteuer bezahlen. Die FDP im Landtag wollte wissen, wie man Flächen detaillierter berechnen und besteuern kann.
IMAGO/hans blossey)Stuttgart. Seit dem Versand der neuen Grundsteuerbescheide klagen viele Eigentümer über stark gestiegene Abgaben für Wohngrundstücke. Zudem gibt es Einzelfälle mit drastischen Erhöhungen. Laut der FDP im Landtag liegt das auch an Besonderheiten wie Bauverboten, die bei der Bewertung von Grundstücken unzureichend berücksichtigt wurden. Ursache sei die grobe Einteilung der Bodenrichtwertzonen, so die Landtagsfraktion in einem Antrag.
Die FDP erkundigte sich beim Finanzministerium, ob die Arbeit der Gutachterausschüsse – zuständig für die Festlegung der Bodenwertzonen – angepasst werden könne.
Städtetag sieht den schwarzen Peter nicht bei den Ausschüssen
Konkret fragt sie danach, ob die Ausschüsse verpflichtet werden könnten, jedes einzelne Grundstück und dessen wertmindernde Faktoren, etwa Bauverbote, zu erfassen. Dadurch könnten Eigentümer auf teure Einzelgutachten verzichten.
Das Ministerium lehnt dies ab: Eine solche Pflicht verstoße gegen das Baugesetzbuch und gefährde die Unabhängigkeit der Ausschüsse. Auch seien diese weder personell noch technisch in der Lage, Einzelwerte automatisch und realitätsnah zu berechnen. Eine Erhebung im Einzelfall wäre extrem aufwendig – und angesichts von rund 4,6 Millionen Einheiten, die alle sieben Jahre neu bewertet werden müssen, kaum umsetzbar. Eine erneute Prüfung der Bodenrichtwerte, wie von der FDP angefragt, sei nicht notwendig. Die Eigentümer könnten Einzelfälle beim Gutachterausschuss anfechten, Korrekturen seien möglich, teilt das Ministerium mit. Auch eine automatische Überprüfung bei hohen Wertsteigerungen im Vergleich zu den alten Einheitswerten lehnt das Ministerium ab. Die verfassungswidrigen Einheitswerte seien kein geeigneter Vergleichsmaßstab mehr.
Susanne Nusser sieht den schwarzen Peter für etwaige Unschärfen bei übertiefen, in Teilen nicht bebaubaren Grundstücken nicht bei den Gutachterausschüssen. Die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Städtetags verweist auf die Vorgaben des Finanzministeriums für die Ermittlung der Bodenrichtwerte und die Komplexität der Aufgabe, jede Besonderheit eines Grundstücks zu berechnen: „Fast jedes Grundstück ist in Teilen nicht bebaubar“, betont sie. Angesichts der Anzahl der Flächen sei es schwierig, dies abzubilden.
Das Thema Grundsteuer beschäftigt weiter die Kommunen
Das Ministerium sieht die FDP-Vorschläge als nicht umsetzbar. Sie würden Städte und Gemeinden erheblich belasten – bürokratisch und finanziell. Die FDP zeigt sich von der Antwort enttäuscht: „Die Landesregierung zeigt wieder einmal, dass sie die Situation im Land nicht kennt“, erklärt Stephan Brauer. Sie verweise immer auf die Möglichkeit teurer Gutachten, die auch noch alle sieben Jahre wiederholt werden müssten. Damit zeige sie sich als unfähig, „die landauf landab entstandenen Ungerechtigkeiten auch nur zu begreifen, geschweige denn zu beseitigen“, so der Landtagsabgeordnete.
Das Thema Grundsteuer beschäftigt die Kommunen: Laut Nusser gibt es eine nennenswerte Zahl an Fällen, in denen Eigentümer die Härtefallregelung beantragen, weil sie die erhöhte Abgabe nicht bezahlen können. Vielfach jedoch würden die Härtefallanträge zurückgezogen, wenn die Kommune die Offenlegung der Vermögensverhältnisse einfordere, wie von der Abgabenordnung vorgesehen. Ohnehin könne es nicht sein, dass die Städte und Gemeinden über die Härtefallregelungen die durch das Grundsteuergesetz bedingten Folgen der Reform ausgleichen müssten. Problematisch bleibt aus Sicht des Städtetags das Ziel der Aufkommensneutralität: Städte sollen trotz Reform nicht mehr einnehmen als zuvor. In Zeiten der Finanznot müssten die Städte gegebenenfalls die Hebesätze für die Grundsteuer erhöhen.
Gemeindetag lehnt unterschiedliche Hebesätze „entschieden ab“
Der Gemeindetag sieht Handlungsbedarf, weil sich die Steuerlast von Gewerbe- hin zu Wohngrundstücken verschoben hat. Ein höherer Abschlag für Wohnnutzung könnte das abmildern. „Erhebliche Bedenken“ hat der Verband bei unterschiedlichen Hebesätzen für Wohnen und Gewerbe. Damit würde die Verantwortung für die Verfassungsmäßigkeit des Landesgrundsteuergesetzes auf die Kommunen abgewälzt. „Dies lehnen wir entschieden ab“, so ein Sprecher.
Das Finanzministerium betont, dass bei einer möglichen Neuausrichtung der Hebesätze die „kommunale Familie“ einbezogen werden müsse.
Land plant Evaluierung
Evaluiert werden soll die Südwest-Grundsteuer wie geplant vor der zweiten Hauptfeststellung. Derzeit bestehe laut dem Finanzministerium kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf. Dennoch werde die Landesregierung die Auswirkungen und Entwicklungen des Landesgrundsteuergesetzes weiterhin genau beobachten, heißt es in einer Antwort des Ministeriums auf einen FDP-Antrag.