Gewerbeflächen

Offenburgs Grüne zweifeln am Interesse von Firmen für den alten Landeplatz

Gewerbeflächen sind rar, Flächenverbrauch für neu entwickelte Areale soll es nicht geben. Viele Kommunen tun sich schwer mit der Suche. Und nur wenige haben einen Sonderlandeplatz vor der Haustür, der Potenzial bietet. Allerdings auch für Zündstoff, denn die Naturschützer sind gar nicht damit einverstanden.

Vom Segelflieger aus ist der alte Flugplatz Offenburgs direkt neben der Justizvollzugsanstalt gut zu erkennen.

Fliegergruppe Offenburg)

Offenburg . Ein Dilemma beschreibt einen Konflikt, der nicht so aufzulösen ist, dass alle zufrieden sind. Die Suche nach Gewerbeflächen gehört oft dazu. Einerseits geht es darum, auf eigener Gemarkung noch Areale zu finden, wo sich Betriebe entwickeln oder ansiedeln können. Andererseits soll wenig Fläche verbraucht werden. In Offenburg ist der Sonderlandeplatz nahe der Autobahn in den Fokus geraten. Die Stadt will daraus ein grünes und nachhaltiges Gewerbegebiet machen und den Landeplatz, den die örtliche Fliegergruppe nutzt, mittelfristig aufgeben.

Das Gewerbegebiet soll je nach Bedarf entwickelt werden

Zunächst geht es um eine Fläche von 24 Hektar. Entwickelt werden sollen die Areale laut Stadt nach Bedarf. Die Grünstreifen zwischen Landeplatz und Stadtteilen soll erhalten bleiben, das Gewerbegebiet selbst soll durchgrünt und mit erneuerbaren Energien versorgt werden. Der Gemeinderat hat sich mit 26 Ja-Stimmen und elf Nein-Stimmen deutlich dafür ausgesprochen.

Dem voraus ging ein jahrelanger Prozess, an dessen Anfang die Feststellung stand, dass es in Offenburg zu wenig Gewerbeflächen gibt. Der Sonderlandeplatz, der zwei Kilometer südöstlich der Stadt zwischen A 5 und der B 3 liegt, könnte diesen Missstand bestens beheben. Regulär als Flugplatz wird das Gelände, das sich im Eigentum der Stadt befindet, nicht mehr genutzt. Zugelassen sind Motor- und Segelflugzeuge, Motorsegler oder Ultraleichtflugzeuge. Früher nutzte der in Offenburg beheimatete Burdaverlag die knapp ein Kilometer lange Piste für Geschäftsflüge.

Entwickelt werden soll das Gelände, wenn Firmen anfragen. Das tun sie laut Stadtverwaltung. Und genau hier beginnt das Problem für die Grünen. Fraktionsvorsitzende Maren Seifert kennt keine solche Firmen. Sie kritisiert, dass die Stadt keinerlei Auskunft darüber gebe, wie viel Hektar vermeintliche Interessenten konkret benötigten. Die Grünen plädieren daher dafür, zunächst in bestehenden Gewerbegebieten nach Flächen zu suchen. Die Verwaltung hatte das schon in ihrer Vorlage angekündigt.

Seifert moniert vor allem den Flächenverlust, den es täglich in Baden-Württemberg immer noch gebe. Der Zuwachs an versiegelter Fläche wird vom Statistischen Landesamt für das Jahr 2022 mit 4,6 Hektar pro Tag für Verkehrs- und Siedlungsflächen angegeben. Seifert benennt eine Zahl von 6,2 Hektar. Der Koalitionsvertrag sehe aber eine „Netto-Null“ vor. Sie hebt vor allem darauf ab, dass Umweltschutzbelange nur unzureichend berücksichtigt worden seien und fordert eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das Areal. Die Bezeichnung „Gewerbepark“ sei ein Widerspruch in sich. „Es kann kein wirklich ökologisch wertvolles Gewerbegebiet geben“, sagt Seifert. „Wenn man Grünstrukturen und wichtige Biotope erhalten will, darf man sie gar nicht erst tangieren.“ Den örtlichen Naturschutzverbänden ist das Gewerbegebiet lieber nicht umsetzen.

Fliegergruppe und Hagelflieger wollen den Landeplatz erhalten

Und dann wäre da noch die Fliegergruppe. Vorsitzende Michael Joachim erzählt auf Internetseiten die Geschichte des Sonderlandeplatzes und dessen Bedeutung für den Verein. Sie sieht er vor allem in der Heranführung junger Menschen an den Flugsport und an alle Berufe, die mit dem Fliegen zu tun haben. Auch die Hagelflieger erachten den Standort für ideal, das gilt auch für die Hubschrauber der Bundespolizei, die hier zuweilen aufgetankt werden. Vor allem aber zeigt Joachim Bilder, die die Artenvielfalt dokumentieren.

Die Suche nach Gewerbeflächenbeschäftigt viele Kommunen in Baden-Württemberg. Wie viel Flächen fehlen, ist der Landesregierung unbekannt. Das ergibt sich aus einer Antwort auf eine FDP-Anfrage. Zwischen 2010 und 2021 ist die Industrie- und Gewerbefläche in Baden-Württemberg von 66 000 auf knapp 75 000 Hektar gestiegen.

Marcus Dischinger

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