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Nebeneinkünfte: So manches Ehrenamt hübscht die Besoldung von Landräten auf

Verwaltungsrat, Aufsichtsrat, Vorsitzender des Zweckverbands: Landräte erhalten für Nebentätigkeiten, die das Amt mit sich bringt, oft extra Vergütungen. Trotz geringer Freigrenzen sind pro Jahr zusätzliche Einnahmen im fünfstelligen Bereich möglich. Ein Beispiel dafür bietet der Bodenseekreis.

Als Vorsitzender des Zweckverbands OEW hat Landrat Lothar Wölfle (zweiter von links) auch schon wegen Atom-Altlasten Verfassungsbeschwerde eingelegt.

dpa/Sina Schuldt)

KONSTANZ. Nebentätigkeiten der Landräte sind in Baden-Württemberg keine Seltenheit. Der Hauptgeschäftsführer des Landkreistags, Alexis von Komorowski, nennt Kreissparkassen-Mandate als typisches Beispiel. Konkret weiß der Verband nicht, wer was macht. Bei den Verdiensten gebe es aber gesetzliche Ablieferungs- und Anzeigepflichten.

Anhand eines Beispiels lässt sich jedoch zeigen, welche zusätzlichen Aufgaben wie entlohnt werden: Der Landrat des Bodenseekreises bekommt kraft Amtes zwei Posten obendrauf: Verwaltungsrat der Sparkasse Bodensee und im OEW-Zweckverband, also bei den Oberschwäbischen Elektrizitätswerken. Bei beiden Institutionen ist der Bodenseekreis Anteilseigner, bei beiden stehen Milliardensummen in den Bilanzen – eine hohe Verantwortung der Aufsichtsräte. Der Bodenseekreis ist mit acht weiteren Landkreisen Mitglied des Zweckverbands OEW, der 46,75 Prozent am Energiekonzern EnBW hält. Der kommunale Zweckverband ist zweitgrößter Aktionär am baden-württembergischen Energiekonzern. Landrat Lothar Wölfle (CDU) ist seit 2016 OEW-Vorsitzender. Im Verwaltungsrat sitzen die Landräte der anderen acht beteiligten Landkreise.

Einnahmen aus Ehrenämtern stehen dem Landrat zu

Laut Kreisverwaltung gilt dieser Posten als ehrenamtliche Tätigkeit. Deshalb darf Wölfle die Zusatzeinnahmen behalten. Jede Sitzung des Gremiums wird pro Kopf mit 100 Euro vergütet, „als Abgeltung von Auslagen und Verdienstausfall“, steht in der Satzung. Als OEW-Vorsitzender erhält Lothar Wölfle zusätzlich eine Pauschale von 720 Euro monatlich. Macht also 8640 Euro pro Jahr plus Sitzungsgeld, womit am Ende eine Summe um die 10 000 Euro stehen dürfte. Ausgewiesen wird die Vergütung der Verwaltungsräte im Geschäftsbericht nicht, der Zweckverband sei dazu nicht verpflichtet, erklärt das Landratsamt.

Ebenfalls als ehrenamtliche Nebentätigkeit gilt in Baden-Württemberg eine Tätigkeit im Verwaltungsrat der Sparkasse. Diesem Gremium steht der Landrat des Bodenseekreises im zweijährigen Wechsel mit dem OB von Konstanz vor. Was Wölfle für diesen Job bekommt, darf er nicht sagen. Laut Sparkassengesetz seien Sitzungen des Verwaltungsrates nicht öffentlich, so die Kreisverwaltung. Deshalb veröffentlich die Sparkasse hierzu nichts, auch der Landrat sei zur Verschwiegenheit verpflichtet. Im Sparkassen-Geschäftsbericht von 2021 ist die Gesamtsumme ausgewiesen, die Verwaltungsräte bekamen: 187 000 Euro. Pro Kopf wären das 8900 Euro jährlich. Meist aber bekommen Vorsitzende mehr als einfache Mitglieder – wieviel, das wäre Spekulation.

Keine Auskunftspflicht über Nebeneinkünfte

Anders als etwa Rheinland-Pfalz gibt es in Baden-Württemberg keine gesetzliche Verpflichtung für kommunale Spitzenbeamte zur Veröffentlichung ihrer Nebeneinkünfte. Laut Landesbeamtengesetz seien das „besonders schutzwürdige Personalaktendaten“. Landräte, Oberbürgermeister und Bürgermeister müssen ausschließlich gegenüber ihrer Rechtsaufsichtsbehörde jedes Jahr eine Erklärung über Nebentätigkeiten und Verdienste abgeben.

Das Mandat im OEW-Verwaltungsrat führte für Lothar Wölfle zu einem dritten Nebenjob: Mitglied im Aufsichtsrat der EnBW. Das börsennotierte Unternehmen ist verpflichtet, die Vergütung für die Mitglieder im Kontrollgremium zu veröffentlichen. Lothar Wölfle hat demnach 83 250 Euro im Jahr 2021 aus dieser Tätigkeit erhalten. Stefanie Bürkle, Landrätin in Sigmaringen, erhielt 63 000 Euro; der Ravensburger Landrat Harald Sievers 65 750 Euro. Die höheren Bezüge für Wölfle resultieren daraus, dass er in zwei Ausschüssen sitzt und an nahezu allen, exakt 29 Sitzungen, teilnahm.

Damit hätte der Landrat im Jahr 2021 mehr als 100 000 Euro aus drei Nebentätigkeiten erhalten. Laut Stellenplan liegt sein Grundgehalt als Landrat bei 11 764 Euro brutto im Monat (B8), also rund 141 000 Euro im Jahr. In Summe macht das rund 240 000 Euro. Allerdings regelt eine Verordnung des Landes, dass Beamte aus Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst maximal 6100 Euro behalten dürfen. Was darüber hinaus ging, habe der Landrat an die Kreiskasse abgeführt, so der Pressesprecher: 2021 waren das 83 002 Euro

Höchstgrenzen für Einkünfte aus Nebentätigkeiten fehlen

Demnach hatte der Landrat aus den drei Mandaten Zusatzeinnahmen von circa 20 000 Euro. Laut Landesbeamtengesetz gelten öffentliche Ehrenämter nicht als Nebentätigkeit. Das betrifft hier die Einnahmen aus den Verwaltungsräten von OEW und Sparkasse Bodensee.

Für Spitzenbeamte im kommunalen Wahlamt gilt, was für alle anderen Beamten auch gilt: Ablieferungspflichtig sind nur die Vergütungen für eine Nebentätigkeit, die im öffentlichen Dienst oder auf Verlangen des Dienstvorgesetzten oder mit Rücksicht auf seine dienstliche Stellung übertragen wird. Höchstgrenzen für die Einnahmen aus Nebentätigkeiten fehlen in Baden-Württemberg.

Quelle/Autor: Katy Cuko

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